Zu flach, zu klein: Den 2,5 Zentimeter tiefen Brunnen übersahen viele Besucher der neuen Stadtbibliothek. Er ist vorerst stillgelegt, eine andere Farbe soll Aufmerksamkeit bringen. Klicken Sie sich durch weitere Bilder aus der Biliothek. Foto: Petsch

Die Nutzungsgebühr für städtische Bibliotheken soll 2012 teurer werden. OB sucht Kompromiss.

Stuttgart - Die Nutzungsgebühr für die städtischen Bibliotheken soll 2012 um drei Euro steigen. Weil der Aufschlag zeitlich nahe zur Eröffnung der neuen Stadtbibliothek liegt, gerät er zum Politikum. OB Wolfgang Schuster hat die neue Gebührenordnung zurückgezogen. Im Rathaus sucht man einen Kompromiss.

80 Millionen Euro hat der vergangenes Wochenende eröffnete neue Büchertempel hinter dem Hauptbahnhof gekostet. Da kommt der Aufschlag für die Jahresgebühr aus Sicht der Bibliotheksleiterin Ingrid Bussmann zur Unzeit - zumal Bussmann in den letzten Wochen nicht müde wurde zu betonen, dass die Gebühr bei 15Euro jährlich bleibe.

Doch Finanzbürgermeister Michael Föll, CDU, pocht auf den Aufschlag. Zwar fließen über die Ausleihgebühr bisher jährlich rund 500000 Euro in die Stadtkasse, damit werden aber nur rund zehn Prozent Kostendeckung erreicht, räumt Bussmann ein. In anderen Städten im Land liegt der Prozentsatz noch niedriger. Ulm schafft mit einer 30 Euro teuren Jahreskarte zwölf Prozent Kostendeckung.

OB erhört Notruf der Bibliotheksdirektorin

Bussmann hatte vergangenen Freitag beim Festakt zur Eröffnung OB Wolfgang Schuster (CDU) um einen Aufschub gebeten. "Die Frage ist, ob das eine kluge Verbindung ist, die Gebühren jetzt zur Eröffnung zu erhöhen", sagt die langjährige Leiterin. In der Öffentlichkeit könne der Eindruck entstehen, dass der Neubau die Ursache sei. Die erhöhte Gebühr für die Jahreskarte sollen wie bisher nur Erwachsene zahlen, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre leihen weiterhin kostenlos, die Ermäßigung für Bonuscard-Besitzer bleibt bei 50 Prozent.

Bei Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann, auch CDU, fand Bussmann lange Unterstützung. Letztlich gab Eisenmann aber doch nach, "weil wir in anderen Bereichen auch erhöhen", sagt die Fachbürgermeisterin. Die Gebühr gilt auch für die Nutzer in allen 17 Stadtteilbibliotheken und die Fahrbibliothek. Zuletzt war 2009, ausgehend von 13 Euro, aufgeschlagen worden.

Schuster hat Bussmanns Notruf erhört und am Mittwoch Konsequenzen gezogen. Er kippte den Punkt von der Tagesordnung des Verwaltungsausschusses des Gemeinderats. Nun will er Eisenmann und Föll zum Gespräch bitten. Ein Kompromiss zeichnet sich ab. Die ebenfalls geplanten Änderungen bei der Säumnisgebühr kommen wohl schon 2012. Pro Medium fallen bei Überziehen der Leihfrist weiterhin 50 Cent an, aber bereits ab der vierten statt fünften Woche. Das Maximum steigt auf 15 statt zehn Euro pro Buch oder CD. Das brächte von 2102 an 480.000 statt 460.000 Euro jährlich. "Ich hätte kein Problem damit, denn diese Gebühr kann jeder vermeiden", sagt Bussmann, die ansonsten die städtische Investition in den Neubau lobt. Der teurere Ausweis käme dann 2013.

Architekt strikt gegen Sitzmöbel

Im Bücherwürfel selbst fielen am Mittwoch diverse Entscheidungen: Projektleiter Hans Repper vom städtischen Hochbauamt legte den Mini-Brunnen ("Quelle der Weisheit") im zentralen Raum der Stille still. Zu viele Besucher hatten die einen Quadratmeter große und flache Quelle übersehen und das Wasser mit ihren Schuhen im Haus verteilt. Repper will die Quelle wie im Bauplan vorgesehen in Blau, nicht in Weiß wie der umgebende Terrazzoboden.

Architekt Eun Young Yi muss auch damit rechnen, dass der streng wirkende Raum nächstes Jahr durch Sitzmöbel aufgelockert wird. Bussmann will dem Wunsch der Nutzer nachkommen - Yi ist strikt dagegen.

Zwar konnten Probleme mit Brandschutztüren im Neubau am Mittwoch gelöst werden, Handwerker sind aber zum Beispiel auf der Dachterrasse laut Repper noch vier Wochen beschäftigt. So lange bleibt der Ausblick gesperrt. Weil die Terrasse tiefer als die Außenmauern und von diesen zwei Meter entfernt liegt, soll sie für einen besseren Blick um 30 Zentimeter erhöht werden.

Auch der Umlauf zwischen den beiden Gebäudehüllen bleibt gesperrt. Hier sind sich Hochbauamt und Bibliotheksleitung nicht einig. Ohne Kontrolle könne man keine Besucher auf die Galerien lassen, sagt Repper. Er räumt ein, dass die Beschränkung "ursprünglich nicht geplant" gewesen sei. Bussmann will die Umläufe freigeben. Aufpasser könne sie nicht stellen. Offene Türen zum begehbaren Zwischenraum sind auch zur Lüftung nötig, das Haus hat keine Klimaanlage. Vielleicht muss auch hier OB Schuster zum klärenden Gespräch bitten.