Release leistet in Clubs Aufklärungsarbeit über Drogen Foto: dpa

Die Drogenberatungsstelle Release will in Clubs Drogen analysieren, um Konsumenten vor gepanschten Substanzen zu schützen. Doch das Betäubungsmittelgesetz verbietet das. Die Grünen üben daran Kritik.

Stuttgart - Blau angelaufen und ohnmächtig liegt Alexandra Müller auf der Tanzfläche. Ihr Freund redet auf sie ein, versucht die 26-Jährige ins Bewusstsein zurückzuholen. Beide haben synthetische Drogen auf einer Tanzveranstaltung in einem Club konsumiert. Das tun sie öfter, besonders gern putschen sich Alexandra Müller (Name geändert) und ihr Freund mit Amphetamin auf, der beliebtesten Partydroge in der Electro-Szene.

„Ich könnte schwören, dass diesmal noch irgendwas anderes drin war“, sagt Müller im Nachhinein. Auch die Stuttgarter Drogenberatungsstelle Release stellt fest, dass vor allem in den sogenannten Partydrogen nicht immer das drin, als was es verkauft wird. Trotzdem darf Release bei Clubbesuchen keine Analysen in der Absicht vornehmen, Konsumenten zu schützen.

„Das verbietet das Betäubungsmittelgesetz, da wir uns bereits beim Besitz von Kleinstmengen für die Analysen strafbar machen würden“, sagt Release-Geschäftsführer Ulrich Binder. Seit Anfang des Jahres läuft das Präventionsprojekt „Take“, in dessen Rahmen die Suchthelfer Clubs besuchen und über die Gefahren aufklären, die Drogenkonsum mit sich bringt. In einem Pressegespräch hat Binder am Montag Bilanz gezogen. „In der Analyse der Lage zeigte sich, dass sogenanntes Drugchecking unter allen Präventionsmaßnahmen die größte Akzeptanz unter den Konsumenten gehabt hätte“, sagt Binder – also die Drogenanalyse.

Kritiker des Drugcheckings sehen die Gefahren, die von Drogenkonsum ausgeht, verharmlost. Aber auch von schmutzigen Drogen geht Gefahr aus – wie etwa 2007, als in Leipzig mehrere Menschen schwer erkranken, weil sie mit Blei versetztes Cannabis rauchten. Einer der Gründer, warum Drugchecking in Österreich und der Schweiz erlaubt ist.

So hält Harald Terpe, Bundestagsabgeordneter und Sprecher der Grünen für Sucht- und Drogenpolitik die Gesetzlage in Deutschland für überholt: „Drugchecking sollte gesetzlich erlaubt sein, weil es ein wichtiger Beitrag zur Schadensminderung ist. Verunreinigte Substanzen bedeuten eine erhebliche Gesundheitsgefahr für Konsumenten. Eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ist daher überfällig. Die aktuelle Bundesregierung ist aus ideologischen Gründen leider blind für rationale Argumente.“ Die Stuttgarter Bundestagsabgeordneten Cem Özdemir (ebenfalls Grüne) Stefan Kaufmann (CDU) und Ute Vogt (SPD) waren bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Trotz der Gesetzeslage sind die Release-Mitarbeiter nicht untätig und versuchen durch eine mobilen Lounge mit Drogenkonsumenten ins Gespräch zu kommen. „Zu der Partydrogenszene haben wir keinen so guten Zugang“, sagt Projektmitarbeiterin Nicole Benz. In der Electro-Szene sind besonders Amphetamine, MDMA und Kokain gefragt – umgangssprachlich häufig als Speed, Ecstasy oder Koks bezeichnet.

Flyer klären über die Wirkungsweise der einzelnen Wirkstoffe auf – auch darüber, welcher Mischkonsum von Drogen besonders gefährlich ist. Gleichzeitig verteilt das „Take“-Team Utensilien für den hygienischeren Drogenkonsum. „Partydrogen wie Amphetamine oder Kokain werden meistens in durch die Nase gezogen“, erklärt Benz. Geldscheine können Krankheitsüberträger sein, anders als sterile Plastikröhrchen. Man bemüht sich um Schadensminimierung.

Das Angebot in die Clubs zu bekommen, ist gar nicht so einfach. „Schließlich ist ja klar, dass Drogen in einem Club konsumiert werden, wenn wir kommen“, sagt Suchthelferin Benz. Darum gibt Release auch keine Namen der teilnehmenden Clubs preis – auch wenn man sich darüber im klaren ist, dass die Umschlagplätze für Partydrogen ein offenes Geheimnis sind. Im Gegensatz zu deren Zusammensetzung.