EHEC-Keime sind eine gefährliche Form des Darmbakteriums Escherichia coli. Schon sehr geringe Mengen können beim Menschen zu einer Infektion führen.Das Robert-Koch-Institut empfiehlt zur gründlichen Händehygiene, Speisen vor dem Essen gut zu garen, und zwar mindestens zehn Minuten lang bei 70 Grad. Obst und Gemüse sollten gründlichgewaschen werden. Foto: dpa

Zu den verzichtbaren Reiseerlebnissen gehören Magen-Darm-Erkrankungen wie Durchfall. Fast jeder Urlauber hat mal damit zu kämpfen. Meist sind Bakterien oder Viren die Ursache. Experten wie Matthias Orth vom Marienhospital Stuttgart raten aber von einer medikamentösen Behandlung ab.

Stuttgart - Die Paella hat wirklich gut geschmeckt – bis es zu einem unverhofften Wiedersehen auf der Hoteltoilette kam. Und das leider nicht nur einmal. Schon werden die Urlaubstage zu Krankheitstagen. Statt Schnorcheln im Meer gibt es Dauersitzungen auf dem Klo.

Irgendwann schlägt fast jedem deutschen Tourist einmal der Urlaub auf den Magen. Besonders gefährdet sind Teilnehmer von Nil-Kreuzfahrten. Laut einer Untersuchung des Robert-Koch-Instituts erwischt es dabei rund 80 Prozent der Passagiere. Aber auch Südamerika und Indien sind Reiseländer, in denen sich Touristen häufig eine Magen-Darm-Infektion einfangen. Fast jeder zweite Reisende verbringt dort einige seiner Urlaubstage auf dem Klo. Im Mittelmeerraum liegt das Risiko einer Infektion dagegen bei etwa 10 bis 20 Prozent.

Schuld daran sind meist Bakterien und Viren. „Da sind oft toxinbildende Escherichia-coli-Bakterien im Spiel“, sagt Matthias Orth, Facharzt für Laboratoriumsmedizin am Marienhospital in Stuttgart. Diese gelangen meist über verunreinigte Speisen und Getränke sowie bei mangelnder Körperhygiene wie beispielsweise vergessenem Händewaschen in den Körper. Die fremden Bakterien bringen dann die normale Darmflora aus dem Gleichgewicht. Viele von ihnen schütten Giftstoffe aus. Einige dieser Giftstoffe greifen das Darmgewebe an, und es kommt zur Abgabe von Schleim und Blut. Andere Giftstoffe lassen den Darm sehr große Mengen Wasser und Salze abgeben.

Wesentlich seltener finden sich Bakterienarten wie Salmonellen, Ruhr- oder Cholera-Erreger. „Ohnehin wird die Ursache der Erkrankung nur selten ermittelt, weil der Patient mit den Durchfällen diese Erreger auch wieder schnell verliert“, sagt Matthias Orth.

Nach Angaben des Centrums für Reisemedizin (CRM) ist der Verlauf der Infektion zumindest für gesunde Erwachsene zwar unangenehm, meist aber harmlos. „Bei 90 Prozent der Fälle ist nach ein bis zwei Tagen alles ausgestanden“, sagt Orth. Das Gefährliche sei jedoch der enorme Wasserverlust.

Denn Wasser- und Elektrolytverlust trocknen den Körper aus, es kommt zu Blutdruckabfall, Kreislaufschwächen oder auch zum lebensgefährlichen Kreislaufzusammenbruch. Betroffene sollten deshalb viel Wasser und Tee trinken und versuchen mit salzhaltigen Brühen den Mineralstoff- und Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen.

Dauert der Durchfall länger, ist er schmerzhaft, blutig und hat der Patient dabei Fieber, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Daher rät Orth, sich noch vor Reisebeginn über die medizinische Versorgungsmöglichkeiten vor Ort zu informieren.

Selbst Ärzte haben aber kein Rezept, mit dem sich Urlauber vor Durchfallerregern schützen können. Viele Touristen möchten von vornherein ein Breitbandantibiotikum einnehmen, um damit den Durchfall zu umgehen. Doch davor warnt Matthias Orth: „Durch diese Antibiotika schädigen wir unsere normalen Darmbakterien und fördern die Resistenzentwicklung“, sagt er. Vor allem für ältere Leute kann dies lebensgefährlich werden – wenn nämlich bei der nächsten Erkrankung kein Antibiotikum mehr wirkt. „Daher sollte man Antibiotika erst dann einnehmen, wenn sie der Arzt verschrieben hat“, sagt Orth.

Auch von anderen Medikamenten wie Immodium oder dem Generikum Loperamid rät Orth eher ab: „Diese Mittel legen nur den Darm lahm“, sagt er. Was bei längerer Einnahme auch gefährlich werden kann, weil die Giftstoffe, die von den Erregern abgegeben werden, nicht ausgeschieden werden können. Diese können dann zusätzlich die Darmwand angreifen. Daher empfiehlt Orth, solche Mittel nur zu nehmen, wenn eine längere Busreise oder Flugreise ansteht. „Besser ist es aber, seinem Körper Ruhe zu gönnen und viel zu trinken.“

Weit verbreitet als Vorsichtsmaßnahme ist auch der Rat „Cook it, peel it, or forget it“ – also nichts zu essen, was nicht zuvor gekocht oder gebraten wurde, und auch nur zu Früchten zu greifen, die vor dem Verzehr erst geschält werden müssen. Oder Zähne nur mit abgepacktem Wasser zu putzen, weil das Leitungswasser zu verunreinigt ist. Doch Matthias Orth winkt ab: „Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass ein solches Verhalten leider nur wenig bringt, wenn die Hände nach dem Toilettenbesuch nicht gewaschen werden.“ Sowohl das Personal wie auch Urlauber sollten auf die Händehygiene besonderen Wert legen, so der Mediziner. Egal ob im schmuddeligen Backpackerhostel oder im Luxushotel.