In der Verlängerung der Karlspassage soll die Breuningerstraße entstehen. Die gab es einst. Sie wurde schlicht zugebaut. Foto: Philip Weingand

Zur Benennung einer neuen Straße im Dorotheenquartier wünscht sich Breuninger wenig Überraschendes: die Breuningerstraße. Die gab es einst schon.

S-Mitte - Männer, Männer, immer nur Männer. Wenn schon einmal die rare Gelegenheit ist, in der Stadtmitte eine neue Straße zu benennen, dann sollte doch bitteschön einer Frau die Ehre gebühren, im Stadtplan verewigt zu werden. Darauf beharrt jedenfalls die SÖS-Bezirksbeirätin Rita Krattenmacher, und die anderen Fraktionen des lokalpolitischen Gremiums pflichten ihr bei – gemäß einem eigenen Grundsatzbeschluss, der vor Jahren schon gefällt wurde.

Jene Straße muss noch gebaut werden und wird danach wohl eher als Passage wahrgenommen, allein schon, weil Autos sie nicht befahren dürfen. Sie entsteht im Zuge des Dorotheenquartiers als Verlängerung der Karlspassage, die durch das Breuninger-Kaufhaus führt. Bauherr des neuen Viertels ist die EKZ Grundstücksverwaltung. Deren Adresse ist nicht zufällig dieselbe wie die des Unternehmens Breuninger, und die Geschäftsführer sind dieselben wie die des Kaufhauses, namentlich Willy Oergel und Marcus Weller.

Die Stadt hat der EKZ bei der Benennung jener Straße ein Mitspracherecht gewährt, was allein schon folgerichtig scheint, weil die Fläche Eigentum des Bauherrn ist und bleibt. Zumindest im Bezirksbeirat missfällt der erste Benennungsvorschlag allerdings über alle Fraktionen hinweg. Das Unternehmen wünscht sich – wenig überraschend – die Straße Breuningerstraße zu benennen. Die gab es einst schon. Sie wurde seinerzeit schlicht mit dem Breuninger Markt überbaut.

Dem Vorschlag haftet das Geschlechterproblem an

Das Geschlechterproblem haftet auch dem Vorschlag des Unternehmens fraglos an. Eduard Breuninger gründete das Kaufhaus im Jahr 1881 mit drei Mitarbeitern. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Alfred, nach dessen Tod wiederum dessen Sohn Heinz. Krattenmachers Gegenvorschlag ist die Marie-Josenhans-Straße. Marie Josenhans war 1919 eine der ersten Frauen, die in den Gemeinderat Stuttgarts gewählt wurden. Bekannt war sie zu ihren Lebzeiten als Schutzengel der Armen. Unter anderem gründete sie im Bohnenviertel eine Kleiderkammer und sogar ihre eigene Arbeitsvermittlung.

Wegen der Nähe zum Hotel Silber, der einstigen Gestapo-Zentrale und heutigen Gedenkstätte, halten die Bezirksbeiräte einen Namen aus dem Kreis des Widerstands gegen Hitler für wünschenswert. Was einer Benennung nach Breuninger in gewissem Maße widerspricht. Alfred Breuninger war NSDAP-Mitglied und saß vom Jahr 1935 an für die Nationalsozialisten im Gemeinderat.

Die Sophie-Scholl-Straße wird voraussichtlich scheitern

Die Erfüllung des Wunsches der Grünen-Beirätin Christa Bauer nach einer Sophie-Scholl-Straße wird wiederum voraussichtlich daran scheitern, dass nahe des Hauptbahnhofs bereits eine Straße nach den Geschwistern Scholl benannt ist – Sophie und Hans Scholl, die von den Nazis hingerichtet wurden. Der Vorschlag aus den Reihen der CDU hat wieder den Männlichkeitsmakel. Die Straße möge nach dem Architekten der Markthalle benannt werden, meint Ersin Ugursal, also nach Martin Elsässer.

Unabhängig von weiblich oder männlich „wäre es schön gewesen, wenn der Firma Breuninger nicht nur ihr eigener Name eingefallen wäre“, sagt die Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle. Der Linke Friedrich Neunhöffer fürchtet gar, dass dieses Beispiel Begehrlichkeiten nach einem Milaneo-Platz oder einer Media-Markt-Straße wecken könnte: „Dann kommt am Ende die Konkurrenz und will das auch“, sagte er.

Andere Vorschläge sollen – sofern es nach dem Willen der Beiräte geht – Geschichtskundige erarbeiten. Gedacht ist an das Haus der Geschichte und die Initiative Hotel Silber, die Träger der Gedenkstätte. In die noch zu gründende Findungskommission möge außerdem die Markthalle einen Vertreter entsenden und selbstredend die Firma Breuninger. Einstweilen ist die Benennung damit vertagt.