Ecstasy-Tabletten: Viele wissen gar nicht, was sie einwerfen Foto: dpa-Zentralbild

Jungpolitiker fordern, das sogenannte Drug Checking wieder zu erlauben. Dabei können Partygänger ihre Drogen auf gefährliche Stoffe untersuchen lassen.

Stuttgart - Gib mir eine Probe von deinem Stoff, und ich sage dir, was drin ist – nach diesem Motto funktioniert Drug-Checking. Drug-Checking ist Teil der Drogenprävention in Österreich und der Schweiz und funktioniert nach dem Prinzip Abschreckung durch Aufklärung.

In Deutschland ist es Suchthelfern verboten, Drogen von anderen Personen zu überprüfen, ohne zugleich die Konsumenten anzuzeigen. Jungpolitiker mehrerer Parteien wollen das ändern, allen voran die Grüne Jugend: „Der Koalitionsvertrag sieht andere Wege in der Drogenpolitik vor, aber es passiert nichts“, sagt Landessprecher Marcel Emmerich. „Wir wollen aber, dass das Thema Drug-Checking bei der Justizminister- und Gesundheitsministerkonferenz zur Sprache kommt und letztendlich im Bundestag landet“, so Emmerich weiter. „Wir müssen weg von der Strafverfolgung und stattdessen Hilfe anbieten.“

Auch Nico Waibel, stellvertretender Landesvorsitzender der Jusos, findet, „dass es Zeit ist, neue Wege in der Drogenpolitik zu gehen.“ Für ihn bietet Drug-Checking die Möglichkeit, in einen ersten Kontakt mit den Konsumenten zu treten. „So kann man dann wirklich Hilfe anbieten.“

Selin Gören, Landesgeschäftsführerin der Linksjugend, sagt: „Auch wer illegale Substanzen konsumiert, hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, dies ist nur gegeben, wenn er weiß, was er konsumiert.“ Im Jahr 2007 konsumierten in Leipzig mehrere Leute mit Blei versetztes Cannabis und erlitten schwere gesundheitliche Schäden.

Das Konzept Drug-Checking ist nicht neu. In Deutschland gab es bereits in den 90er Jahren in Berlin erste Projekte. Doch diese waren umstritten. Im Jahr 2000 verabschiedete dann der Bundestag einen Zusatz im Betäubungsmittelgesetz, der Drug-Checking untersagte – auch Apothekern und öffentlichen Stellen. Neben dem Verbot geht es auch „um eventuelle Haftungsfragen und vor allem die Frage, ob man durch solche Tests Drogenkonsumenten in falscher Sicherheit wiegt – mit allen negativen Konsequenzen für die Betroffenen“, so ein Sprecher des Sozialministeriums in Stuttgart.

Baden-Württembergs Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) ist daher skeptisch: „Substanzanalysen gaukeln den Konsumenten eine Unbedenklichkeit des Drogenkonsums vor, die in Wirklichkeit nicht gegeben ist“, sagte sie unserer Zeitung.

Katharina Sowa, Sprecherin der Jungen Liberalen, widerspricht: „Drug-Checking stellt keine Verharmlosung des Drogenkonsums dar, sondern soll dazu beitragen, die Gefahren zu reduzieren und die Konsumenten durch Beratungs- und Aufklärungsangebote zu sensibilisieren.“

Dass in Baden-Württemberg ein Bedarf dafür besteht, versichert zumindest Friede Kimuli von der Stuttgarter Drogenberatungsstelle Release. „Wir haben eine eigene Bedarfsanalyse durchgeführt und dabei herausgefunden, dass sich alle Konsumenten eine Substanzanalyse wünschen. Alle sind an den Wirkstoffen sowie Streckungsmitteln interessiert.“ Kimuli sieht noch weitere Vorteile: „Drogentrends werden früher erkannt. Bisher kommen die Menschen recht spät zu Beratungsgesprächen. Meist erst, wenn schon rechtliche Folgen drohen oder Beruf und Familie bedroht sind.“

Auch in anderen Bundesländern wie beispielsweise Niedersachsen steht man der Drogenanalyse kritisch gegenüber. „Die Prüfung, ob und unter welchen Bedingungen Drug-Checking in Niedersachsen durchgeführt und angeboten werden kann, ist noch nicht abgeschlossen. Die technischen und juristischen Hürden sind nicht unerheblich“, heißt es vonseiten des dortigen Ministeriums. In Schleswig-Holstein will man erst die Ergebnisse eines laufenden, dreijährigen Präventionsprojektes des Vereins Odyssee abwarten, das Anfang 2013 startete und wissenschaftlich begleitet wird.

Ein Blick in die Nachbarländer Schweiz und Österreich zeigt, dass sich die Legalisierung einer solchen Methode der Drogenprävention lohnen könnte. „Das Drug-Checking wird grundsätzlich gut angenommen“, so Christian Knobel vom Schweizer Beratungsstelle Saferparty.ch. Gerade bei Gelegenheitskonsumenten haben die Schweizer gute Erfahrungen mit der Maßnahme gemacht. „Diese Zielgruppe möchte sich auch vor den Folgen unbekannter Streckmittel und vor langfristigen Konsumfolgen schützen und ist darum auch empfänglich für Safer-Use-Botschaften“, so Kobel. Ohne Drug-Checking sei es schwierig, überhaupt mit dieser Personengruppe in Kontakt zu kommen, da viel im Privaten konsumiert werde. Jährlich untersucht Saferparty.ch 1300 Substanzen und führt etwa 2000 Beratungsgespräche durch. Die Kosten für die Analysen der Drogen trägt die Stadt Zürich. Das könnte sich Marcel Emmerich auch für Stuttgart vorstellen.

In Österreich kann die Drogenberatung Check-it in Wien auf eine 17-jährige Geschichte in Sachen Drug-Checking zurückblicken. Einmal im Monat geht es mit mobilem Labor in Clubs, auf Partys oder Festivals. Dort können dann Substanzproben abgegeben werden. Durch eine der Probe zugewiesene Nummer findet der Konsument sein Ergebnis an der Infowand im Club wieder. Dort sprechen die Berater von Check-it mit den Menschen über die Ergebnisse und die Gefahren der Drogen. Im Jahr kommen so rund 1000 Substanzanalysen zusammen.

„Im Gespräch interessieren uns vor allem auch die Gründe, warum die Drogen genommen werden“, sagt Sonja Grabenhofer, Geschäftsführerin von Check-it. Von „einfach nur Spaß haben“ über „Gruppenzwang“ bis hin zu „um den Alltag besser ertragen“ sei bei den Antworten alles dabei, so Grabenhofer. Durch das Drug-Checking überlege aber der ein oder andere Konsument doch noch einmal, ob er seine Drogen wirklich nehmen soll.

Dass viele Menschen Drogen nehmen, deren Zusammensetzung sie nicht kennen, bestätigt auch der Münchner Toxiloge Frank Mußhoff: „Es ist verheerend, was die Leute schlucken und schniefen, ohne zu wissen, was es ist.“ Viele neue Drogen stellen dadurch Verkehrsmediziner vor Herausforderungen. Die herkömmlichen Drogentests können diese gar nicht erfassen.