Angst vor der Abschiebung: Junge Migranten bei einer Demo gegen die Trump-Pläne Foto: AP

In den USA wächst der Widerstand gegen die drohende Ausweisung von 800 000 Einwandererkindern. In den ganzen USA gehen derzeit Menschen auf die Straßen.

Washington - reisa Martinez war sieben Jahre alt, als ihre Eltern mit ihr und drei Geschwistern die mexikanische Heimat verließen und sich ohne Papiere im texanischen Dallas ansiedelten. Achtzehn Jahre lang lebte die junge Frau illegal in den USA, bis sie 2014 dank der durch Präsident Barack Obama veränderten Rechtslage eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhielt. Am Dienstag stand die 28-Jährige mit mehreren hundert Gleichgesinnten vor dem Weißen Haus in Washington und protestierte lautstark: „Das Aus für das DACA-Programm wäre ein Sieg der weißen Rassisten. Das hier ist unser Zuhause. Wir wollen bleiben!“

Nicht nur Martinez ist aufgebracht. In den ganzen USA gehen derzeit Menschen auf die Straßen, um gegen den drohenden Entzug des vorläufigen Bleiberechts für junge Migranten zu demonstrieren. US-Präsident Donald Trump hatte seinen als Hardliner bekannten Justizminister Jeff Sessions erklären lassen, Obamas „Deferred Action for Childhood“ (DACA)-Programm von 2012 sei verfassungswidrig und werde beendet. Neue zweijährige Visa und Greencards sollen nicht mehr erteilt werden. Die bereits ausgestellten Dokumente sollen ab dem 5. März 2018 auslaufen. Spätestens 2020 wären damit alle 800 000 anerkannten „Dreamers“ (Träumer) schutzlos und könnten abgeschoben werden.

Auch Obama schaltet sich ein

Die Empörung über das Vorhaben ist nicht nur auf der Straße gewaltig. Ex-Präsident Barack Obama meldete sich entgegen seinem Grundsatz, zur aktuellen Politik zu schweigen, mit einer langen Erklärung zu Wort und nannte das Vorhaben „unmenschlich“. Doch auch mehrere republikanische Senatoren distanzierten sich. Die katholischen Bischöfe in den USA nannten das Aus für das Schutzprogramm „verwerflich“. Zudem protestierten viele Wirtschaftsvertreter und verwiesen auf die Bedeutung der Dreamers für ihre Unternehmen. Microsoft-Präsident Brad Smith kündigte an, von der Abschiebung bedrohte Mitarbeiter zu unterstützen: „Wir werden ihnen einen Rechtsbeistand besorgen und dafür bezahlen.“

Derweil herrscht in Washington immer größeres Rätselraten über die konkreten Konsequenzen der Ankündigung. Trump schwieg am Dienstag zunächst und betonte nur, es sei nun Aufgabe des Kongresses, vor dem Ende des Ausweisungsschutzes am 5. März ein langfristiges Einwanderungsrecht zu schaffen. Dann ließ er eine ungewöhnlich lange Erklärung verbreiten, die zwischen nationalistischen Parolen („Auch junge Amerikaner haben Träume“) und versöhnlichen Tönen mäanderte. Später wiederholte Trump seine frühere Beteuerung, er liebe die jungen Migranten. Schon diese Aussagen passen schwerlich zusammen.

Bleiberecht gegen Mauerbau

Die Abschaffung des DACA-Programms war ein zentrales Wahlversprechen von Trump gewesen. Sein Justizminister hätte das Ende des Schutzprogramms nicht ohne Zustimmung des Präsidenten verkünden können. Dass sich der Kongress, der sich knapp zwei Jahrzehnten vergeblich um eine gemeinsame Linie beim Einwanderungsrecht ringt, plötzlich einigen kann, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Amerikanische Medien spekulieren nun, ob Trump die Konsequenzen nicht im vollen Umfang verstanden hat. Andere glauben, er setze auf einen großen Deal mit dem Kongress, dem er die Zustimmung zum Mauerprojekt an der Grenze zu Mexiko abringen wolle. Im Gegenzug könnte er dann das Bleiberecht unangetastet lassen.