SPD-Parteichef Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles erwischt das Jamaika-Scheitern im ungünstigsten Moment. Steuern sie jetzt um? Foto: AP

In der SPD regt sich Widerstand gegen den Neuwahl-Kurs von Schulz. Das ist auch gut so, meint Matthias Schiermeyer.

Stuttgart - Die untergegangenen Jamaikasondierer betreiben ein durchsichtiges Spiel: Kaum ist ihr Einigungsversuch misslungen, wird die Verantwortung an die SPD weitergereicht. Dies lenkt von eigenen Unfähigkeiten ab. Und allen ist bewusst: Das politische Erdbeben erschüttert die Sozialdemokraten im ungünstigsten Moment. Nichts haben sie bisher geklärt. Weder inhaltlich noch personell ist eine tragfähige Ausrichtung erkennbar. Einig war man sich nur darin, dass eine grundlegende Erneuerung und eine echte Abgrenzung zur CDU nur in der Opposition stattfinden kann – eine verständliche Haltung.

Parteien sind zur Durchsetzung gewählt, nicht zur Verweigerung

Doch seit Sonntagabend muss das Motto Willy Brandts Vorrang haben: erst das Land, dann die Partei. Dies erkennen immer mehr Abgeordnete, die von der Basis an ihre Verantwortung erinnert werden. Zur Durchsetzung sozialdemokratischer Positionen wurden sie gewählt, nicht zur Verweigerung. Sie sollen Europa an der Seite Frankreichs einen, anstatt der Instabilität des Kontinents in Deutschland Raum zu geben. Neuwahlen brächten Stagnation, nicht zwingend neue Mehrheiten. So eine Kehrtwende zu organisieren und auf die Union zuzugehen, sei es mit dem Ziel einer Koalition oder einer Minderheitsregierung, erfordert viel Mut von Parteichef Martin Schulz. Doch die Chancen, dass er an der Aufgabe wächst, sind gegeben.