Viele Smartphone-Nutzer würden auch gern ihre Bankgeschäfte mit dem kleinen High-Tech-Gerät machen Foto: Fotolia/Denys Prykhodov

Mit Gewinnspiel - Die Digitalisierung verändert unseren Alltag- wie wir einkaufen, arbeiten und uns fortbewegen. Und sie verändert die Unternehmen in unserer Region. Heute: Wie und mit wem wir in Zukunft Bankgeschäfte erledigen.

Die Smartphone-GeldbörseOhne läuft fast nichts mehr: In der U-Bahn, im Cafe, bei der Arbeit, in der Kirche, beim Einkaufen. Immer mehr Menschen verlassen das Haus nicht mehr ohne ihr Smartphone. Auch nicht ohne ihre Geldbörse. Was liegt näher, als beide Funktionen miteinander zu verbinden? Google, Apple und andere US-Firmen arbeiten mit Hochdruck daran, genau das möglich zu machen. Auch so genannte Fin Techs – neu gegründete Technologiefirmen, die sich auf Finanzdienste spezialisieren – tüfteln daran, dass der Kunde im Geschäft mit seinem Smartphone zahlen kann. „Die Frage ist nicht, ob das Bezahlen mit dem Smartphone kommt, sondern wann“, sagt Marika Lulay, Vorstand beim Stuttgarter Softwarekonzern GFT.

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Der Zahlungsverkehr ist ureigendste Domäne der Banken und Sparkassen. Wenn jemand auf den Zug aufspringen müsste, dann sie. Doch die etablierten Spieler tun sich schwer, mit eigenen Bezahlverfahren gegen die neu erwachsene Konkurrenz anzutreten. „Das liegt nicht zuletzt schon daran, dass sie nicht gemeinsam in einem Verband organisiert sind“, meint Oliver Putz, Geschäftsführer der Nürnberger Firma Putz Digital Transformation. „Paypal als einzelnes Unternehmen ist dadurch um Lichtjahre schneller in seiner Handlungsgeschwindigkeit.“ Paypal dominiert inzwischen den Internet-Zahlungsverkehr in Deutschland.

Lange meinten die Kreditinstitute Wettbewerber wie Paypal aussitzen zu können. Zwar bieten viele Institute hierzulande eine Bank-App an, doch der Service ist oft beschränkt. So lässt sich damit etwa der Kontostand abfragen oder Überweisungen tätigen, doch als Geldbörse fungiert sie nicht. Spöttisch heißt es bei der Konkurrenz: Für einen Filialfinder braucht es keine Bank-App – dort erwarten Kunden andere Funktionalitäten.

Die Alternative zu Paypal

Für Banken ist die Digitalisierung eigentlich nichts Neues. „Sie haben in den vergangenen zehn Jahren viel und schnell digitalisiert – von den Selbstbedienungsautomaten in den Filialen bis zum Online-Banking“, sagt Branchenkenner Putz. „Es waren aber Konzerne wie Paypal, die die neue Dimension der Digitalisierung erkannt haben.“ Die Bankbranche, räumen selbst Vorstände ein, habe das Thema ein stück weit verschlafen. Nun scheint sie aufgewacht. Noch in diesem Jahr wollen Banken und Sparkassen mit einem gemeinsamen Internet-Bezahlverfahren unter dem Namen Pay Direkt starten und damit Paypal Paroli bieten.

Aus Sicht der Banken ist es noch nicht zu spät, den Rückstand aufzuholen. Während „Paypal anbietet, den Zahlungsverkehr im Internet abzuwickeln, wollen die Banken über ihr Zahlungssystem Pay Direkt zahlreiche weitere Dienste zur Verfügung stellen,“ sagt Markus Pertlwieser, bei der Deutschen Bank verantwortlich ist für das operative Geschäft mit Privat- und Firmenkunden. Viele Anwendungen seien in seinem Haus bereits eingeführt und viele digitale Dienste seien noch „in der Pipeline“. In Kürze können Deutsche-Bank-Kunden beispielsweise einfacher überweisen. Sie scannen ihre Rechnung mit dem Tablet oder Smartphone ein. Die Übertragung der Daten erfolgt dann automatisch.

