Donald Trump findet starke Worte in Sachen Nordkorea. Eine Lösung der Krise ist damit allerdings noch nicht gefunden. Foto: AP

Donald Trump und Kim Jong-un sind sich zumindest sprachlich verblüffend ähnlich. Doch aus den markigen Worten der beiden Machtmenschen spricht vor allem Unsicherheit, kommentiert unser Korrepondent Finn Mayer-Kuckuk.

Peking - Ob Präsident Donald Trump sich von der Rhetorik seines Erzfeinds Kim Jong-un hat anstecken lassen? Auf Nordkorea werde „Feuer und Vernichtung“ treffen, „wie die Welt es noch nie gesehen hat“, wenn das Land die USA weiter bedrohe, sagte er. Diktator Kim Jong-un hatte den Amerikanern lässig mit einem Atomschlag gedroht. Zuvor hat er bereits davon sprechen lassen, „gnadenlos Feuer und Raketen auf die verantwortungslosen US-Imperialisten und ihre dreckigen Marionetten herabregnen“ zu lassen.

Zwei Präsidenten mit ähnlicher Sprache

Da haben sich zwei gefunden, die sich zumindest sprachlich verblüffend ähnlich sind. Aus den markigen Worten der beiden Machtmenschen spricht jedoch vor allem Unsicherheit, wie es jetzt weitergehen soll. Kim hat zwar mit seinen neu entwickelten Atomwaffen gerade Oberwasser, doch ein Reihe seiner Ziele rückt zugleich in die Ferne. Er wollte die Leistung der eigenen Wirtschaft steigern und den Lebensstandard der Bevölkerung erhöhen. Jetzt, wo China tatsächlich den Handel zurückfährt, dürfte davon wenig übrigbleiben.

Kim hat in der Kombination aus Bombe und Rakete zwar nun das ultimative Machtmittel. Doch er bleibt Diktator eines immer ärmeren Landes. Die Supermacht USA wiederum versucht seit den frühen Neunzigerjahren vergeblich, Nordkorea von seinem Atomkurs abzubringen. Dennoch hat Kims Vater Jong-il im Jahr 2006 seine erste Kernwaffe erfolgreich getestet. Der Sohn hat nun den Durchbruch geschafft: Sein Militär hat die Interkontinentalraketen entwickelt, mit denen sich die Bombe in entfernte Länder tragen lässt.

Es gibt kaum Druckmittel

Gegen Nordkorea gibt es in der Praxis kaum wirksame Druckmittel. Schon Vater Kim Jong-il war es gleichgültig, dass sein Land kaum Handel treiben konnte, wenn er nur Nuklearwaffen in die Hände bekam. Doch er hatte noch Hemmungen, wollte die Weltgemeinschaft nicht vollends gegen sich aufbringen und lieber Öllieferungen abstauben. Der jüngere Kim kennt dagegen keine Skrupel. Für ihn hatte es absolute Priorität, die Bombe zu haben und nutzen zu können.

Die Schuld für das Versagen der etablierten Atommächte gegen Nordkorea liegt bei China – hier hat Trump völlig Recht. Zu viele alte Betonkommunisten in Peking haben eine schützende Hand über den letzten echten sozialistischen Bruderstaat gehalten. Andere Kräfte in der Partei waren von dem Verhalten Nordkoreas entsetzt und wollten es zu Reformen zwingen. Sie haben auch die Gefahren gesehen, die eine dritte Nuklearmacht in Ostasien bringt. Schließlich können Kims Raketen auch Peking und Shanghai erreichen – und Zündelei ist generell gefährlich für die Stabilität in der Region.

Raketen mit sehr großer Reichweite

Die Rakete, die Kim Ende Juli hat testen lassen, kann vermutlich um die 10 000 Kilometer weit fliegen, wenn sie fertig entwickelt ist. Damit liegt auch Berlin in Reichweite, aber vor allem Los Angeles oder Denver. Es wächst die Gefahr eines unübersichtlichen Konflikts. Schon jetzt schippern in den Meeren um die koreanische Halbinsel schwer bewaffnete Flotten aus China, den USA und beiden Koreas herum. Das ist eine hochexplosive Lage.

Kims Verhalten ist dabei weitgehend folgerichtig. Er eröffnet sich mit den Bomben die Möglichkeit, das Ausland zu erpressen und beispielsweise Geld, Öl oder Lebensmittel im Gegenzug für eine Verringerung seines Arsenals zu fordern. Unter den Sanktionen wird in erster Linie nicht er selbst leiden, sondern das einfache Volk, das schlimmstenfalls hungert. Ein spontaner Zusammenbruchs des Regimes wirkt dabei wenig wahrscheinlich. Die Nordkoreaner sind so ahnungslos wie eh und je. Westfernsehen oder ähnliche Informationswege gibt es nicht, dafür pausenlos Aufmärsche, patriotische Lieder und immer die gleiche Botschaft vom gottgleichen Kim, dem überlebensgroßen Beschützer.

Kim gibt die Bombe nicht mehr her

Es gibt nur einen möglichen Umgang mit dem Problem. Die Staatengemeinschaft muss das Land dazu bringen, sein Atomprogramm kontrollieren zu lassen. Kim wird die Bombe nicht wieder aufgeben. Eine Mischung aus Drohungen und Druck plus offener Verhandlungen könnte jedoch das gewünschte Ergebnis bringen, wieder etwas Sicherheit herzustellen. Kim giert nach internationalem Respekt. Sein Land braucht zudem dringend Warenlieferungen, um nicht noch ärmer zu werden. Kim könnte den steigenden Lebensstandard seiner Genialität zuschreiben lassen. In direkten Verhandlungen wird er zu Zugeständnissen bereit sein – auch zur Beschränkung seines Atomprogramms.

Nachdem Trump also erst einmal mit Feuer und Vergeltung droht – das ist immerhin eine Sprache, die Kim versteht – könnte er im zweiten Schritt die Realität anerkennen und Unterhändler schicken. Ein ähnliches Geschäft wie mit dem Iran wäre denkbar. Ziel wäre: alle Anlagen zur Herstellung von Atombomben und Raketen kommen unter Aufsicht. Die vorhandenen Bomben sind getrennt von den Raketen zu lagern. Nordkorea bleibt im Besitz der Waffen, darf unter diesen Bedingungen aber wieder mit der Außenwelt handeln.