Zahlreiche Bürger in Gablenberg lauschten dem Fachmann für Städtebau, Wolfgang Schwinge. Foto: Fatma Tetik

Der Stadtplaner Wolfgang Schwinge hat auf dem blauen Sofa des Vereins „Unsere Schlösslestraße“ ein düsteres Bild für die Zukunft Gablenbergs gezeichnet. Der viele Autoverkehr ist nur ein Grund dafür.

S-Ost - Mit der Veranstaltungsreihe „Blaues Sofa“ lädt der Verein Unsere Schlößlestraße seit Mitte September Anwohner zu Diskussionen, Austausch und Begegnung ein. Gefördert wird das Projekt mit Mitteln aus dem Verfügungsfonds der Sozialen Stadt Gablenberg. Vergangenen Donnerstag machte das Sofa Halt an der Klingenstraße/Ecke Libanonstraße. Rund 30 Bürger waren gekommen, um den Ausführungen des freien Stadtplaners und Architekten Wolfgang Schwinge zum Thema „Was wird aus unserem Stadtteil“ zu lauschen. Dies war angesichts des hohen Durchgangsverkehrs gar nicht so einfach.

Doppelt so viele Autos wie Stellplätze

Damit war man auch schon mitten im Thema. „Wenn wir mit dem Heiligs Blechle so weitermachen, dann werden wir bald in Blech ersaufen“, konstatierte Schwinge in Anbetracht der Verkehrssituation. Man müsse die Anzahl der Autos reduzieren, wenn man mehr Aufenthaltsqualität für das Gebiet einfordere. Zwar fordere jeder weniger Verkehr in seiner Straße, die wenigsten würden jedoch selbst auf das Kraftfahrzeug verzichten wollen. In dem Wohngebiet gibt es laut Ken Kinoya, der durch den Abend führte, doppelt so viele Autos wie vorhandene Stellplätze. Neue Parkplätze oder der Bau von Tiefgaragen könnten das Problem deshalb nicht lösen, sagte Wolfgang Schwinge.

Erste Schritte zur Verbesserung könnten die Einführung des Parkraummanagements, die Nutzung von Carsharing-Angeboten oder der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und das Fahrrad sein. Auf lange Sicht könne sich an der Verkehrs- wie auch Parkplatzproblematik im Stadtteil nur etwas ändern, wenn eine neue Mobilitätskultur entsteht. „Diese Generation wird das nicht mehr schaffen“, urteilte der Professor für Städtebau. Umso mehr gelte es, die folgende Generation dafür zu sensibilisieren.

Man muss mehr für den Einzelhandel tun

Ein weiteres Thema, das die Besucher beschäftigte, war die Aufwertung der Gablenberger Hauptstraße. Die Bürger wünschen sich breitere Gehwege, eine Geschwindigkeitsdrosselung an der vielbefahrenen Straße und die Sicherung der Nahversorgung, insbesondere für ältere Mitbürger, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Viele Händler mussten in der Vergangenheit ihr Geschäft aufgrund hoher Mietpreise oder dem Wegbleiben der Kundschaft aufgeben. Entsprechend hoch ist der Leerstand, hauptsächlich im oberen Bereich der Hauptstraße. Schwinge prophezeite: „Die Aufwertung allein wird die Einkaufsmeile nicht retten können. Der Internethandel wird dem Handel vor Ort das Genick brechen und die großen Malls in der Innenstadt werden ihr Übriges leisten.“ Diesem Trend müsse man entgegenwirken.

Die Lange-Ost-Nacht als „jährliche Alibiveranstaltung des HGV“ reiche bei Weitem nicht aus. Es müssten mehr Initiativen gegründet werden, um die Händler zu unterstützen. Der Mix an Geschäften müsse zudem innovativer und vielfältiger werden. Dazu müssten freilich die Mietpreise gesenkt werden. Der Stadtteil brauche ein Alleinstellungsmerkmal, um künftig mehr junge Menschen und Familien anzulocken. „Die Bevölkerung in Gablenberg ergraut nicht nur, sondern vereinsamt auch“, so der Referent auf dem blauen Sofa. Zwei Drittel aller Wohnungen im Bezirk seien Ein-Personen-Haushalte – bewohnt von älteren Menschen oder Singles. Zur Belebung eines Stadtteils gehöre deshalb auch der Zuzug von jungen Familien, für die der Professor warb. „Sehen Sie nicht in jedem Bauvorhaben gleich ein Problem, sondern eine Chance für Ihren Stadtteil.“ Die Ideen aus der Podiumsdiskussionen sollen nun gebündelt werden und in die Planungen des Sanierungsgebiets einfließen.