Die Bewohner beklagen vor allem den schlechten Zustand der Außenanlagen sowie ihrer Kellerräume. Foto: Nina Ayerle

Die maroden Häuser der Ziegelklinge in Heslach sollen von Januar 2016 an endlich saniert werden. Derweil sind die Bewohner verunsichert: Sie fühlen sich schlecht informiert, haben Angst, ausziehen zu müssen und befürchten höhere Mieten.

S-Süd - Von den Außenfassaden bröckelt teilweise der Putz ab, die Pfähle des Wäschetrockenplatzes sind komplett verrostet, ebenso wie die Laternenmasten an den Fußwegen. Aus den Mauern entlang des Hanges brechen Stücke heraus, die Bäume und Büsche auf dem Grundstück könnten wieder einen Nachschnitt vertragen. „Als wir eingezogen sind, hat man uns gesagt, dass der Außenbereich bald wieder in Ordnung gebracht wird“, sagt Ina Arnold, die seit 2009 mit ihrer Familie in einem der 27 Reihenhäuschen in der Siedlung Ziegelklinge in Heslach lebt.

Hätte sie vor fünf Jahren gewusst, dass dies bis heute nicht passieren würde, wäre sie vielleicht gar nicht erst eingezogen, sagt sie. Begeistert hatte sie damals die Nähe zum Wald, der Blick vom Balkon ins Grüne und dass sie zu dritt viel Platz haben in dem Reihenhaus mit 5,5 Zimmern. Arnold möchte deshalb nicht weg aus dem Sandweg.

Ab Januar 2016 saniert die SWSG die Ziegelklinge

Die Besitzerin der Häuser, die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG), plant seit Jahren eine grundlegende Sanierung. Der Plan steht seit mehreren Jahren, lange geschah aber nichts. Der Verfall der denkmalgeschützten Häuser wird langsam sichtbar. Inzwischen gibt es einen Termin für den Start der Arbeiten: Im Frühjahr 2016 möchte die SWSG mit den Modernisierungen der historisch bedeutsamen Siedlung beginnen. Informiert wurden die Bewohner allerdings bisher nicht. „Wir haben es nur in der Zeitung gelesen“, sagt Arnold, ebenso wie zwei weitere Mieter, die nicht namentlich in der Zeitung genannt werden möchten.

Die mangelnden Informationen ärgern die Bewohner. Denn sie haben Angst, dass sie für die Renovierungsarbeiten umziehen müssen. Seit einem Jahr vermietet die SWSG frei werdende Häuser nicht mehr weiter, eine Sanierung in bewohntem Zustand sei für die Mieter nicht zumutbar, hieß es von Seiten des Unternehmens stets. Ein älterer Herr aus dem Sandweg begrüßt zwar die Renovierung, aber aus seinem Haus will er nicht. „Wenn ich bleiben könnte, wäre ich zur Not zufrieden, so wie es ist“, sagt er. Er lebe seit 15 Jahren dort, seine Frau sei 82 Jahre alt, er selbst gesundheitlich angeschlagen. „Ich will nicht mehr umziehen“, sagt er. Auch Arnold wünscht sich lediglich eine angemessene Instandhaltung der Häuser und des Außenbereichs.

SWSG ändert Pläne auf Drängen der Mieter

Die SWSG hat deshalb ihre Pläne noch einmal geändert und plant die Sanierung nun in zwei Bauabschnitten. Die Abschnitte sollen nacheinander abgearbeitet werden. „Damit tragen wir dem absehbaren Wunsch einiger Mieter Rechnung, in der modernisierten Siedlung zu leben“, sagt SWSG-Pressesprecher Peter Schwab. Die Mieter hätten so die Möglichkeit, wenn ein Bauabschnitt fertig ist, aus ihrer nicht modernisierten in eine bereits sanierte Wohnung zu ziehen, so Schwab.

Klar sei allerdings, dass durch eine Sanierung in zwei Schritten zusätzliche Kosten entstünden. Nach Aussage der SWSG würde man dies jedoch auf sich nehmen, um den Mietern einen Umzug zu ersparen.

Die geplanten Baumaßnahmen erfolgen in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt. Im Zuge der Sanierung sollen nach Informationen dieser Zeitung nicht nur die Außenfassaden und -anlagen verschönert, sondern auch im Inneren der Häuser umfangreiche Renovierungsarbeiten vorgenommen werden. So sind die Bäder teilweise nicht mehr zeitgemäß, die gesamte Elektroverkabelung soll erneuert, die alten Heizungen ersetzt und das Abwassernetz komplett neu aufgebaut werden.

Die SWSG plant nun im neuen Jahr , die Mieter über konkrete Details des Projekts und über die Höhe der zukünftigen Mietenzu informieren. „Wir planen in der Ziegelklinge aber definitiv keine Luxussanierung“, betont Schwab.

Architektonisch bedeutsames Krankenlager

Historie
Erbaut wurden die fünf dreigeschossigen Wohnhäuser im Sandweg und in der Sperlingstraße im Jahr 1929 nach einem Entwurf des Architekten Albert Schieber. Angelegt wurde die Siedlung für Tuberkulosekranke, weil die Heslacher Luft in den 1920ern als besonders gut galt. Die Kranken konnten so in der Nähe ihrer Familie sein. Bis heute ist die Ziegelklinge auch als „Hustenburg“ bekannt. Die Obere Denkmalbehörde stuft die Bedeutung der Häuser ähnlich ein wie die Weißenhofsiedlung.

Preise
Die Mieten für die denkmalgeschützten Häuser sind im Stuttgarter Vergleich niedrig. So kostet zum Beispiel ein 100 Quadratmeter großes Haus im Sandweg derzeit monatlich 772,65 Euro, hinzukommen rund 170 Euro an Betriebskosten.