SSB-Bautrupp bei der Konstruktion: Damit die Arbeiten an den Wagen ohne Unfallgefahr erledigt werden können, werden eigens Sicherheitsbühnen angefertigt. Foto: Michael Steinert

Alle zehn Jahre kommt die Technik der Standseilbahn auf den Prüfstand. Bei der Kontrolle zählt jedes Detail. Für vier Wochen ist die Standseilbahn dann außer Betrieb, damit reibungslose und unfallfreie Fahrten weiterhin garantiert werden können.

S-Süd - Fast schon behutsam streicht Rüdiger Walz mit seinen Fingern über das Teakholz der Wagentür. An einer Stelle stoppt sein Zeigefinger, fährt immer wieder drüber. Es ist kein Schmutzpartikel, den er vergeblich versucht wegzuwischen. „Graffiti Schäden“, stellt er ernüchternd fest. Nichts also, was mal eben schnell zu reinigen ist. Deswegen wird die Tür ausgebaut und zum Lackierer gebracht – so, wie die anderen Türen an den beiden Wägen der Standseilbahn in Heslach auch. Dieses Prozedere ist nur eines von vielen Abläufen, die alle zehn Jahre bei der großen Hauptuntersuchung durchgeführt werden: Für vier Wochen ist die Standseilbahn außer Betrieb, damit reibungslose und unfallfreie Fahrten weiterhin garantiert werden können.

Während sich eine handvoll Mitarbeiter um das Aufhübschen der beiden Wägen kümmert, ist der Elektriker Stefan Nuoffer im Antriebsraum beschäftigt: Mit einer Fasspumpe kurbelt er seit drei Stunden das alte Getriebeöl aus der Anlage. Zu schnell darf er nicht sein, sagt er, denn: „Sonst schwappt alles über.“ Wenn das alte Öl herausgekurbelt ist – alles in Handarbeit und ohne maschinelle Unterstützung übrigens – dann wird er 305 Liter neues Getriebeöl in die Anlage geben. Durch einen kleinen Trichter läuft die zähe Flüssigkeit. Wann er damit fertig sein wird, kann er noch nicht abschätzen. Er braucht Zeit und Geduld dafür. „Heute wird das nichts mehr“, sagt er. Im Laufe des nächsten Vormittages, so hofft er, hat er das Öl dann aber komplett ausgetauscht.

13 Mitarbeiter der SSB arbeiten an der Wartung mit

Der Betriebsleiter Rüdiger Walz schlendert über die Bergstation der Seilbahn am Waldfriedhof. 13 Mitarbeiter der SSB arbeiten hier und in der Talstation im Juli, zusätzlich zahlreiche Mitarbeiter von Fremdfirmen. „Diese Platinen beispielsweise“, sagt Walz und zeigt auf kleine Plättchen in einer Elektroanlage, „sind in der Schweiz gefertigt worden. Sie werden jetzt hier ausgebaut und daraufhin zu der Herstellerfirma geschickt, die sie dann überprüft.“ Anschließend werden sie in die Anlage wieder eingebaut und eingepegelt, wie der Fachmann sagt – damit alles fehlerfrei funktioniert.

Die Wartung ist teilweise ein Knochenjob

Aus dem tiefer gelegenen Motorenraum geht Walz an dem abgestellten Wagen vorbei auf die Schienen. Drei Bauarbeiter arbeiten am Gleisbett. Damit die Rollen, auf denen die Seile laufen, überprüft werden können, müssen die Rollenkästen ausgehoben werden. Eine schweißtreibende Arbeit, denn die Rollenkästen befinden sich unter zwei Schwellen, die zunächst ausgekoffert werden müssen, wie es im Fachjargon heißt. Dazu wird die Schwelle erst von den Schienen losgeschraubt, anschließend wird die Schiene kurz angehoben, die Schwelle wird herausgehoben und der Rollkasten ist freigelegt. 66 Rollenkästen gibt es auf der 536 Meter langen Strecke zwischen dem Südheimer Platz und dem Waldfriedhof, eine Schwelle wiegt 50 Kilogramm. „Ein Knochenjob“, sagt Walz anerkennend und ergänzt: „Gerade im Sommer auf der freien Strecke.“

Auch die Seile werden überprüft – allerdings ist das zumindest physisch nicht ganz so anstrengend. Mit einer sogenannten magnetinduktiven Prüfung kann das Seilinnere untersucht werden. Mögliche Seilbrüche können so schnell erkannt und gegebenenfalls repariert oder Seile ausgetauscht werden. Von den ganzen Arbeiten werden die Fahrgäste ab August, wenn die Seilbahn wieder fährt, nicht viel mitbekommen. Sie werden nur feststellen, dass die 90 Jahre alten Wägen wieder in neuem Glanz erstrahlen.

Die Standseilbahn in Heslach

Historie Die Standseilbahn hat am 30. Oktober 1929 ihren Betrieb aufgenommen. Im Jahre 2003 wurde zwar die Stilllegung der Bahn erwogen, auf Wunsch der Öffentlichkeit und der Stadt allerdings beschloss die SSB eine sehr umfangreiche Modernisierung.

Wagen Die beiden Wagen mit den Nummern 1 und 2 sind außen aus Teakholz und innen aus Mahagoni gefertigt. Sie sind 9,80 Meter lang, etwas mehr als zwei Meter breit und haben ein Leergewicht von 7800 Kilogramm. Für die Fahrgäste der Standseilbahn stehen 22 Sitzplätze und 52 Stehplätze zur Verfügung.

Strecke Die Bahn pendelt täglich im 20-Minuten Takt zwischen dem Südheimer Platz und dem Waldfriedhof Degerloch. Das Höchsttempo beträgt 11 Stundenkilometer.