Bei den S-Bahnen (wie hier am Hauptbahnhof) kommt es zu oft zu Verspätungen – mit ETCS soll das besser werden. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Schon bei der Blauen Plakette ließ Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Interessen von Land und Stadt Stuttgart links liegen. Jetzt wiederholt es sich bei der Einführung der modernen Signaltechnik ETCS im S-Bahnnetz, kritisiert unser Redakteur Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Deutlicher als die grün-schwarze Landesregierung kann man sich nicht positionieren: Im Koalitionsvertrag und im Kabinettsbeschluss zur Luftreinhaltung in Stuttgart wird für den Einsatz der modernen Signaltechnik ETCS auf der S-Bahnstammstrecke geworben. Zwar sind von ETCS keine Wunderdinge zu erwarten, aber es stellt zumindest eine, wohl sogar die Erfolg versprechendste Option dar, die Probleme im Nadelöhr des S-Bahnnetzes zu beseitigen. Ein weiterer S-Bahntunnel wie er jetzt in München gebaut wird, ist illusorisch. Und dass Platz für neue Bahnsteige zum schnelleren beidseitigen Ein- und Aussteigen in den unterirdischen Stationen geschaffen werden könnte, ist ebenso fraglich wie die Installierung neuer Zugangssysteme, die den Fahrgastwechsel beschleunigen könnten.

Was bleibt, sind neue tangentiale Verbindungen, die die Innenstadt-Haltestellen in Stuttgart entlasten – und eben ETCS, das längere Haltezeiten ermöglicht, ohne dass es zu Verspätungen kommt, die sich im S-Bahnnetz ausbreiten.

Feiern in München, ablehnen in Stuttgart

Diese Erkenntnis hat sich in Stuttgart längst herumgesprochen, auch wenn sich die Beteiligten trotz der jetzt beschlossenen Machbarkeitsstudie peinlich langsam der Realisierung nähern, weil keiner zuviel zahlen will. Nur Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt schiebt die Stuttgarter Probleme wie schon bei der Blauen Plakette aufs Abstellgleis, indem er ein ETCS-Pilotprojekt im Stuttgarter S-Bahnnetz nicht fördert. Die Ablehnung, die weder bestätigt noch begründet wird, ist in der Sache und in der Form mehr als unverständlich. Offenbar lässt sich der CSU-Politiker im Wahljahr lieber beim Spatenstich für den neuen S-Bahntunnel nächste Woche in München feiern, als seinen Teil zur Lösung der Verkehrsprobleme in Stuttgart beizutragen.