Die Solistin Sharon Kam Foto: promo

Das Dreikönigskonzert des Stuttgarter Kammerorchesters im Beethovensaal der Liederhalle ist inzwischen ein wichtiger Termin im hiesigen Konzertleben. Unter der Leitung von Matthias Foremny standen Haydns Sinfonie Nr. 103, Sergej Prokofjews „Sinfonie classique“ und Mozarts Klarinettenkonzert mit der Solistin Sharon Kam auf dem Programm.

Stuttgart - Jetzt geht’s los! Traditionell bevölkert viel Prominenz beim ersten großen Klassik-Konzert nach Jahresbeginn den auch an diesem Mittwoch wieder voll besetzten Beethovensaal der Liederhalle.

Und traditionell geht ein Raunen durch den Saal, wenn auf der Bühne Musiker aus 13 Nationen dem Publikum in ihren Muttersprachen ein frohes neues Jahr wünschen. Das Dreikönigskonzert des zu diesem Anlass auf 39 Köpfe erweiterten Stuttgarter Kammerorchesters hat sich zum kulturellen Renommier-Termin gemausert.

Unerwartete Klangmomente

Entsprechend selbstbewusst treten die Instrumentalisten auf, ihr Chefdirigent Matthias Foremny hält frei eine druckreife Einführung in das erste Werk des Abends, Joseph Haydns Sinfonie Nr. 103, und schon geht es mitten hinein in ein Stück, das nicht nur wegen seines merkwürdig abgetrennten, titelgebenden Solo-Paukenwirbels zu Beginn voller Überraschungen, Skurrilitäten und berührend unerwarteter Klang-momente steckt. Einen weiten Spannungsbogen legt Foremny über die langsame Einleitung des ersten Satzes, stellt das (schon auf Beethoven verweisende) rhythmische Drängen in den schnellen Sätzen in den Vordergrund, formt fein die Farben in den von einem schönen Solo der Konzertmeisterin Susanne von Gutzeit gekrönten Variationen des Andantes.

Dass manche Einsätze im Ensemble nicht ganz auf den Punkt kommen, sind Kollateralschäden eines sehr lebendigen Zugriffs. Man hört sie auch später, bei Sergej Prokofjews als Haydn-Hommage konzipierter „Symphonie classique“, doch man nimmt sie kaum wahr. Etwas mehr an Kontrasten hätte Foremny hier riskieren können, aber auf der Habenseite standen sorgfältig ausgearbeitetes Streicher-Filigran und ein spürbarer Zug nach vorne.

Der Glanzpunkt des Abends indes fand sich ausgerechnet bei einem jener viel gespielten klassischen Werke, von denen man keine Überraschungen mehr erwartet. Doch es kam ganz anders.

Äußerlich wirkte es so, als zähme die in Hannover lebende israelische Klarinettistin Sharon Kam Mozarts Klarinettenkonzert mit ihrem bewegten, gespannten Körper ganz nach Art einer Schlangenbeschwörerin.

Und musikalisch war ihre Darbietung, die das Orchester aufmerksam und leichtfüßig begleitete, vom Feinsten: ein detailliert ausgearbeitetes Spiel mit Farbwerten und Lautstärkegraden, das in seinen stärksten Momenten wirkte wie ein großer Ensemblegesang in der Oper – hier eine Phrase der Sopranistin, dort die Antwort im tiefen Bassregister.

Die These, dass auch Mozarts Instrumentalmusik voller Theater, voller singender Figuren steckt: Mit Sharon Kam fand diese eine äußerst glühende Fürsprecherin. Das Publikum in der Liederhalle schlug diese Persönlichkeit vollständig in ihren Bann. Musiker wie sie könnten Telefonbuch-Vertonungen spielen – man würde, man müsste sie trotzdem anbeten.