Lance Armstrong entpuppte sich letztlich als einer der schlimmsten Dopingsünder im Radsport. Foto: dpa

Ein Gutachten unterstellt dem Unternehmen Telekom, vom Doping im Radsport in den 90er Jahren gewusst zu haben. Der Konzern weist dies als „absurd“ zurück.

Freiburg - Die Telekom soll nach einem am Mittwoch von der Universität Freiburg veröffentlichten Gutachten von Doping im von ihr gesponserten Radrennstall zumindest gewusst haben. Autor der Veröffentlichung ist der Sportwissenschaftler Andreas Singler. Das Bonner Unternehmen wies Vorwürfe der Mitwisserschaft zurück und nannte sie „absurd“.

„Vieles, wenn nicht alles, deutet darauf hin, dass das Unternehmen vom Doping der Fahrer wusste“, schreibt Singler in der Zusammenfassung seines 208-Seiten-Gutachtens. Telekom-Sprecher Stephan Althoff widersprach ihm: „Wir haben damals sehr bewusst den üblichen Weg des beim Team angestellten und damit abhängigen Arztes verlassen und die zu jener Zeit renommierteste deutsche Universitätsklinik als unabhängigen Kontrolleur engagiert.“

Dem Konzern „angesichts dieses Vorgehens Mitwisserschaft zu unterstellen, ist absurd, bedeutet es doch im Umkehrschluss wir hätten 1991 von den kriminellen Machenschaften der Freiburger Klinik gewusst. Und das war wirklich nicht der Fall“, erklärte Althoff der Deutschen Presse-Agentur weiter.

Laut Singler soll das Telekommunikations-Unternehmen - der Rennstall hieß von 1991 bis 2003 Team Telekom, anschließend lief er bis 2007 unter dem Namen Team T-Mobile - sein Radsport-Engagement „geradezu skrupellos“ vorangetrieben haben. Topfahrer waren damals der einzige deutsche Tour-de-France-Gewinner Jan Ullrich (1997) und der sechsfache Gewinner des Grünen Tour-Trikots, Erik Zabel.

Der Sportwissenschaftler bezichtigt neben den Ärzten Andreas Schmid und Lothar Heinrich noch zwei weitere Mediziner, aktiv in die illegalen Methoden im Team verwickelt gewesen zu sein. Schmid und Heinrich haben Doping schon vor Jahren zugegeben.

Kommission im März auseinandergebrochen

Entstanden ist das Gutachten aus der Arbeit in der inzwischen aufgelösten Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin. Die Gruppe von Wissenschaftlern sollte unter der Leitung der Kriminologin Letizia Paoli herausfinden, in welchem Maße Ärzte der Uni in systematisches Doping von Spitzensportlern - und damit auch in den Skandal um das vor bald zehn Jahren aufgelöste Team Telekom/T-Mobile - verwickelt waren.

Nach anhaltendem Streit mit der Universität war die Kommission im März auseinandergebrochen. Singler hatte zuvor bereits ohne Rücksprache eine Mitteilung mit Dopingvorwürfen gegen die Fußballclubs VfB Stuttgart und SC Freiburg sowie gegen den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) veröffentlicht. Das dazugehörige Gutachten befindet sich noch in einer Prüfungsphase durch die Staatsanwaltschaft.

Singler räumt in seinem neuen Report zur Doping-Mitwisserschaft von Telekom-Vertretern ein, dass „viele Einzelheiten aufgrund der dünnen Quellenlage nicht sicher aufgeklärt werden können“. Trotzdem sei es möglich, „ein Sittengemälde zu skizzieren“. Er stützt seine Behauptungen unter anderem auf Zeitzeugeninterviews, in Medien zitierte Aussagen der Protagonisten, Vernehmungsprotokolle der Staatsanwaltschaft sowie Briefwechsel.