Die Zukunftsmusik

Vieles ist noch Zukunftsmusik: Künftig könnte beispielsweise während des Bezahlens abgeglichen werden, ob das Girokonto des Kunden gedeckt ist. Sollte das nicht der Fall sein, könnte die Bank entscheiden, ob der Dispokredit erhöht wird, oder ob sie dem Kunden einen Ratenkredit anbietet. Vorstellbar ist auch, dass sie Kunden darauf hinweist, falls sie Strom, Gas, Versicherungsdienstleistungen oder Telefonieren vergleichsweise teuer einkaufen. Die Bank könnte Kunden fragen, ob sie ein Angebot für einen günstigeren Anbieter erhalten möchten. In einem anderen Fall könnte sie ihn darauf hinweisen, dass in sechs Wochen sein Abo endet, falls er kündigen möchte.

In der Branche gehen die Ideen noch weiter. Eine Kundin, die gerade ein Kleid gekauft hat, könnte von ihrer Bank aufs Smartphone die Nachricht bekommen, dass in der Nähe ein Schuhgeschäft ist, wo es passende Schuhe im Angebot gibt. Für die Empfehlung des Schuhladens bekäme die Bank vom Händler eine Provision.

Banken fangen an aus Daten, die sie aus den Abrechnungen der Kunden kennen, weitere Serviceangebote zu kreieren. Voraussetzung ist, dass die Kunden einwilligen, dass die Bank ihre Daten auswerten darf. „Ob die Bank für einen mitdenken und aktiv eingreifen darf, entscheidet immer der Kunde selbst“, sagt GFT-Managerin Lulay.

Die Gefahr

Finanzdienstleistungen werden aufgrund neuer Technologien immer öfter auch von Nichtbanken angeboten. Die neu gegründeten Firmen sind zwar klein, aber nicht zu unterschätzen. Die Geschäftsmodelle der so genannten Fin Techs basieren darauf, dass „ein Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager hergestellt wird. Das ist die große Herausforderung für die Banken“, sagt Rüdiger Mock-Hecker, Leiter des Bereichs Payment beim Deutschen Sparkassenverlag. „So wie Amazon den Buchhandel ausgeschaltet hat, besteht die Gefahr, dass Fin Techs Banken ausschalten.“ Die Kreditinstitute müssten ihre Prozesse verbessern und kundenorientierter werden, sonst würden sie im Wettbewerb den Kürzeren ziehen.

„Fin Techs werden das Bankgeschäft nicht bestimmen“, sagt dagegen Deutsche-Bank-Manager Pertlwieser. „Die Banken sollten nicht versuchen, die besseren Fin Techs zu werden.“ Aufgabe der Bank sei es, sich um den Kunden zu kümmern. „Wo es sinnvoll, können Banken für die technische Unterstützung mit Fin Techs kooperieren“, so Pertlwieser.

Die digitale Welt, so Lulay, ermögliche es der Bank, eine emotionale Beziehung zum Kunden aufzubauen und biete auch neue Einnahmequellen. „Banken, die das nicht begreifen, werden am Ende zwar weiter den Zahlungsverkehr abwickeln, das große Geschäft aber machen andere.“

Bank-Dienstleistungen wie Kontoführung oder Zahlungsverkehr werden nicht verschwinden, sagt Mock-Hecker. „Es wird auch morgen noch Banken geben. Die Frage ist, ob es noch die selben sind.“

Der doppelte Boden

Mobiles Bezahlen fordert nicht nur die Banken heraus. Es wird auch den Einsatz der EC-Karte zurückdrängen. Viel mehr noch aber trifft es Kreditkartenfirmen, deren Geschäftsmodell damit angegriffen wird, wie Branchenexperten sagen. „Wenn ich alles mit dem Smartphone erledige, dann brauche ich keine Kreditkarten mehr oder zumindest weniger als heute“, sagt GFT-Vorstand Lulay. „Ist allerdings der Akku leer, kann ich nicht bezahlen.“ Kunden werden Karten vor allem dafür benötigen, falls die neue Technologie ausfällt. Als doppelten Boden quasi. Um dem Ausfall vorzubeugen werde es künftig Aufladestationen beim Händler geben. Und die Geschäfte werden W-Lan für die Kunden bereitstellen, damit dem Bezahlen an der Kasse nichts mehr im Weg steht. „Alle Beteiligten werden lernen, was an Infrastruktur geschaffen werden muss,“ ist Marika Lulay überzeugt. „Das Smartphone wird andere Zahlungsformen nicht gänzlich überflüssig machen, aber digitales Bezahlen wird dominant werden.“