Die blaue Boxen voller Bücher und Zeitschriften schippern den ganzen Tag über auf der automatischen Sortieranlage durchs Gebäude Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Trubel in Deutschlands sechstgrößter Stadt ist ansteckend. Doch die Einrichtungen, Sehenswürdigkeiten und Dienstleister brauchen eine Aufwachphase. Wir haben uns einmal umgeschaut, was alles geht, bevor es richtig läuft. Heute ist die Stadtbibliothek am Mailänder Platz das Ziel.

Stuttgart - Bevor die Kundschaft einläuft, werden in der Stadtbücherei am Mauländer Platz die Computer und Maschinen hochgefahren. Denn das Business mit Büchern für die Allgemeinheit ist heute ein technisch hochgerüstetes Geschäft.

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An der Stadtbahnhaltestelle Stadtbibliothek, an der sich tagsüber Teenager mit beigen Primarktüten aneinander vorbeidrücken, zieht bisher nur der kalte Wind über die Bahnsteige. Die Stadtbibliothek liegt in der Morgendämmerung. Die blauen Lichter, die über Nacht die rechteckigen Fenster erhellen, sind schon ausgeschaltet. Vor dem Eingang West, der zur Haltestelle zeigt, sammelt sich die Putzkolonne und geht kurz darauf geschlossen durch einen Seiteneingang ins Gebäude.

Innen brennt schon das Putzlicht. „Morgens machen hier 16 Reinigungskräfte sauber, über den Tag sind es nochmal vier“, sagt Jelena Dervida, die als Vorarbeiterin die Verantwortung für blitzende Flure und saubere Toiletten hat. Geputzt wird durch die neun Stockwerke traditionell schwäbisch: von oben nach unten.

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Im obersten Stockwerk fährt eine Reinigungskraft auf einer Putzmaschine Slalom zwischen den Bücherregalen. Der grüne Farbkleks passt nicht so recht in die sonst weiß gehaltene Bibliothek. „Der Galleriesaal ist urheberrechtlich geschützt, von außen gilt das Panoramarecht“, erklärt Meike Jung, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. Heißt: innen müssen Fotoshootings genehmigt werden. Gerade kommerzielle Aufnahmen werden häufig abgelehnt. Trotzdem ist die Stadtbibliothek ein beliebter Selfie-Spot, Meike Jung spricht von der „meistfotografierten Bibliothek Europas“. Auf der siebten Etage, der Verwaltungsetage, brennt schon Licht. Nadine Meyer hält im Sekretariat die Stellung und genießt die Ruhe, bevor Kollegen und Besucher den Betonwürfel füllen. Christine Brunner hat ihr Büro auch auf der Etage und ist „eine der wenigen, die auch mit hohen Schuhen die Treppe wählt“, so Jung.

7:16

Im zweiten Untergeschoss testet Steffen Aldinger die Notstromanlage. Immer mittwochs läuft das Aggregat für eine Stunde. Getestet werden auch die Sprinkleranlage und die Pumpen, die im Notfall Wasser in alle Teile des Gebäudes pumpen. Aldinger simuliert einen Alarm. Vorher muss er allerdings bei der Feuerwehr Bescheid geben, damit die nicht anrücken. „Wenn ich die Anlage nicht abmelden würde, wären die in drei Minuten da“, so Aldinger. Auch das sei schon einmal vorgekommen. Indem er ein Ventil öffnet erzeugt er einen Druckabfall, die Alarmglocke ertönt und Aldinger nickt zufrieden.

7:52

Die 75 blauen Boxen der automatischen Sortieranlage schleichen schon im gemächlichen Tempo durchs Haus. Jede Box muss einmal durchs ganze Haus fahren, selbst wenn das Buch in die erste Etage geliefert wird – die Anlage besteht aus einem geschlossenen Kreislauf, „Wir haben hier etwa 3500 Fahrten am Tag“, sagt Jeska Paul-Hummel aus der EDV-Abteilung, die die Anlage überprüft. Im dritten Obergeschoss gibt es eine Störung, „wahrscheinlich eine Zeitschrift, die aus einer Box gefallen ist.“ Paul-Hummel schnappt sich das Notfallhandy und eilt los.

8:23

An der Kasse werden die Computer hochgefahren, die Kasse mit Kleingeld bestückt. Ein paar Schritte weiter werden die druckfrischen Zeitungen verteilt. „Hier kommen extrem viele Zeitungsleser her“, sagt Meike Jung. Von deutschen, über englischen bis hin zu arabischen und chinesischen Titeln ist alles vorhanden.

8.27

Die „Bibliothek für Schlaflose“, am östlichen Eingang wurde über Nacht gut genutzt. Einige der Fächer sind leer, jeweils drei Medien liegen in einem Fach. Die Auswahl wird von den jeweiligen Etagen getroffen. Themenwochen, in denen alle Medien zu einem Thema bereit liegen, haben sich nicht bewährt. Darum ist die Auswahl genauso bunt wie das gesamte Angebot der Bibliothek.

8.45

Maik Wortmann schaltet Drucker und Kopierer an und kontrolliert die Medienschränke. In Fach 17 ist ein Laptop kaputt, diese Information geht bei ihm per Mail ein. „Mit den Laptops schreiben die Besucher ihre Bewerbungen, surfen im Internet oder nutzen unsere Datenbanken“, sagt Maik Wortmann. Jedes Gerät wird im Schnitt 4,5 mal pro Tag ausgeliehen. Auch hier ist die Bibliothek Vorreiter. „Es ist erstaunlich, dass die Geräte so lange durchhalten. Wir haben deutlich weniger Verschleiß, als man denken sollte“, erklärt Wortmann. Wird der Rechner vom Kunden nach Gebrauch zugeklappt, werden alle seine Dateien automatisch gelöscht – aus Datenschutzgründen.