Auf Monty-Python-Niveau: Siegfried (Andreas Klaue) und Kriemhild (Nina Maria Föhr) Foto: Robert Crassie

Hier ist Siegfried ein strahlender Sieger auf dem Schlachtfeld und im Bett: Der Theatersommer Ludwigsburg zeigt „Die Nibelungen“ von Moritz Rinke.

Ludwigsburg - „Tarnkappen gibt es nicht.“ Den schönen Satz sagt Hagen von Tronje (Bernhard Linke), und damit ist schon klar, dass auf der Bühne des Ludwigsburger Theatersommers eine ganz moderne Fassung des Nibelungenliedes zu sehen ist. Und dennoch wird so getan, als gäbe es Tarnkappen. Siegfried aus Xanten verfügt über so ein wunderbares Ding, und das spielt beim Sex mit Brünhild eine große Rolle, mit mörderischen Konsequenzen.

„Siegfrieds Frauen“ und „Die letzten Tage von Burgund“ heißen die beiden Versionen des Nibelungenstoffes von Moritz Rinke aus den Jahren 2006 und 2007. Rinkes Stücke hat Peter Kratz (Regie) auf eine gut zweistündige Fassung mit dem Titel „Die Nibelungen“ eingedampft. In Cluss-Garten schaut man auf hölzerne Zinnen und Rampen (Bühne: Enno Craiss). Darüber wehen vier Fahnen, auf die jeweils eine Person mit Krone und Schwert gedruckt ist. Und schließlich geht es im Stück um Macht und Gewalt, vor allem aber um Liebe und Eifersucht.

Siegfried trägt Plateau-Stiefel

Auftritt Siegfried. Was für ein Typ! Ein kerniges Mannsbild mit blauen Augen und Blondperücke besteigt die Bühne. Andreas Klaue, seit Jahren eine tragende Säule des Ludwigsburger Theatersommers, hat eine trachtenmäßige Lederhose an und spricht ein drollig niederländisches Deutsch. Ganz wunderbar versteht es Klaue, die Siegfried-Figur mit Körper und Stimme so aufzublasen, dass das Blonder-Recke-Klischee amüsant demontiert wird. Siegfried will Kriemhild, Gunther liebt Brünhild, es kommt zur Doppelhochzeit. Siegfried ist ein strahlender Sieger auf dem Schlachtfeld und im Bett, bei Brünhild und Gunther gestaltet sich die Hochzeitsnacht dagegen problematisch. Das kann nicht gut gehen.

Einerseits erzählt Rinke die alte Geschichte und formuliert mit archaischem Pathos, andererseits hat er die Sage modernisiert. So beklagt sich König Gunther (Marius Hubel) über „dieses ganze Gendergequatsche“, und Kriemhild (Nina Maria Föhr) verteilt an das Publikum ein sozialreformerisches Flugblatt. Im romantischen Cluss-Garten läuft eine rasante Mixtur aus schwergewichtiger deutscher Sage und Fantasy-Schmonzette, passagenweise auf Monty-Python-Niveau. Großes Lob muss man den ironisch historisierenden Kostümen von Laura Yoro zollen. Siegfried trägt Plateau-Stiefel, na klar, geht es doch ständig darum, wer gesellschaftlich höher als die anderen steht.

Der alte Nibelungen-Plot hat immer noch Gegenwartsqualität, das erweisen Stück und Inszenierung. Eifersüchteleien, erbitterte Positionskämpfe und kalte Instrumentalisierung von Menschen, das alles ist fraglos aktuell. Männer können starke Frauen nicht aushalten, auch das scheint das Stück zu vermitteln. Sibille Helfenberger spielt die Brünhild gekonnt überzeichnend als eine Frau, die Männer bedroht und so aggressiv ist, dass die Herren Angst bekommen. Ist das im Nibelungenlied kritisch gemeint und damit aus heutiger Sicht frauenfeindlich? Da wird das Stück spannend.

Vorstellungen 29. bis 31. Juli und noch bis zum 20. August.