Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) muss um ihre politische Zukunft bangen. Ein Gutachter wirft ihr bewusste Täuschung bei ihrer Promotionsarbeit vor.

Düsseldorf/Berlin - Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) muss um ihren Doktortitel bangen - und um ihre politische Zukunft. Ein Gutachter wirft ihr nach Medienberichten bewusste Täuschung bei ihrer Promotionsarbeit vor.

Es ergebe sich das "charakteristische Bild einer plagiierenden Vorgehensweise", stellte der Prüfer der Universität Düsseldorf fest, wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" und die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) am Sonntag übereinstimmend aus der Analyse zitierten.

Schavan wehrte sich gegen den Vorwurf: "Die Unterstellung einer Täuschungsabsicht weise ich entschieden zurück", sagte sie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. In der SZ betonte sie, wie sehr sie die Vorwürfe schmerzten: "Es trifft mich. Es trifft mich im Kern. Es trifft den Kern von dem, was mir wichtig ist." Schavan räumte allenfalls kleinere Fehler ein. "Ich habe sorgfältig gearbeitet. Hier und da hätte man auch noch sorgfältiger formulieren können."

Die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität überprüft seit mehreren Monaten Schavans Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 auf Plagiatsvorwürfe. Wie "Spiegel" und "SZ" berichten, hat der Gutachter Stefan Rohrbacher auf 60 von 351 Seiten Mängel gefunden. "Eine leitende Täuschungsabsicht ist nicht nur angesichts der allgemeinen Muster des Gesamtbildes, sondern auch aufgrund der spezifischen Merkmale einer signifikanten Mehrzahl von Befundstellen zu konstatieren", heißt es demnach in der vertraulichen Analyse.

Allerdings sei noch nicht sicher, ob Schavan ihren Doktortitel verliere. Die Entscheidung treffe nach Auskunft der Universität Düsseldorf in den kommenden Tagen der Fakultätsrat auf Grundlage des Berichts. Rohrbacher ist Professor für Jüdische Studien und Prodekan an der Uni Düsseldorf sowie Vorsitzender des zuständigen Promotionsausschusses. Nach "Spiegel"-Informationen tagt der Promotionsausschuss an diesem Mittwoch. Das Gremium gibt eine Empfehlung an den Fakultätsrat, der schließlich zu entscheiden hat.

Anders als bei früheren Plagiatsvorwürfen gegen Politiker - etwa im Fall des zurückgetretenen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) - ging es bei Schavan nicht um die Übernahme kompletter Textstellen aus anderen Veröffentlichungen. In einem Internet-Blog wurde Schavan vor allem vorgeworfen, Quellen nicht vollständig aufgelistet und zum Teil auch "verschleiert" zu haben.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sprach von einem schwerwiegenden Vorwurf. "Frau Schavan hat an Herrn zu Guttenberg strenge Maßstäbe angelegt. Sie muss klären, ob diese Maßstäbe auch für Sie selber gelten." Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), forderte für Schavan eine faire Chance, sich zu den Vorwürfen zu äußern. "Wenn sich die Vorwürfe allerdings bewahrheiten, dann muss sie zurücktreten", sagte Burchardt der "Mitteldeutschen Zeitung" (Montag).