The Voice: Country-Legende Johnny Cash (1932-2003). Foto: dpa

Von Barry White bis Johnny Cash: Tiefe Männerstimmen gelten als sexy. Laut einer neuen Studie vermuten Frauen dahinter attraktivere Menschen – Männer hingegen dominantere Typen.

Stuttgart - Was haben Typen wie Heino, Johnny Cash, Dr. House, Tom Jones, Barry White oder Joe Cocker gemeinsam? Sie sehen nicht gerade umwerfend aus und wirken dennoch elektrisierend auf Frauen. Was haben sie nur, was andere Männer nicht haben?

Es soll ja immer noch Menschen geben, die auf Inhalte achten. Dabei sind Aussehen und Charakter total überbewertet. Auf die Stimme kommt es an. Je tiefer, grooviger und cooler umso mehr ist das feminine Geschlecht entzückt.

Studie: Männer mit Bass-Stimme haben’s leichter

Forscher um den Anthropologie-Professor David Puts vom Department of Anthropology der Pennsylvania State University in den USA haben das jetzt nachgewiesen. Laut der Studie „Sexual selection on male vocal fundamental frequency in humans and other anthropoids“ (veröffentlicht im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B“) ist die Stimmhöhe entscheidend, um die Aufmerksamkeit der Damenwelt zu erheischen. Puts und seine Kollegen haben dafür die Stimmen von 258 Frauen und 175 Männern aufgezeichnet und heterosexuellen Versuchsteilnehmern vorgespielt.

Was gesagt wird, spielt biologisch eine eher untergeordnete Rolle. Entscheidend ist, wie es gesagt wird. Die Tonlage verrät eine ganze Menge über den Sprecher und seine Physis: Körperbau, genetische Fitness, physische Stärke, Dominanzverhalten. Demnach gibt es zwischen der Frequenz der Stimme und dem männlichen Hormonspiegel einen direkten Zusammenhang.

Prominente Bass-Beispiele gefällig?

Barry White: „I’m Gonna Love You Just A Little More“

Annen May Kantereit: „Pocahontas“

Johnny Cash: „Man In Black“

Kris Kristofferson: Me And Bobby McGee

Joe Cocker: „With A Little Help From My Friends“

Dr. House (alias Hugh Laurie): „C’mon get happy!“

Heino: „Die schwarze Barbara“

Elvis Presley: „Burning Love ALOHA From Hawaii“

Tom Jones: „Kiss“

Der Unterleib hat das Sagen und nicht der Kopf

Der wilde Mann im Mann

Was Attraktivität angeht, ist die Biologie immer noch maßgeblich bei der Partnerwahl. Der weibliche Wunsch gemeinsam mit dem Alpha-Männchen Nachwuchs zu zeugen und aufzuziehen, ist so alt wie die Menschheit. Ob Neandertaler, Cro-Magnon-Mensch oder postmoderner Homo sapiens – der wilde Mann im Mann ist immer noch dass, was Frauen magisch anzieht.

Auf männliche Geschlechtsgenossen wirken tiefe Männerstimmen einschüchternd, für Frauen dagegen sind sie ein erotischer Magnet. Der erste instinktive Eindruck, so haben die US-Forscher herausgefunden, ist dabei stärker ausgeprägt als der nachfolgende intellektuelle. Was beweist: Wenn es um die Erhaltung der Art geht, hat der Unterleib klar die Nase vorn vor dem Kopf.

Testosteron und tiefe Stimme – WOW!

Die Wissenschaftler haben zudem nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen männlicher Stimmlage und der Produktion des Stresshormons Cortisol sowie des Sexualhormons Testosteron gibt. Ein hoher Testosteronspiegel gepaart mit einem niedrigen Cortisolspiegel steht für Aggressivität und Dominanz, was schon 2009 in einer anderen US-Studie nachgewiesen wurde. Auch die Annahme, dass die Art des Sprechens bestimmte biologische Funktionen erfüllt, ist nicht neu und wurde in Studien wie die der britischen Psychologin Sarah Evans 2008 an der Northumbria University belegt. Frauen können sich demnach tiefe Stimmen besser merken. Außerdem sind Hörer verschiedenster Kulturen in der Lage, von der Sprache auf die Stärke eines Mannes zu schließen.

Anders als bei Männern fanden die Forscher bei Frauenstimmen indes keine bestimmte Frequenz, die als besonders attraktiv oder erotisierend wahrgenommen wird. Ebenso wenig konnten sie einen hormonellen Zusammenhang zwischen Stimme und Sexualität nachweisen. Das Ergebnis verwundert, weil normalerweise zarte Stimmchen als besonders feminin und anziehend gelten.

Männer – ständig auf der Jagd

Die Wissenschaftler um David Puts hörten zudem bei 1721 Primatenlauten genauer hin. Dabei festigte sich die Annahme, dass vor allem intrasexuelle Selektion – also das Durchsetzten gegen das eigene Geschlecht – ein Grund für die unterschiedlichen Stimmhöhen sein könnte. Die hörbaren Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind demnach größer, wenn die Männchen einer bestimmten Art polygam leben und nur einige wenige zum Zug kommen.

Beim Menschen deuten Evolutionsmerkmale wie die Verkleinerung der Eckzähne eigentlich daraufhin, dass der Selektionsdruck eher abgenommen hat. Die Forscher waren deshalb überrascht, dass die Menschen die stärksten geschlechtlichen Stimmunterschiede aller untersuchten Arten hatten. Daraus schließen die Wissenschaftler unter anderem, dass Menschen wohl nicht als grundsätzlich monogam angesehen werden sollten und stärker polygam orientiert sind als angenommen.

Monogamie hat evolutionäre Vorteile

Monogame Strukturen beim Menschen und ihre Wurzeln sind bereits in zahlreichen Studien untersucht worden. So sind Gesellschaften mit stabilen Paarbeziehungen besser vor Geschlechtskrankheiten geschützt, die Beziehungen sind weniger konfliktreich und mitsorgende Väter ermöglichen eine bessere Versorgung des Nachwuchses. Auch die Wahlmöglichkeit der Frau bei der Partnersuche förderte wohl die Monogamie.