Die 65 Jahre alte Berlinerin Annegret R. hat Vierlinge zur Welt gebracht. (Archivbild mit ihrer Tochter aus dem Jahr 2005) Foto: dpa

Die wohl umstrittenste Schwangerschaft Deutschlands ist beendet: Laut RTL hat die 65 Jahre alte Berlinerin Annegret R. Vierlinge entbunden. Für die Frühchen sehen die Ärzte Überlebenschancen.

Berlin - Die 65-jährige Berlinerin Annegret R. hat Vierlinge zur Welt gebracht - nach nur knapp 26 Wochen Schwangerschaft. Zum Zustand der Frühchen äußerten sich die Ärzte vorerst nicht, sagte eine Sprecherin des Fernsehsenders RTL am Samstag. Die drei Jungen und ein Mädchen seien in einem Brutkasten und würden versorgt.

Sie waren am Dienstag per Kaiserschnitt auf die Welt gekommen, nachdem die Wehen eingesetzt hatten. „Sie werden sich noch länger in einem wackeligen Zustand befinden“, sagte die Sprecherin. Der Kölner Privatsender RTL hat die 65-Jährige exklusiv unter Vertrag. Sie gibt keinen anderen Medien Interviews.

Das Bekanntwerden der Schwangerschaft von Annegret R. verursachte im April bundesweit Aufsehen und auch Kritik. Viele Zuschauer und Leser warfen der 65-Jährigen Verantwortungslosigkeit vor. Auch Mediziner kritisierten die Entscheidung als sehr riskant und gefährlich für Mutter und Kinder.

Die Englisch- und Russischlehrerin Annegret R. hatte sich in der Ukraine aus Eizell- und Samenspenden im Labor gezeugte Embryonen einpflanzen lassen. Sie ist jetzt 17-fache Mutter und siebenfache Großmutter. Den späten Kinderwunsch begründete sie damit, dass sich ihre neunjährige Tochter Lelia ein Geschwisterchen gewünscht habe. Um Lelia kümmere sich gerade die Patentante, erklärte die RTL-Sprecherin. Die übrigen zwölf Kinder von Annegret R. sind bereits erwachsen.

Laut RTL sind die Vierlinge aufgrund der frühen Geburt nicht voll entwickelt, sollen aber „nach Stand der Wissenschaft“ gute Überlebenschancen haben. Die Babys sind zwischen 655 und 960 Gramm schwer und zwischen 30 und 35 Zentimeter groß. Es handle sich um ein Mädchen namens Neeta sowie die Jungen Dries, Bence und Fjonn.

Ärzte warnen vor Folgeschäden

Mehrere Ärzte warnten im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur vor möglichen Folgeschäden. Lebensbedrohliche Komplikationen gebe es bei Frühchen vor allem in den ersten Tagen nach der Geburt, sagte Mario Rüdiger vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. „Jeder Tag mehr reduziert das Sterberisiko.“ Eine normale Schwangerschaft dauert 40 Wochen.

Laut Gerhard Jorch, dem Leiter der Universitätskinderklinik in Magdeburg, drohen in den ersten Tagen und Wochen vor allem Lungenversagen, Kreislaufversagen, Hirnblutungen, Hirninfarkt, Infektionen, Darmprobleme und Nierenversagen. Mehrlinge hätten grundsätzlich meist höhere Risiken.

Weit bedeutsamer als das Sterberisiko seien die drohenden langfristigen Schäden, sagte der Direktor der Frauenklinik des Universitätsklinikums Erlangen, Matthias Beckmann, der dpa. Zwar könne die Medizin immer jüngere Frühgeburten retten, nicht aber deren gesundes Überleben sicherstellen.

„Die vier Kinder werden nicht alle gesund nach Hause gehen“, ist auch Rüdiger überzeugt. Chronische Probleme drohten vor allem bei Lunge, Darm, Augen und Gehirn.

Gerade vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der 65-Jährigen unverantwortlich, kritisierte Beckmann, Leitlinienkoordinator bei der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. „Vielleicht muss sie zwei behinderte Kinder pflegen, und mit 80 wird sie dann selbst zum Pflegefall.“ Verstehen könne er auch nicht, dass es überhaupt einen Arzt gab, der die künstliche Befruchtung bei einer so alten Frau vornahm.