Der BMW-Pilot kann schon am Lausitzring DTM-Meister werden Foto: dpa

Je früher, desto besser. Marco Wittmann hat beste Chancen, an diesem Sonntag den DTM-Titel einzufahren. Experten prophezeien ihm eine große Zukunft - der BMW-Pilot ist erst 24 Jahr alt.

Stuttgart - Die Konkurrenten haben bereits kapituliert. „Das große Ziel, den DTM-Titel zu gewinnen, habe ich abgeschrieben“, sagt Mattias Ekström. Der Schwede, Meister 2004 und 2007, belegt derzeit Platz zwei. „Marco Wittmann ist weit weg“, sagt auch Mike Rockenfeller, der (noch) amtierende Champion, „er kann jetzt taktieren.“

Marco Wittmann (24) hat die Möglichkeit, bereits im drittletzten Rennen der Saison die Meisterschaft zu gewinnen. So früh ist dies in der Serie, deren große Leistungsdichte von den Verantwortlichen stets hervorgehoben wird, in den vergangenen 15 Jahren keinem Piloten mehr gelungen. Schon Platz vier würde Wittmann am Sonntag auf dem Lausitzring genügen. Er wäre dann nach Paul di Resta und Gary Paffett der drittjüngste Champion in 30 Jahren DTM.

Obwohl der BMW-Pilot aus Fürth seinen Konkurrenten regelmäßig davonfährt, hat er sich lange Zeit dagegen gewehrt, das Wort „Meisterschaft“ in den Mund zu nehmen. Erst nach seinem vierten Sieg im siebten Lauf schwenkte er um, heute sagt er: „Mein Ziel ist es, die Saison gut zu Ende zu bringen, möglichst mit drei Podestplatzierungen.“

Wer sich auf die Suche nach den Gründen für das Phänomen Wittmann begibt, stößt unweigerlich auf Stefan Reinold und dessen RMG-Team. Der Ingenieur, der zuvor für Toyota in der Formel 1 gearbeitet hatte, analysierte im vergangenen Winter die ersten beiden eher durchwachsenen Jahre seiner Truppe in der DTM. Mit in die Analyse eingebunden war auch sein neuer Fahrer, der seine erste DTM-Saison als bester Neuling abgeschlossen hatte. Und Marco Wittmann gab sich gleich selbstbewusst: „Ich habe gesagt, was ich will und was ich nicht will.“ In Dominic Harlow bekam er zudem einen Ingenieur, mit dem die Chemie von Anfang an stimmte und der Erfahrung aus der Formel 1 mitbrachte.

Obwohl ihn alle seine Wegbegleiter als sehr reif bezeichnen, braucht Wittmann immer mal wieder jemanden, der ihn bremst. „Manchmal ist mein Ehrgeiz zu groß“, gibt er zu, „dann muss ich mich zurücknehmen.“ Geholfen hat ihm dabei die Arbeit mit einem Mentaltrainer. „Eigentlich habe ich nichts davon gehalten und sogar gedacht, das ist totaler Quatsch“, sagt Wittmann, „im Nachhinein muss ich zugeben, dass es mir einiges gebracht hat.“ Und auch heute noch hilft.

Lange Zeit galt Wittmann als der ewige Zweite. Dreimal in fünf Jahren beendete er eine Formel-3-Saison auf Platz zwei. Dies hat an ihm genagt. Aber es hat ihn auch geprägt. Wie auch die Tatsache, dass er 2012 bei BMW lediglich einen Vertrag als Test- und Entwicklungsfahrer erhalten hat: „Ein ganzes Jahr ohne Rennen, das war hart, aber es hat mich als Mensch reifer gemacht.“

Übergroßer Ehrgeiz

Obwohl in der Glamourwelt Motorsport unterwegs, weiß Wittmann genau, wo er daheim ist – in Fürth. Dort betreibt Vater Helmut einen Karosseriebau-Betrieb. Auch der Filius erlernte diesen Beruf. Wenn es die Zeit erlaubt, arbeitet er noch heute mit. „Auch als Karosseriebauer könnte er sein Geld verdienen“, sagt Helmut Wittmann, „aber er ist definitiv ein besserer Rennfahrer.“

Einen nicht unwesentlichen Faktor zum Erfolg trägt auch Wittmanns Arbeitsgerät bei. Der BMW M4 wurde für diese Saison neu gebaut. Und es scheint, als ob das Coupé exakt zu seinem Fahrstil passt. „Marco hat einen ganz speziellen Stil mit sehr viel Untersteuern“, sagt Markenkollege Timo Glock. Trotzdem kommt es vor, dass Wittmann unzufrieden ist. So wie am Nürburgring. Gemeinsam mit Ingenieur Howard versuchte er, die Balance seines BMW über Einstellung von Spur, Sturz, Fahrzeughöhe und Reifendruck zu verbessern. Im zweiten Training funkte Wittmann: „Richtige Richtung, noch nicht genug!“ Im Qualifying kam dann die Ansage: „Ich bin glücklich, nichts mehr ändern.“ Das Ergebnis: Pole-Position, schnellste Rennrunde, Sieg.

Inzwischen zweifelt niemand mehr daran, dass Wittmann auch den Titel holt – und trotz dieses Erfolges träumt er den Traum, den alle jungen Rennfahrer haben: Den Traum von der Formel 1. Doch Kollege Glock warnt: „Das macht nur Sinn, wenn du einen Sack voll Geld mitbringst.“, Deshalb meint der frühere Formel-1-Pilot: „Wenn ich Marcos Manager wäre, würde ich ihm raten, bei BMW zu bleiben.“ Und die Konkurrenz in der DTM in die Kapitulation zu treiben.