In der Druckerei in Möhringen ist abends Hauptproduktionszeit. Weitere Eindrücke gibt es in unserer Bildergalerie. Foto: Sägesser

Wenn jede Stunde eine Geschichte erzählt, hat der Tag 24 Geschichten. Eben diese erzählen wir in einer Serie. Von 19 bis 20 Uhr sind wir dabei, wenn unsere Zeitung in der Druckerei in Möhringen auf Papier gebracht wird.

Möhringen - Amir Alicic ist es noch zu bunt. Er blättert die Zeitungsausgabe durch, die eben noch in der Maschine war und dann am Karussell hing. Karussell nennen Alicic und die anderen Drucker die Vorrichtung, die die frisch produzierten Zeitungen von der Maschine in den Vertrieb befördern. Das Karussell läuft an der Decke entlang, so hoch, dass der recht kleine Alicic gerade so mit der Hand hinkommen würde, ohne auf die Zehenspitzen zu müssen. Die Maschine hat eben die ersten Ausgaben der Lokalausgabe ausgespien. Und es ist wie immer: Die ersten Exemplare sind noch zu bunt. Was für den Laien schön farbig aussieht, ist für den Experten Alicic Ausschuss. Die Lokalausgabe, die gerade auf Papier gebracht wird, hat eine Auflage von rund 10 000 Stück. So arg es den Journalisten schmerzen mag: Die ersten 1000 sind ein Fall fürs Altpapier, noch bevor der Leser eine einzige Zeile davon zu Gesicht bekommen hat.

Doch Alicic muss es wissen; erstens ist er der Druckerei-Boss. Zweitens hat er seit Anfang August 25 Jahre im Pressehaus in Möhringen auf dem Buckel. 25 Jahre, nach denen er von seinem Job noch genauso schwärmt wie von einer neuen Liebe. Er sagt, er lebe für die Arbeit. Und es ist schwer, ihm das nicht abzunehmen. Seit dem Morgen ist er hier, doch sein Enthusiasmus übertönt auch in dieser Abendstunde die Maschinen um ihn herum.

Die Druckmaschine kommt aus Franken

Es ist kurz nach 19 Uhr. Feierabendzeit für der Großteil der Journalisten im Pressehaus in Möhringen. Und Produktionszeit für die Drucker. Sie bannen das, was die Kollegen aus den benachbarten Redaktionen den Tag über verfasst haben, auf die Seiten, die die Leser am nächsten Morgen bei einer Tasse Kaffee durchblättern werden. Die Drucker lesen die Schlagzeilen des Folgetages schon am Abend zuvor.

Die Maschine, die Zeitungen macht, kommt aus Franken. Sie ist 83 Meter lang, 17 Meter hoch und sechs Meter bereit. Sie ist etwa 23 Stunden am Tag im Einsatz. Auf Hochtouren läuft sie zwischen 18 und 3 Uhr. Wenn gerade keine Tageszeitungen gedruckt werden, sind zum Beispiel Prospekte oder Anzeigenblätter dran. Im Jahr bringt die Maschine rund 500 Tonnen Farbe auf Papier. Recyclingpapier, wie Alicic betont. Er spuckt all die Zahlen aus wie die Maschine die Ausgaben: in Windeseile. „10 000 Exemplare sind bei uns ruckzuck gedruckt“, sagt der Chef.

Breitbeinig steht er da in seinen Jeans, als könnte ihn nichts umhauen. Dann geht er an eine der Rollen und fädelt eine Papierbahn ein. „Los Amir, zeig mal, ob du’s noch kannst“, feuert ihn ein Kollege in Latzhose gegen den Maschinenlärm an. Amir Alicic grinst, kniet sich hin und friemelt am Papier. Ein Drucker verlernt sein Handwerk ganz offensichtlich nicht. Jedenfalls geht alles den gewollten Gang. „Wenn’s mal eng wird, muss man eben auch anpacken“, sagt Alicic. Den Besuchern rät er hingegen: „Nichts anfassen, Druckfarbe geht schlecht aus den Klamotten raus.“

Eine Rolle Papier wiegt 1250 Kilogramm

Wenn die Druckmaschine das Herz von Alicics Arbeitsplatz ist, dann ist das Papierlager vielleicht so etwas wie die Nahrung. In einer Druckerei wie dieser herrschen üppige Dimensionen. Eine Rolle Papier wiegt 1250 Kilogramm. Die Rollen werden am laufenden Band nachgeschoben. In der Woche kommen in Möhringen Papierlieferungen von rund 400 Tonnen an. Und diesen Vorrat braucht es, um auf Nummer sicher zu gehen. Angenommen der Nachschub würde einmal vorübergehend versiegen, der Vorrat im Lager würde reichen, um zwei Wochen weiterdrucken zu können.

Die Lokalausgaben haben nach wenigen Minuten die richtige Farbe erreicht. Das Karussell bugsiert sie zur nächsten Station. Dort werden die Zeitungen auf Rollen gewickelt. Ein Staplerfahrer karrt sie an den Ort, von dem aus sie an ihr Ziel gebracht werden: den Briefkasten der Abonnenten.

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