Diana Krall – gesehen von dem Popsänger und Fotografen Bryan Adams. Foto:  

Jazzerin Diana Krall (50) sprengt in der Stuttgarter Liederhalle musikalische Grenzen. Die Sängerin überzeugt mit ruhiger, schwereloser Sinnlichkeit und begeistert ihre Fans.

Stuttgart. Die Erinnerungen stehen auf der Bühne: Große, nostalgische Musikboxen zu beiden Seiten, matt erleuchtet. Diana Krall singt und spielt die Musik, mit der sie aufwuchs, die sie im Radio höre. Auf „Wallflower“, dem jüngsten Album der Kanadierin, verwandeln sich Songs von Bob Dylan, von Elton John und den Eagles elegant in Jazz.

Als Diana Krall am 7. Oktober im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle spielt, vermischen sich die privaten Erinnerungen mit vielen Standards von Nat King Cole und Momenten, in denen die Rockmusik kraftvoll in diese Welt einbricht.

Die Sängerin lässt sich nicht auf Klischees reduzieren

Oft geht dieser harsche Kontrast auf das Konto des Gitarristen Anthony Wilson. Wilson begleitet Diana Krall schon seit vielen Jahren; er beherrscht das schnelle, wendige Spiel auf der Jazzgitarre ebenso, wie den harten, schneidenden Blues. Neben ihm sitzt Stuart Duncan, der die Geige spielt, oft nur leise glänzende Nuancen zur Musik hinzu fügt, aber auch seinen großen Auftritt als Fiddler hat. Patrick Warren am Keyboard und Dennis Crouch am Kontrabass vervollständigen die Band, die gemeinsam mit Diana Krall weit in jede Richtung gehen kann - hin zum Swing, zum jazzigen Kammerpop, zum Blues, zu dem ruhigen, mitternächtlichen Barjazz, der Diana Krall Ende der 1990er Jahre bekannt machte.

Die Sängerin mit der rauchigen Stimme, 50 Jahre alt nun und seit 2003 verheiratet mit Elvis Costello, will sich auf dieses Klischee nicht reduzieren lassen. Sie schwelgt in ihren Melodien, so sehr, wie sie auf ihrem neuen Album in der Nostalgie schwelgt, aber sie bricht immer wieder aus - und das kann auch leise und bedacht geschehen.

Die Diva gönnt auch der Band den ganz großen Auftritt

Zum Kernstück des Stuttgarter Konzertes wird ihre Version eines Tom-Waits-Songs: „Temptation“, die hysterisch-lüsterne Rumba aus dem Album „Frank’s Wild Years“, erhält einen wuchtigen Rhythmus, bietet Platz für viele Soli. Diana Krall wechselt vom Flügel zum Keyboard und zurück, das Thema löst sich auf - ein wildes Gebräu, ein Puzzle, in dem irgendwo auch eine andere Melodie von Tom Waits herumzuirren scheint: „You’re innocent when you dream“.

Die Band, die hier alle Register zieht, tritt aber oft auch ganz hinter Diana Krall zurück und verlässt schließlich sogar für einige Songs die Bühne. Songs wie Joni Mitchells „A Case of you“ singt Krall mit ruhiger, schwereloser Sinnlichkeit.

Immer wieder taucht in ihrem Spiel Unvorhergesehenes auf, entwickelt sich ein Stück plötzlich in andere Richtungen, findet wieder zu sich zurück.

Diana Krall kam, um in Stuttgart ohne Pause 90 Minuten zu spielen - sie bleibt fast zwei Stunden, zeigt mehr und mehr Temperament, auch Humor. Mit dem Wiegenlied von Johannes Brahms (sie liebt es, sie ist Mutter), will sie die 1800 Menschen, für die sie spielt, jedoch nicht nach Hause schicken. „Exactly like you“ und „The Boulevard of Broken Dreams“ müssen noch folgen.