Foto: Leif Piechowski

Bar-Chef Dino Zippe will seinen Stadt-Drink Spicy Horse zum Wintertrend 2012 machen – Ingwer und Orange als Basis.

Stuttgart - Ein Duftgemisch aus Fruchtsäften, ätherischen Ölen und Spirituosen erfüllt die Luft. Blutrote, zitronengelbe und himbeerfarbene Cocktails stehen schon fertig aufgereiht unterm Tresen, bereit zum Ausschank. Mit den flinken, eingeübten Händen des langjährigen Bar-Chefs fertigt Dino Zippe seine neueste Kreation: den Stuttgart-Cocktail Spicy Horse.

Die dezenten Öle der Orangenrinde in der Garnierung umschmeicheln schon vor dem Ansetzen die Geruchsknospen. Der erste Schluck ist eine Geschmacksexplosion: Bittere Aromen von Gin und Zitrone mit einer starken, würzigen Ingwernote füllen den Mund. Während der Gaumen noch mit der Reizüberflutung ringt, wird der Cocktail runder und frischer, die Aromen von Orangensaft und Zuckersirup treten hervor. Beim Schlucken verschwindet die scharfe Würzigkeit, zurück bleibt ein Hauch von Ingwer und Süße.

Die leichten Stuttgarter Sommertrends Aperol Spritz und Hugo will Zippe diesen Herbst mit einem „echten Cocktail“ ablösen, denn das ist laut Definition nur ein Drink, in dem auch Spirituosen sind. Die Idee eines Stadt-Cocktails ist nicht neu: „Hamburg, München, Dresden – viele Großstädte haben ihr Trendgetränk“, sagt der 32-Jährige mit den hellblauen Augen. „Stuttgart hat genügend Flair für etwas Eigenes.“

Spicy Horse bezieht sich auf die Würzigkeit des Drinks

Der Name Spicy Horse bezieht sich auf die Würzigkeit des Drinks und, klar, auf das Pferd im Stadtwappen von Stuttgart. Auch die gelben und schwarzen Strohhalme orientieren sich an den Farben des Wappens. Ingwer ist zwar nicht jedermanns Sache, doch „die Zutaten sind so ausgewählt, dass eine perfekte Balance zwischen Süße und Säure, Frucht und Würze entsteht“, sagt Zippe. Damit hofft er 70 Prozent des Bar-Publikums zu überzeugen. Experimentierfreudigkeit ist beim Cocktailerfinden angesagt: „Im Moment geht der Trend dahin, mit Aromen und Küchengewürzen zu arbeiten“, erklärt er die Wahl der Zutaten für seinen Pferde-Drink. „Spirituosen werden zum Beispiel mit Vanille oder Zimt eingelagert. Barkeeper verwenden Thymian, Rosmarin und Basilikum als Beigeschmack. Das gibt den Cocktails eine ganz besondere Note.“ Um sicherzugehen, dass das Resultat bei der Kundschaft auch ankommt, hat Zippe seine Kreation in einer sechswöchigen Testphase von zwei Köchen, einigen Weinkennern und mehreren Bar-Gästen probieren und bewerten lassen. Nach der Vorstellung des Spicy Horse bei einer OB-Wahl-Veranstaltung im September will der gebürtige Möhringer das Getränk nun in mehreren Stuttgarter Bars platzieren. Dass die dortigen Barkeeper die Fremdkreation ablehnen könnten, befürchtet er nicht: „Natürlich gibt es einen kleinen Konkurrenzkampf unter uns, aber eigentlich sind wir eine sehr enge Gemeinschaft und helfen uns gegenseitig.“

Die Cocktail-Szene in Stuttgart sei vor allem in den letzten fünf Jahren sehr stark geworden, findet Zippe. „Mittlerweile gibt es sechs, sieben wirklich gute Bars. Trotzdem ist der Markt noch nicht überlastet, und die Bars suchen händeringend nach gutem Personal“, sagt er. „Hoch qualifizierte Barkeeper ziehen extra nach Stuttgart, denn es gibt hier viele Möglichkeiten, aufzusteigen.“

Zippe selbst arbeitet in der o.T.-Bar

Zippe selbst arbeitet in der o.T.-Bar der Waiblinger Gastronomie-Firma Rauschenberger als Bar-Chef. Er bezeichnet sich als Quereinsteiger: „Neben meiner Ausbildung und dem Zivildienst habe ich schon früh in Clubs gearbeitet.“ Nach drei Jahren an der Bar im Stuttgarter Kunstmuseum erlangt Zippe sein Barmeister-Zertifikat mit einem Intensivkurs an der Industrie- und Handelskammer zu Rostock. Die Ausbildung zum professionellen Barkeeper beinhaltet von BWL über Personalmanagement bis Spirituosenkunde alles, was die selbstständige Bar- und Betriebsführung ausmacht.

„In einer Cocktailbar zu arbeiten ist mehr als Säfte zusammenpanschen. Es ist ein echter Knochenjob“, sagt Zippe. Vor allem die ständige Kundennähe sei manchmal eine Herausforderung. „Man kann sich nicht zurückziehen wie ein Koch oder Kellner und muss auch nach 14 Stunden an der Bar immer noch freundlich sein.“ Die Anerkennung dafür vermisst er manchmal, doch die meisten Bar-Besucher kommen schon, weil sie die Qualitätsarbeit der Mixfachmänner schätzen. Die nächtlichen Arbeitszeiten stellen auch deren Privatleben auf eine harte Probe: „Eine Beziehung zu führen ist sehr schwierig. Man ist viel unterwegs, und die Partner arbeiten tagsüber.“ Seit September ist Zippe glücklich verheiratet, doch das sieht er eher als Ausnahme. Auch dafür war „einige Überzeugungsarbeit nötig“.

Seine Frau hatte er beim ersten Kennenlernen übrigens mit seinen Drinks verzaubert – das hofft Zippe nun mit seinem Stadt- Cocktail auch beim Stuttgarter Publikum zu erreichen.