Rüdiger Rehm, Jürgen Kramny, Horst Steffen: Treffen an der Uni Hohenheim Foto: Baumann

Vor Beginn jeder Saison stehen die Trainer der württembergischen Fußball-Drittligaclubs Rede und Antwort. Das Trio Horst Steffen (Stuttgarter Kickers), Jürgen Kramny (VfB Stuttgart II) und Rüdiger Rehm (SG Sonnenhof Großaspach) war sich einig: Es wird an der Tabellenspitze spannend.

Vor Beginn jeder Saison stehen die Trainer der württembergischen Fußball-Drittligaclubs Rede und Antwort. Das Trio Horst Steffen (Stuttgarter Kickers), Jürgen Kramny (VfB Stuttgart II) und Rüdiger Rehm (SG Sonnenhof Großaspach) war sich einig: Es wird an der Tabellenspitze spannend.

Stuttgart - Meine Herren, ich soll Ihnen viele Grüße von Aufstiegs-Trainer Frank Schmidt ausrichten.
Kramny: Sehr aufmerksam von ihm. Aber warum ist er nicht hier? Er hat doch vergangenes Jahr gefragt, ob er auch als Aufsteiger zu unserem nächsten Treffen kommen darf.
Wir haben ihn eingeladen, aber er macht den 1. FC Heidenheim derzeit fit für die zweite Liga.
Rehm: Trotzdem schön, dass er an uns denkt.
Erwarten Sie in der kommenden Drittligasaison erneut zwei so dominierende Mannschaften wie den 1. FCH und RB Leipzig?
Steffen: Es wird deutlich enger zugehen. Acht bis zehn Mannschaften werden um den Aufstieg spielen. Kramny: Und genauso viele gegen den Abstieg. Rehm: Mein persönlicher Aufstiegsfavorit ist Arminia Bielefeld. Auch die beiden anderen Zweitliga-Absteiger, Energie Cottbus und Dynamo Dresden, müssten ganz vorne dabei sein. Der SV Wehen Wiesbaden hat aufgrund des Spielermaterials ebenfalls das Zeug zum Aufstieg. Kramny: Kein Wunder, Wehen Wiesbaden ist ja auch eine VfB-Filiale. Trainer Marc Kienle hat seine Mannschaft mit einigen Spielern von uns verstärkt. (Anm. d. Red.: mit Thomas Geyer, Alexander Riemann, Patrick Funk und dem ehemaligen VfB-Spieler Soufian Benyamina).
Herr Steffen, die Kickers waren viertbeste Rückrundenelf, aber kein Ligakonkurrent hatte sie bei der Umfrage auf der Rechnung.
Rehm: Wir haben es kurz überlegt, wollten die Kickers aber nicht unter Druck setzen.
Steffen: Danke, sehr freundlich. Nein, die Einschätzung der Kollegen ist berechtigt und realistisch. Es wird für uns nicht einfach, eine außergewöhnliche Saison zu bestätigen. Außerdem haben wir keine großen Namen verpflichtet. Wir haben schon im Winter relativ viel am Kader gemacht, und unser Budget gab nicht mehr sehr viel her.
Dürfen Fans und Spieler dennoch von der zweiten Liga träumen?
Steffen: Vom Aufstieg träumen darf jeder. Ich sehe das als Ansporn, sich weiterzuentwickeln und sich zu verbessern. Nur muss man die Ziele auch mit Leistungsbereitschaft ausfüllen.
Herr Kramny, der VfB II hat Daniel Vier in der vergangenen Rückrunde ziehen lassen und nun wieder zurückgeholt. Ist das nicht peinlich – vor allem für den damaligen sportlichen Leiter Ralf Becker?
Kramny: Nein. Wir haben Daniel im Winter nicht weggeschickt. Er bekam die Chance, zum 1. FC Heidenheim zu wechseln. Jetzt war es eben nur ein kurzer Ausflug, der sich für ihn gelohnt hat: Daniel hat auf seiner Autogrammkarte jetzt den Zweitliga-Aufstieg stehen. Nun kehrt er zurück, um unsere jungen Spieler zu führen, das Trainingsniveau zu erhöhen und unsere Innenverteidigung zu stabilisieren.
Ohne die Fürsprache von Ralf Beckers Nachfolger Rainer Adrion wäre die Rückkehr von Vier nicht möglich gewesen.
Kramny: Der Transfer war eines der Ergebnisse seiner Analyse, ja. Rainer Adrion ist ganz nah dran an unserer Mannschaft und bei fast allen Spielen und vielen Trainingseinheiten dabei. Er informiert sich über alles, es ist ein reger Austausch da.
Ihre Heimspiele tragen Sie künftig in der Mechatronik-Arena in Aspach aus. Ein Nachteil?
Kramny: Mal sehen. Die Höhenluft wird etwas anders sein als in Degerloch. Aber die Atmosphäre wird bestimmt gut sein. Steffen: Auch wir nehmen es, wie es kommt. Dass wir in Reutlingen spielen werden, darf keine Entschuldigung sein. Wir wollen das Beste daraus machen. Vor kurzem kam ein Fan zu mir – und sein Motto nehmen wir uns gerne zu Herzen: Wir wollen in Reutlingen Feste feiern. Wir werden alles dafür tun, damit der Funke vom Platz auf die Tribüne überspringt.
