Sean Spicer, der Sprecher des Präsidenten, greift die Medien auch schon mal ganz direkt an. Foto: AP

US-Präsident Donald Trump und namhafte Medien des Landes haben sich in einen Dauerclinch begeben. Dabei spielt die Wahrheit zuweilen eine untergeordnete Rolle. Selbst Trump-freundliche Beobachter zeigen sich angesichts dieser Entwicklung besorgt.

Washington - Der Beginn der neuen Ära im amerikanischen Journalismus kann ziemlich genau datiert werden: auf den 17. September 2016. An dem Tag überschritt die „New York Times“, die angesehenste Tageszeitung der USA, den Rubikon und bezichtigte Donald Trump auf dem Titel erstmals ausdrücklich der „Lüge“.

Lesen Sie hier weitere Meldungen über Donald Trump in unserem News-Blog.

In dem Artikel ging es um Trumps jahrelange Rolle bei der Verbreitung der falschen Geschichte vom angeblichen Geburtsort von Barack Obama außerhalb der USA. Es habe damals einfach kein anderes Wort für Trumps Verhalten gegeben, sagte „Times“-Chefredakteur Dean Baquet dem Sender NPR. Seitdem herrscht „Krieg“, wie Trump es selbst sagt. Das Phänomen Trump stellt viele Zeitungen, Online-Portale, Fernsehsender und Rundfunkstationen vor neue Herausforderungen. Wie soll man mit einem Präsidenten umgehen, der routinemäßig falsche Angaben verbreitet und die Medien im selben Atemzug wegen angeblicher „Fake News“ angreift? Wie soll man reagieren, wenn Präsidentenberaterin Kellyanne Conway ein Massaker erfindet, um Einreisebeschränkungen für Iraker zu rechtfertigen, und Unwahrheiten als „alternative Tatsachen“ verkauft? Was ist die richtige Antwort, wenn Trumps Chefstratege Stephen Bannon die Medien auffordert, sie sollten einfach „das Maul halten“?

Nachrichten nach dem Geschmack des Präsidenten

Diese Fragen stellen sich nicht für alle Medien. Der konservative Sender Fox News oder rechtspopulistische Internetseiten wie Breitbart verbreiten Nachrichten nach dem Geschmack des Präsidenten.   So geht die mediale Polarisierung mit der politischen einher. Etablierte Leitmedien wie die „New York Times“ erreichen große Teile der Öffentlichkeit nicht mehr, während viele Liberale nicht hören wollen, was die Konservativen zu sagen haben.

Im Land entstehen „Parallelwirklichkeiten“, wie ein Diplomat in Washington sagt.   Trotz aller Spannungen sehen manche die neue Zeit als Befreiung. Die Journalisten sollten Trump dankbar sein, schrieb Jack Schafer im Magazin „Politico“. Wenn das Weiße Haus die Arbeitsmöglichkeiten für Journalisten einschränke, müssten sich Reporter auf andere Wege besinnen, um an gute Geschichten zu kommen. „Trump macht den Journalismus wieder groß“, schrieb Schafer in Anspielung auf den Wahlslogan des Präsidenten.  

Berichte über chaotischen Regierungsalltag

Blätter wie die „New York Times“ und die „Washington Post“ berichten unter Berufung auf Informanten im Weißen Haus über einen chaotischen Regierungsalltag: Berater, die nicht wissen, wie die Lichtschalter funktionieren und deshalb im Dunkeln sitzen, und ein Präsident, der Fox News schaut und dabei Tweets unters Volk bringt. Trump sagte Fox, er stehe morgens um fünf auf und schaue sich die Zeitungen an: „Ich sehe die Lügen.“   Die Ausfälle des Präsidenten bedeuten nicht, dass die Medien keine Fehler machen. So unterschätzten die meisten Zeitungen das Ausmaß der Wut über die Washingtoner Polit-Elite in der Provinz, die Trump im November zum Sieg verhalf. „Times“-Chefredakteur Baquet gibt offen zu, dass seine Zeitung die Wutbürger im Land nicht genug gewürdigt hat. Auch die Rolle der Religion im Alltag vieler US-Bürger sei bisher weitgehend übersehen worden.

Gemeinsame Sache mit Terroristen

Trumps Team sieht sich noch aus anderen Gründen missverstanden. Es sei frustrierend, wenn die Regierung von den Medien immer nur abgewatscht werde, oft auf unfaire Weise, sagte Präsidentensprecher Sean Spicer. Er kritisierte unter anderem, dass eine Falschmeldung, wonach Trump eine Büste des schwarzen Bürgerrechtlicher Martin Luther King aus dem Oval Office verbannt haben soll, nicht in der richtigen Form korrigiert worden sei. Beim Kampf zwischen Regierung und Medien spielt die Wahrheit nicht immer eine große Rolle. So veröffentlichte das Weiße Haus nach einer neuen Schimpftirade Trumps eine Liste mit Terroranschlägen, die angeblich von den Medien ignoriert wurden – der unausgesprochene Vorwurf lautete, die Zeitungen machten gemeinsame Sache mit Terroristen.

Selbst Trump-freundliche Beobachter sind besorgt. Der Dauerclinch von Regierung und Medien dränge wichtige Themen wie die Reform des Gesundheitswesens in den Hintergrund, warnte Howard Kurtz von Fox News. Trump schade sich mit ständiger Medienschelte nur selbst. Bisher gibt es keinen Hinweis darauf, dass Trump sich diese Einwände zu Herzen nimmt. Die „New York Times“, so schimpfte er diese Woche auf Twitter, sei in ihrer Berichterstattung über ihn schlimmer denn je.