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Konzern stellt Firma für E-Auto-Batterien auf Prüfstand – Experten: Weltweit Chancen.

Stuttgart - Bosch investiert seit längerem massiv in zukunftsträchtige Geschäftsfelder, Ziel ist es, unabhängiger vom klassischen Zulieferergeschäft mit Autoteilen zu werden. Bereits im Sommer 2008 hat sich das Unternehmen deshalb bei alternativen Fahrzeugantrieben engagiert und mit dem koreanischen Samsung-Konzern ein Joint Venture zum Bau von Akkus für Elektrofahrzeuge gegründet. Damit sicherten sich die Stuttgarter einen wichtigen Wettbewerbsvorteil: Der Weltmarkt für Lithium-Ionen-Batterien ist seit Jahren fest in asiatischer Hand, allein rund 50 Prozent der Zellen in Computern oder Handys stammen von Samsung, Sanyo oder Sony. Branchenbeobachter von Roland Berger gehen davon aus, dass sich in drei Jahren fünf Wettbewerber 80 Prozent des Weltmarkts für Energiespeicher für Elektroautos teilen werden – darunter das deutsch-koreanische Gemeinschaftsunternehmen SB Limotive.

Zwar wollen die Stuttgarter auch weiterhin bei der Zukunftstechnik mitmischen, die Zusammenarbeit mit den Koreanern soll aber neu organisiert werden. Nach Angaben eines Bosch-Sprechers kommt es immer wieder zu Zeitverlusten bei Kundenprojekten, weil die Partner über die Strategie von SB Limotive unterschiedlicher Meinung sind: Samsung lege die Priorität auf Entwicklung und Produktion immer leistungsfähigerer Batterie-Zellen. Dagegen sehe Bosch seine Stärke in kompletten Akku-Systemen und deren Integration ins Fahrzeug. „Auf der Technologieseite verstehen wir uns blendend, unsere Entwickler ergänzen sich wunderbar“, sagte der Bosch-Sprecher. Künftig müsse einer der beiden Partner aber die Führung übernehmen, um das „zähe Verfahren beim Abwickeln neuer Projekte“ zu beschleunigen. Über die Form der Zusammenarbeit verhandelt Bosch derzeit mit Samsung, dabei könne er auch eine Auflösung von SB Limotive nicht ausschließen, sagte der Sprecher. Das Wichtigste sei aber, die Kundenaufträge zu erfüllen.

In Stuttgart arbeiten 260 Mitarbeiter

Bosch zufolge arbeitet SB Limotive an einer zweistelligen Zahl an Projekten, zu den Kunden gehören unter anderen BMW und Fiat. Der Münchener Autobauer BMW betreibt heute eine Testwagenflotte mit Batteriezellen von SB Limotive, 2013 soll sein Elektroauto i3 damit in Serie gehen. Den italienischen Fiat-Konzern beliefert das deutsch-koreanische Unternehmen mit einem Akkusystem, das spätestens 2013 in strombetriebenen Kleinwagen in den USA zum Einsatz kommen soll. Weltweit arbeiten über 900 Menschen für SB Limotive, davon rund zwei Drittel in Korea, wo auch die Batterieproduktion sitzt. In Stuttgart beschäftigt das Gemeinschaftsunternehmen 260 Mitarbeiter, vorwiegend in der Entwicklung.

Sie müssen auch bei einem Scheitern des Joint Venture nicht um ihren Job bangen, Bosch wolle bei Energiespeichern künftig noch mehr Gas geben, sagte der Sprecher. Dafür spricht, dass die Stuttgarter im vergangenen Jahr an ihrem Thüringer Standort Eisenach gemeinsam mit BASF und Thyssen-Krupp ein Akku-Unternehmen gegründet haben. Diese Firma namens Battery Solutions wird derzeit aufgebaut, zum Jahresende sollen circa 80 Beschäftigte Lithium-Ionen-Zellen als Hilfsantriebe für die Schifffahrt produzieren. Die Herstellung von Akkus für E-Autos war aufgrund der Kooperation mit Samsung bisher ausgeschlossen – dies könnte sich bei einer neuen Art der Zusammenarbeit aber ändern.

Endgültige Entscheidung bis Jahresende

Von der neuen Organisation hängt auch ab, ob SB Limotive wie geplant einen zweiten Produktionsstandort eröffnen wird. Voraussichtlich ab 2016 werde die Nachfrage nach Akkus für Elektroautos die derzeitige Produktionskapazität von 180 000 Batterie-Systemen jährlich überschreiten, sagte der Bosch-Sprecher. Deshalb war auch Deutschland als zweiter Standort im Gespräch, die endgültige Entscheidung darüber soll bis Jahresende fallen. In das Werk im koreanischen Ulsan wollten Bosch und Samsung gemeinsam umgerechnet 380 Millionen Euro binnen fünf Jahren investieren, der Großteil davon dürfte bereits geflossen sein. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger lohnt sich das Investment: Von aktuell 760 Millionen Euro soll der globale Markt für Lithium-Ionen-Akkus bis 2015 auf fast 7 Milliarden Euro steigen, bis 2020 auf bis zu 38 Milliarden Euro. SB Limotive sehen die Experten mit einem Marktanteil von knapp unter zehn Prozent weltweit auf Rang fünf. Viele andere Akku-Produzenten müssten wegen Überkapazitäten aufgeben.

Neben Akkus für E-Autos stellen die Stuttgarter gemeinsam mit Daimler Elektromotoren für Fahrzeuge her, zudem entwickelt und produziert Bosch Solarzellen und vertreibt Generatoren für Windräder sowie Blockheizkraftwerke. Diese Geschäfte wachsen verglichen mit dem Autoteilegeschäft überproportional, in der Solarsparte musste Bosch aber zuletzt zurückstecken. Pläne für den Bau einer Fabrik für rund 400 Millionen Euro in Malaysia legte der Konzern im Februar erst mal auf Eis. Seit dem Einstieg in das Geschäft 2008 schrieb Bosch auf die Solarsparte rund 900 Millionen Euro ab, weil sich die Sonnenmodule in den vergangenen Jahren dramatisch verbilligt haben.