Herr Rehm, Sie kommen in den Genuss echter Heimspiele. Und nicht nur deshalb hat der Kollege Frank Schmidt uns gegenüber prognostiziert, dass die SG souverän drinbleibt.
Rehm: Das freut mich. Er kennt unser ruhiges, eingespieltes Umfeld und auch die Mannschaft aus zahlreichen WFV-Pokal-Duellen in den vergangenen Jahren. Er sieht, wie wir uns entwickelt haben. Und der 1. FC Heidenheim ist auch für uns ein Vorbild. Wir klettern im Gleichschritt nach oben. Beide Clubs stiegen jeweils 2009 und 2014 auf.
Also geht’s für die SG Sonnenhof auch bald Richtung zweite Liga?
Rehm: Das meine ich damit nicht. Wir wollen uns durch kontinuierliche Arbeit Schritt für Schritt weiterentwickeln. Für unsere kleine Gemeinde ist es ein Traum, nun vor über 10 000 Zuschauern in Duisburg oder Dresden zu spielen.
Kramny: Ich muss die SG Sonnenhof loben. Ihr Konzept finde ich richtig gut. Parallel zum Fußball absolviert jeder Spieler eine Ausbildung oder ein Studium. Da nimmt man was fürs Leben mit und erweitert den Horizont. Rehm: Es steht zwar keiner acht Stunden am Band, aber wir legen in der Tat auf eine Nebentätigkeit Wert. Darauf sind wir stolz. Genauso wie auf die Tatsache, dass es uns sehr gut gelungen ist, aus Spielern etwas zu machen, die sich bei anderen Vereinen wie dem VfB Stuttgart oder den Stuttgarter Kickers nicht durchsetzen konnten.
Zuletzt kam Julian Leist von den Blauen.
Steffen: Julian hat einen super Charakter, bei uns hat es einfach nicht mehr gepasst. Rehm: Und wir freuen uns, dass wir ihn haben.
Kramny: Und euer Derby am dritten Spieltag wird durch den Transfer bestimmt nicht weniger brisant.
Herr Steffen, wie sehr könnte der DFB-Pokal-Kracher am 16. August gegen Borussia Dortmund Ihre Mannschaft in der Liga ablenken?
Steffen: Natürlich ist das Thema präsent, und es ist nicht auszuschließen, dass man sich damit beschäftigt. Aber derzeit konzentrieren wir uns einzig und allein aufs Training und das erste Punktspiel in Wiesbaden. Rehm: Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Spieler am ersten Drittliga-Spieltag an den Pokal denkt. Kramny: Am besten ist es für die Kickers, wenn die Presse nicht so viel Nachfragen stellt zum Spiel gegen Dortmund.
Dann fragen wir nach den Erkenntnissen für Sie als Trainer aus der vergangenen WM.
Steffen: Interessant war, dass viele Trainer auf eine Dreierkette setzten. Bei manchen Teams ging der Trend weg von der Raum- zur Manndeckung. Kramny: Auch wir haben im Test gegen Zweitligist SpVgg Greuther Fürth die Dreierkette probiert. Es war sensationell, wie in der Defensive die Räume zugingen. Das Umschaltspiel in die Offensive leidet allerdings unter dem System. Rehm: Das stimmt. Man steht defensiv kompakter, aber die Flexibilität nach vorne ist nicht so gegeben. Steffen: Was ich hoffe und auch glaube ist, dass die WM-Euphorie in die dritte Liga getragen wird.
Rehm: Das spüre ich jetzt schon. Mein Sohn löchert mich und fragt, wann ist wieder Fußball. Allerdings sieht er mich recht selten.
Sie absolvieren den Lehrgang zum DFB-Fußball-Lehrer.
Rehm: Ja, die Doppelrolle ist schon stressig. Aber es macht Riesenspaß.
Die Stelle als Trainer in Großaspach ist ja auch ein gutes Sprungbrett : Markus Gisdol arbeitet bei 1899 Hoffenheim in der Bundesliga, Thomas Letsch in Salzburg oder Alexander Zorniger bei RB Leipzig.
Rehm: Das spricht nicht gegen unseren Verein. Aber jeder Trainer muss seinen eigenen Weg gehen.
Wie groß ist die Chance, dass wir uns nächstes Jahr in dieser Besetzung wieder treffen?
Rehm: Ich hätte jedenfalls nichts dagegen. Das hieße, keiner von uns muss absteigen. Das würden hier, glaube ich, alle unterscheiben.
Herr Kramny, Ihr Vertrag läuft im Juni 2015 aus. Wie sehen Ihre Pläne aus?
Kramny: Ein Jahr ist lang. Da hat man viel Zeit und es kann viel passieren.
Der Kollege Steffen ist sich mit den Kickers bereits einig.
Steffen: (lacht). Ja, das wird schon klappen.