Verpackungen werden derzeit von Unternehmen des Dualen Systems entsorgt Foto: FACTUM-WEISE

„Korrupt, intransparent, wettbewerbsfeindlich“: Die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft tritt einer Initiative bei, die das Duale System abschaffen will.

„Korrupt, intransparent, wettbewerbsfeindlich“: Die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft tritt einer Initiative bei, die das Duale System abschaffen will.

Ludwigsburg - Korrupt, intransparent, wettbewerbsfeindlich - die Prädikate, mit denen die Kreisverwaltung das Duale Müllsystem bezeichnet, sind wenig schmeichelhaft. Deshalb will die kreiseigene Abfallverwertungsgesellschaft (AVL) nun den gelben Säcken den Kampf ansagen: Sie tritt nach eigenen Angaben als erstes Entsorgungsunternehmen Baden-Württembergs der bundesweiten Gemeinschaftsinitiative Gemini bei, deren Ziel es ist, die Entsorgung von Verpackungsmüll wieder in kommunale Hände zu bringen.

Die dualen Systeme zeigten derzeit eine „verheerende Performance“, erklärte Utz Remlinger, Vizelandrat und Geschäftsführer der AVL, in der jüngsten Aufsichtsratssitzung des Unternehmens. Seines Wissens nach würden 95 Prozent der Entsorger lieber mit den Kommunen arbeiten als mit einem der insgesamt neun privatwirtschaftlichen Unternehmen des Dualen Systems. Deshalb wolle man in Ludwigsburg jetzt als Mitglied von Gemini für dessen Abschaffung kämpfen. Das dürfte nicht leicht werden: „Die Bundesregierung ist noch nicht so weit“, sagt zumindest Remlinger. Mit diesen Ansichten ist Utz Remlinger ganz auf der Linie der Gemini. „Im Dualen System ist der Wurm drin“, sagt Hartmut Gaßner, Sprecher der Gemeinschaftsinitiative. Der Rechtsanwalt spricht von einem „implodierenden System“, von „undurchsichtigen Syndikaten“ und einer Abwärtsspirale, in der sich die Entsorger der gelben Säcke befänden.

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Die neun Unternehmen des Dualen Systems hätten sich nämlich im Zuge eines desaströsen Preiskampfes gewissermaßen selbst eine Finanzierungslücke von 50 Millionen Euro beschert. Laut Gaßner machten sie den Herstellern, die für die Entsorgung ihrer Verpackungen mengenabhängige Zahlungen leisten müssen, die bislang geltenden gesetzlichen Schlupflöcher erst schmackhaft. So seien beispielsweise unrealistisch hohe Mengen an Verpackungen für die sogenannte Point-of-Sale-Regelung oder für Branchenlösungen angemeldet worden. Nach diesen müssen Verpackungen, die im Laden abgegeben werden können und dort vom Hersteller wieder abgeholt werden, nicht in die kostenpflichtige Lizenzmenge eingerechnet werden. Die Folge sei, dass im Jahr 2012 von 2,3 Millionen Tonnen erfasstem Verpackungsmüll nur 1,2 Millionen Tonnen angemeldet gewesen seien – wie das Duale System die Kosten für die Entsorgung der nicht deklarierten Verpackungen stemmen wolle, sei unklar, so Gaßner.

Norbert Völl, der Sprecher der Dualen System Holding, bestätigt, dass es wegen dieses Problems aktuell eine Finanzierungslücke von rund 50 Millionen Euro gebe. Allerdings sei das Duale System keinesfalls am Ende: „Bis jetzt ist noch kein gelber Sack stehen geblieben“, betont er. Zudem würden diese Schlupflöcher mit der jüngst beschlossenen siebten Novelle der Verpackungsverordnung gestopft. „Wir rechnen damit, dass dadurch das Duale System stabilisiert wird“, so Völl. Alles andere würden die beteiligten Unternehmen intern klären. Dazu müsse man sich zwar zusammenraufen, aber eine Lösung sei möglich.

Gar nicht in Frage komme für seine Branche allerdings, dass die Entsorgung der Verpackungen künftig unter kommunaler Aufsicht geregelt werde, wie es Gemini fordere, so Völl. Aus seiner Sicht werde damit ein kommunales Monopol gegründet, das mangels Wettbewerbs ineffizient und teuer wäre. Das sieht Hartmut Gaßner ganz anders: In kommunaler Hand unterläge die Entsorgung strengen Regeln, sie würde transparent abgewickelt und komme mangels Gewinnorientierung auch den Bürgern zugute, argumentiert der Rechtsanwalt. Die Ludwigsburger hat er bereits auf seiner Seite. Aus dem Umweltministerium in Stuttgart ist jedoch keine Stellungnahme zu bekommen.