Kritik am Zustand des Spielplatzes am Mozartplatz Foto: Haar

Blutige Spritzen, Kondome, Exkremente von Tier und Mensch: Damit sind Erzieherinnen von Kitas auf Spielplätzen in der Stadt fast täglich konfrontiert. „Die Zustände sind katastrophal“, sagen die Erzieherinnen, „sie sind lebensgefährlich“.

Stuttgart - Mitten in der Woche ist die Welt in der Kita-Gruppe in Ordnung. „Heute ist es hier sauber“, sagt Silvina González, Einrichtungsleiterin des Katholischen Kindergartens im Haus Martinus in der Innenstadt. González blickt um sich und zeigt auf Papiermüll, der auf dem Spielplatz am Mozartplatz unter den Bänken liegt. Im Vergleich zu dem, was sie sonst auf Spielplätzen in der Innenstadt antrifft, sei das harmlos. Sie spricht von den Spielplätzen an der Katharinen- und der Brennerstraße sowie jenem am Mozartplatz. „Die Zustände der Spielplätze sind mehr als katastrophal“, sagt sie, „sie sind sogar lebensgefährlich für die Kinder.“ Gonzales und ihre Kollegin Sylvia Wilhelm sind in großer Sorge. „Es befinden sich Spritzen mit Blut, auch vergraben im Sand, Flaschen, Scherben, Müll, Menschen-und Tierexkremente und Kondome auf den Spielplätzen. Wir suchen dringend nach Lösungen.“

Kinder könten sich mit dem HI-Virus infizieren

Die Folge für die Kinder von eins bis sechs Jahren seien nicht abzuschätzen. „Stellen Sie sich vor, ein Kind setzt sich im Sand in so eine Spritze mit Blut“, sagt Sylvia Wilhelm, „das kann sich mit HIV oder Hepatitis infizieren.“ Barfuß dürfen die Kinder wegen dieser Gefahren dort schon lange nicht mehr spielen. „Wie sollen wir die Kinder schützen“, fragen beide unisono, „Kinder in diesem Alter nehmen Dinge, die sie finden auch in den Mund.“ Dabei denken die beiden auch an benutzte Kondome und verziehen das Gesicht: „So etwas kann man Kindern in diesem Alter nicht vermitteln. Wir sagen halt, es seien Luftballons.“

Eigentlich sollte die Kita-Gruppe gar nicht hier sein. „Wir sind auf die städtischen Spielplätze angewiesen“, sagt Gonzales, „aber da unser Interimsquartier in der Blumenstraße keinen Garten hat, müssen wir jeden Tag in zwei Gruppen mit allen Kindern auf umliegende Spielplätze ausweichen.“

Der Kindergarten war ursprünglich am Pflegeheim Haus Martinus an der Olgastraße angegliedert. Aber seit dem Umbau musste die Kita raus. „Wie lange wir noch in der Blumenstraße bleiben werden, ist ungewiss“, sagt Gonzales. Dennoch wollen sie den Kindern täglich etwas bieten. Also fahren sie mit dem Bus zu den Spielplätzen der Stadt und erleben dort, wie Kolleginnen von anderen Kitas, diese Zustände.

CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid ist besorgt

Zustände, die zuletzt auch die Eltern und die Schulleiterin der Jakobschule beklagt haben: Drogensüchtige nutzen die ruhigen, abgelegenen Orte, um sich dort den Schuss zu setzen. Und oft lassen sie ihre Spritzen dort liegen. Sei es an den Spielplätzen, dem Schulweg zur Jakobschule oder an der Wächterstaffel.

CDU-Stadträtin Beate Bulle-Schmid hat aus diesem Grund bereits Mitte August bei der Stadt nachgefragt. In der Betreffzeile ihrer Anfrage steht: „Gebrauchte Spritzen auf Spielplätzen gefährden Kindeswohl.“ Ihr hatten besorgte Eltern über jene Missstände auf dem Spielplatz in der Stitzenburgstraße sowie der Lorenzstaffel berichtet. Auch dort waren gebrauchte Drogen-Spritzen gefunden worden.

Bis zuletzt hat Beate Bulle-Schmid von der Stadt noch keine offizielle Antwort auf ihre Fragen bekommen. Daher fragt sie in ihrer Anfrage: „Sind der Stadt weitere Fälle bekannt, wo im öffentlichen Raum oder speziell auf Spielplätzen benutzte Spritzen gefunden werden? Und was kann die Stadt unternehmen?“

In der Verwaltung sieht man offenbar das Garten- und Friedhofsamt in der Pflicht. Amtsleiter Volker Schirner versichert, „dass wir alles versuchen, um die Sache in den Griff zu bekommen“. Man sende täglich in Absprache mit der Abfallwirtschaft Reinigungsgruppen aus, „aber innerhalb eines Tages kann in einer Großstadt viel passieren“. Auch wenn im Garten- und Friedhofsamt Hinweise der Polizei eingingen, reagiere man spontan: „Wir versuchen im Rahmen unserer Personalsituation auf allen Ebenen Verbesserungen“, verspricht Schirner und appelliert gleichzeitig an die Öffentlichkeit: „Bei der sozialen Kontrolle durch die Anwohner oder Passanten ist noch Luft nach oben.“

Auch Hermann Karpf ist alarmiert. Die rechte Hand des Ordnungsbürgermeisters Martin Schairer versichert, „dass der städtische Vollzugsdienst die Spielplätze nun vermehrt im Blick hat“. Zudem kündigt er einen runden Tisch in seiner Behörde zur Problemlösung an.