Waiblinger Landratsamt muss nach Panne 350.000 amtliche Wahlunterlagen neu drucken lassen.

Waiblingen - Ein Buchstabendreher kann schon mal passieren. Manchmal allerdings sollte er, ja darf er nicht passieren. Etwa in offiziellen Schriften. Jetzt ist es aber passiert, und zwar beim amtlichen Stimmzettel für die Landtagswahl in allen drei Rems-Murr-Bezirken, also Waiblingen, Backnang und Schorndorf. Das Landratsamt muss jetzt 350.000 Stimmzettel neu drucken lassen. Die Zusatzkosten für den Neudruck in Höhe von 7000 Euro will die Kreisverwaltung ihrer Versicherung melden.

Statt das Kürzel der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands mit NPD anzugeben, wie es korrekt gewesen wäre, schickte die Druckerei die Zettel mit dem Vermerk NDP an die Kreisbehörde. Bemerkt wurde die peinliche Wahlpanne jedoch erst am Donnerstag dieser Woche. Da waren die Stimmzettel allerdings schon längst auf den Rathäusern in den 31 Rems-Murr-Kommunen eingetroffen. Und etliche Bürger hatten bereits die Unterlagen für die Briefwahl angefordert und eben diesen fehlerhaften Stimmzettel erhalten. "Wir hatten bereits 290 Unterlagen vorbereitet; als gegen 12.30Uhr der Anruf kam, haben wir die Sache sofort gestoppt", sagt der Leiter des Wahlbüros einer Großen Kreisstadt. 260 Stimmzettel wurden noch rechtzeitig abgefangen, "30 sind jedoch rausgegangen".

Insgesamt haben kreisweit 400 Briefwähler in den drei Wahlkreisen den fehlerhaften Bogen erhalten. Diese Bürger werden nun von den Mitarbeitern in den Städten und Gemeinden über diesen Fehler informiert. "Die Wähler können nun selbst entscheiden, ob sie den alten Stimmzettel verwenden oder gegen einen neuen eintauschen wollen", sagt ein Bürgermeister. Er habe veranlasst, die dadurch entstandenen Mehraufwendungen durch seine Mitarbeiter zu dokumentieren - und gegebenenfalls dem Landratsamt in Rechnung zu stellen.

Erforderlich ist der Austausch, um Wahlanfechtungen vorzubeugen. Landeswahlleiterin Christiane Friedrich betont jedoch, dass alle Stimmen, die auf diesen fehlerhaften Zetteln abgegeben wurden oder noch werden, gültig bleiben. "Um jede noch so geringe Verwirrung auszuschließen", sei der Rest aber aus dem Verkehr gezogen worden. Korrekte Stimmzettel sind derzeit im Druck und werden am Montag, 28. Februar, den Kommunen geliefert. Auch alle Briefwähler, die jetzt ihre Unterlagen anfordern, erhalten die tippfehlerfreien Exemplare.

18 Bewerber stehen beispielsweise auf dem Stimmzettel für den Wahlkreis Waiblingen - neben bekannten Namen wie Matthias Pröfrock (CDU), Katrin Altpeter (SPD) oder Landes-Justizminister Ulrich Goll (FDP) sind da auch bisher kaum bekannte Parteien oder Personen zu finden. Etwa der Heilpraktiker Thomas Bezler aus Kernen, der für Die Violetten ("für spirituelle Politik") antritt, oder der Backnanger Diplom-ingenieur Christoph Hufen, Kandidat der Partei AUF (Partei für Arbeit, Umwelt und Familie, Christen für Deutschland). Für die NPD bewirbt sich der allerdings durchaus regionweit bekannte Jürgen Wehner. Er hat schon für den Bundestag kandidiert und war Betreiber der mittlerweile geschlossenen rechten Szenekneipe Linde in Schorndorf-Weiler. Im September 2009 wurde er vom Schorndorfer Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er zu "Führers Geburtstag" am 20. April 2008 ein Hitler-Bild an die Hauswand geklemmt hatte. Und nun ist der NPD-Mann indirekt Auslöser dieses komplexen Stimmzettel-Tauschs.

"Bei aller Sorgfalt", sagt Kreissprecherin Claudia Erlekamm, "lassen sich Fehler leider nicht zu 100 Prozent vermeiden." Die Gültigkeit der Stimmabgabe sei davon nicht betroffen. Die Beamten jedenfalls sind froh, dass sie ein aufmerksamer Briefwähler auf den Buchstabendreher hingewiesen hat. "Dadurch werden letztlich 99,89 Prozent der Wähler einen tadellosen Stimmzettel in Händen halten", sagt Erlekamm.