Dschungel im Steckfeld: Dieter Lösch hat sich ein Paradies erschaffen. Foto: Sägesser

Dieter Lösch, der gerade 50 Jahre alt geworden ist, hat seinem Leben vor einem Jahrzehnt eine neue Wendung gegeben: Der gelernte Einzelhandelskaufmann aus dem Steckfeld hat sich als Gärtner selbstständig gemacht.

Plieningen - Die Axolotl treiben schräg im Wasser, die Schwänzchen unter der Oberfläche, die Köpfchen in die Höh’. Es sieht aus, als hätten sie keine Augen. Doch sobald Dieter Lösch in die Futterdose greift, fixieren ihn Stecknadelköpfchen. Axolotl sind mexikanische Salamander. Dieter Lösch züchtet sie – als Hobby und irgendwie seit immer. „Ich hatte schon welche im Kinderzimmer“, sagt er. Die Tiere verharren ihr Leben lang im Larvenstadium. „Sie faszinieren mich.“ Verharren ist genau die falsche Vokabel, um den Mann zu beschreiben, der am vergangenen Wochenende 50 Jahre alt geworden ist. Vor zehn Jahren hat er seinem Leben eine Wende gegeben.

Dieter Lösch sitzt im Garten in seiner Gazebo. Das ist eine Mischung aus Holzterrasse und Pavillon. An der Decke hängen Tücher, an der Seite Gardinenschals. Und was viel wichtiger ist: Um Dieter Lösch wachsen überall Pflanzen, von denen viele exotisch sind. Ein kleiner Dschungel mitten im Steckfeld.

Vom Motorradladen über den Baumarkt in den Garten

Pflanzen gehören heute zu ihm wie früher Mobiltelefone. Bis vor zehn Jahren hat Dieter Lösch einen Handyshop geführt. Er ist am Bodensee aufgewachsen und hat nach der Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann gemacht. Er hat zum Beispiel im Motorradladen gearbeitet, im Baumarkt und im Textilhandel. „Ich war nie zufrieden“, war ständig auf der Suche, sagt er.

Schließlich ist er in jenem Handyshop gelandet. Als der Besitzer den Laden verkaufen wollte, bekam er ihn angeboten. Für Dieter Lösch war das der Moment, in dem er einen Schlussstrich unter sein bisheriges Berufsleben zog. „Jeder zweite Kunde, der rein kam, hat gesagt: Ich habe ein Problem.“ Hinzu kam, dass sein Rücken nicht mehr mitgespielt hat. Er hatte einen Bandscheibenvorfall, weil er Tag ein, Tag aus auf einem Hocker hinter dem Tresen gesessen ist. Also hat er hingeworfen – ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben.

Ein Jahr lang das Haus im Steckfeld hergerichtet

Das war zu der Zeit, als Dieter Lösch das Haus im Steckfeld gefunden hat. Er hat den Mietvertrag unterschrieben und ein Jahr gewerkelt: das Dachgeschoss ausgebaut, die Böden erneuert, Bäder gefliest, eine Badewanne ins Schlafzimmer gesetzt und die Außenfassade gestrichen. Und er hat den Garten in ein kleines Paradies verwandelt. Das hat ihn glücklich gemacht.

Deshalb lag die Entscheidung nahe: Er wollte etwas mit Pflanzen machen und hat als Hilfsarbeiter in einer Gärtnerei angeheuert. Was er gelernt hat, hat er aufgesaugt wie seine Pflanzen einen Regenguss im Sommer. „Dass ich talentiert bin, hört sich so geschwollen an“, sagt er. „Aber mir ist das nicht schwer gefallen.“ Doch er blieb eine Stundenkraft ohne Perspektive. Deshalb hat er sich nach sechs Jahren selbstständig gemacht. Ohne Ausbildung. Was er kann, hat er sich beigebracht oder in einem seiner Bücher gelesen, wie er sagt.

Ab und zu darf Lösch einen neuen Garten gestalten

Der erste Garten, den er angelegt hat, sei bei der Kundin auf so große Begeisterung gestoßen, dass sie ihm einen ersten Kundenstamm verschafft habe. Seither kann er sich über die Auftragslage nicht beklagen. Ab und zu darf er tun, was er am liebsten tut: einen Garten gestalten. Ansonsten ist er mit Pflegearbeiten beschäftigt.

Im Winter gibt es für Dieter Lösch nichts zu tun. Deshalb fällt die Jahreszeit für ihn aus. „Winter brauche ich gar nicht.“ Wenn es im Steckfeld nass und kalt zugeht, räumt er seine Exoten in die Garage und ins Treppenhaus, spart sich die Heizkosten und verschwindet für drei Monate nach Indonesien. „Ich habe mich in Land und Leute verliebt.“ Das war vor 16 Jahren.

In Indonesien führe er ein ganz normales Leben

Seine Siebensachen, die er in Indonesien braucht, lagert er bei Freunden. „Ich lebe dort ein ganz normales Leben.“ Er düst mit dem Motorrad herum, isst nicht in den Touristenrestaurants, sondern auf der Straße und hat sich auch die Sprache einigermaßen beigebracht. „Hier ist mein Leben eigentlich nur Arbeit und Garten“, sagt er und meint seinen deutschen Alltag.

Das klingt trister, als es soll. Denn Dieter Lösch hat es sich schön gemacht. Und für den Fall, dass ihn dann doch mal das Fernweh packt, hat er sich ein Stück Indonesien ins Steckfeld geholt. Nicht nur mit den Bananen, Bambussen und Lotussen in seinem Garten. Auch für sein Haus hat er sich viele hübsche Sachen aus Fernost mitgebracht. „Ich bin angekommen“, sagt er und meint, dass er innere Zufriedenheit gefunden hat.