Trockenheit in den Weinbergen: Rolf Berner vom Collegium Wirtemberg verbindet Schläuche, um die Reben mit der sogenannten Tröpfchenbewässerung zu versorgen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Heiße Nächte und noch heißere Tage: Derzeit zeigt sich der Sommer von seiner besten Seite. Menschen, die im Freien körperlich arbeiten müssen, leiden aber oft unter dem Wetter.

Stuttgart - Die hochsommerliche Hitze macht vielen Menschen zu schaffen - einige müssen sogar doppelt schwitzen.

Heißes Blechdach

Mehmet Keskin, Geschäftsführer von Keskin Bedachungen, bekam zur Mittagzeit einen Anruf. Es war ein Mitarbeiter. „Chef“, sagte der Dachdecker, „ich kann nichts mehr machen, ich bleibe auf den Teerbahnen kleben“. Keskin schickte daraufhin seine Mannschaft nach Hause. „Klar, wir machen viel mit Feuer, und es ist auch so schon extrem heiß dort oben auf dem Dach“, sagt er. Bei der momentanen Hitze helfe es nur, früh morgens anzufangen. Derzeit sei in seinem Betrieb Arbeitsbeginn um 5 Uhr in der Früh – statt wie gewohnt um 6.30 Uhr. Dafür sei um 13 oder 14 Uhr Schluss. Wenn es einem Mitarbeiter wegen der Hitze gesundheitlich nicht gut geht, schicke er ihn nach Hause. „Auf dem Dach darf es keinem schwindelig sein. Es liegt schließlich auch in meinem Interesse, die Gesundheit meiner Mitarbeiter zu erhalten“, sagt Keskin.

Heißer Dampf

Auch in den Küchen der Mensen des Studierendenwerks Stuttgart geht es derzeit besonders heiß her. Denn in der Küche entstehen durch das Kochen Wärme und Wasserdampf, was zu einer Schwüle führt. Mit Dunstabsaugung und Zufuhr frischer Luft durch die geöffneten Fenster – natürlich mit Fliegengittern – würde der subtropischen Luft bestmöglich entgegengewirkt, sagt Melanie Westphal, Leiterin Marketing des Studierendenwerks. An solch heißen Tagen hole das Küchenteam freilich besonders gerne Warennachschub aus den großen Kühlhäusern. Darüber hinaus wiesen die Küchenleiter an sommerheißen Tagen ihre Teams darauf hin, ausreichend zu trinken – das Studierendenwerk Stuttgart stelle allen Beschäftigten das ganze Jahr über kostenfreie Getränke zur Verfügung, so Westphal. Auf Wunsch der Belegschaft seien alle Beschäftigten der Gastronomie vor einiger Zeit mit neuer Arbeitskleidung ausgestattet worden. Nun trägt man im Sommer kurzärmelige Poloshirts, deren Material bei Hitze angenehmer zu tragen ist als die langärmeligen Kochjacken, die man im Winter bevorzugt.

Heißer Feger

Auch die Männer, die man im Sommer besonders dringend braucht, weil sonst in der glühenden Sonne der Müll schnell zum Himmel stinken würde, leiden unter der Hitze. Den Müllmännern, die hinten auf den Fahrzeugen der AWS mitfahren, brennt den ganzen Tag lang die Sonne auf den Kopf. Zudem müssen sie die Mülleimer leeren – eine schwere körperliche Arbeit. Die leisten auch die Männer von der Straßenreinigung. Corinna Fälschle, Assistentin der Geschäftsführung bei der AWS, weiß, dass die Männer sehr unter den Hitzetagen leiden, da „die körperliche Belastung sehr hoch ist und durch die Hitze noch verstärkt wird“. Deshalb nehmen sie es laut ihr auch dankbar an, dass bei sehr hohen Temperaturen über 30 Grad Celsius und einer hohen Ozonbelastung der Arbeitsbeginn für Mitarbeiter der Müllabfuhr und Straßenreinigung um eine Stunde von 6.45 auf 5.45 Uhr vorverlegt wird. Die AWS bietet ihnen zudem Gratisgetränke wie Mineralwasser und Tee, sie stellt eine Kopfbedeckung sowie spezielle Funktionskleidung für den Sommer und Sonnencreme.

Heiße Ernte

André Redlich ist ebenfalls schon früh auf den Beinen – oder auf Händen und Füßen. Denn Redlich ist als Gärtner beim Garten-, Friedhofs- und Forstamt im Höhenpark Killesberg tätig. Und bei den heißen Temperaturen heißt es vorrangig: Unkrautjäten und wässern. Derzeit ist für die Stadtgärtner bereits um 6 Uhr Arbeitsbeginn – statt um kurz vor 7 Uhr. Zudem würden die körperlich besonders anstrengenden Arbeiten wenn möglich in die Morgenstunden verlegt, sagt Hagen Dilling, der stellvertretende Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamts. Auch würde allen Mitarbeitern Sonnencreme zur Verfügung gestellt werden sowie – ab einer bestimmten Temperatur, die bei knapp unter 30 Grad Celsius liege – Freigetränke: der sogenannte „Hitzesprudel“. Auch die Arbeitskleidung sei der Witterung angepasst: Die Gärtner tragen Shorts, die Forstarbeiter eine Schnittschutzhose aus leichterem Stoff.

Heißer Reifen

Fahrrad fahren, mit großen Lasten – und dann auch noch in Stuttgart? Da kommt man schon an normalen Tagen und nur beim Gedanken daran ins Schwitzen. Doch bei den Temperaturen? Das kann nicht gut gehen! „Doch“, sagt Sebastian Bühler, Niederlassungsleiter von Velocarrier in Stuttgart. Denn seine Angestellten fahren nicht allein mit Muskelkraft, sondern mit E-Bikes. „Anders ginge das bei Lasten mit bis zu 250 Kilo auch sonst nicht“, sagt er. Erleichternd komme hinzu, dass die Schichten mit fünf Stunden recht kurz seien und die Fahrer jederzeit Pausen einlegen könnten. Trotzdem stelle man ihnen kostenlos Wasser zur Verfügung.

Heiße Nachrichten

Auch bei der BW Post haben manche Briefaussteller das Glück, ein E-Bike oder einen Motorroller fahren zu dürfen. Es gibt aber auch jene, die fußläufig einen großen Wagen vor sich herschieben müssen. „Diese Mitarbeiter sind sicherlich am stärksten der Sonne und Hitze ausgesetzt“, sagt Uwe Stegmeyer, Leiter Zustelllogistik bei der BW Post. In der Regel hätten die Briefzusteller zwischen 300 und 500 Sendungen zu verteilen, die Arbeitszeit liege bei vier bis sechs Stunden. Hinzu kämen eineinhalb bis zwei Stunden, die die Angestellten im Depot zubringen würden, wo die Briefe sortiert werden. „Dort ist es kühl – und dort bekommen unsere Mitarbeiter auch Getränke und oft auch Obst umsonst“ sagt Stegmeyer. Den Austrägern mache die Hitze aber nicht allzu viel aus: „Die Menschen, die den Beruf ausüben, sind körperliche Arbeit gewohnt – und sie sind wetterresistent“, sagt Stegmeyer.