Marianne und Ernst Siegle sind seit 60 Jahren verheiratet. Die Glückwünsche der Stadt hat Klaus Geromiller (li.) vom Weilimdorfer Bezirksamt überbracht. Foto: Martin Braun

Marianne und Ernst Siegle haben in der vergangenen Woche die diamantene Hochzeit gefeiert. Die Eheleute sind seit 60 Jahren verheiratet. Dabei galt es am Anfang eine Hürde zu nehmen.

Weilimdorf - Die Sektgläser, mit denen im Albatrosweg auf den 60. Hochzeitstag von Marianne und Ernst Siegle angestoßen wird, sind dem Anlass mehr als angemessen: Noch als ledige junge Dame hatte die heute 82-jährige Marianne Siegle die Gläser einst gekauft. Damit nicht nur die Mitgift, sondern auch die Ehe mehr als 60 Jahre lang hält, müsse man oft tolerant sein, sagt Ernst Siegle. „Man kann ja nicht jeden Tag Sonnenschein haben“, ergänzt seine Frau. Sie hätten gute Zeiten und schlechte Zeiten gemeinsam erlebt.

Die Brautmutter hat die Situation erklärt

Schwierige Zeiten haben die Siegles schon durchgemacht, noch ehe sie geheiratet haben. Beide sind in Stuttgart geboren und aufgewachsen, er im Habichtweg in Heslach, sie in der Olgastraße. Kennengelernt hatten sich die beiden auf einer Hochzeitsfeier von gemeinsamen Bekannten. „Das ist ein rechts Mädle“, habe er damals gedacht, erzählt der 89-Jährige. Und auch seine Frau fand ihn vom ersten Augenblick an sympathisch. „Aber als dann ein kleines Mädchen gekommen ist und ‚Papa‘ zu ihm gesagt hat, war’s erst mal aus“, erzählt Marianne Siegle. Was sie da noch nicht wusste: Ernst Siegle war damals geschieden und alleinerziehender Vater, seine erste Frau hatte ihn und das gemeinsame Kind verlassen. Die Brautmutter hat die Situation dann stante pede erklärt – und dem jungen Glück so den Weg bereitet.

Im Januar 1955 hat Marianne Siegle ihren Zukünftigen erstmals zu Hause besucht: in der Wohnung, in der die beiden heute noch leben. Noch im gleichen Jahr am 5. November wurde geheiratet. „Wir haben eine schöne, große Hochzeit gefeiert“, erzählt Ernst Siegle. Vormittags war die standesamtliche Trauung, anschließend hatte die Braut einen Friseurtermin im Salon eines Jugendfreunds von Ernst Siegle und dann gaben sich die beiden in der Leonhardskirche das Ja-Wort. „Und abends haben wir mit ungefähr 120 Gästen gefeiert“, erzählt Ernst Siegle.

Unter anderem sei der Jungmädchenverein der Leonhardsgemeinde dazugekommen, in dem seine Frau lange Jahre aktiv gewesen ist – und dessen Leiterin gegen ihre Beziehung gewesen sei, weil er schon einmal verheiratet war: „Die hat immer auf die Moral gepocht.“ Dabei habe sie es bei sich selber nicht immer so streng genommen, sagt Ernst Siegle. Doch mit manchen Kameradinnen von damals ist seine Frau heute noch befreundet.

Mit Prominenten in Kontakt gekommen

Andere langjährige Freundschaften sind während der zahlreichen Reisen entstanden, die die Siegles unternommen haben. Im Stubaital etwa waren sie lange Jahre wandern, oft mehrmals jährlich. „Wir haben Hochtouren gemacht bis auf 3200 Meter, als es noch nicht so erschlossen war“, erzählt Ernst Siegle. Als seine Frau damals mit dem Skifahren angefangen hat, habe es ihm, der es schon während des Kriegs beim Militär gelernt hatte, auch wieder Spaß gemacht. In Hamburg, Budapest und Wien haben sie Musicals besucht – und natürlich auch in Stuttgart, wo Ernst Siegle als Leiter der Unfallinstandsetzung bei Auto-Staiger immer wieder als Ehrengast eingeladen war. Mit einigen Prominenten sei man dort in Kontakt gekommen, sagt Siegle: Mit dem einstigen Generalbundesanwalt Kurt Rebmann etwa oder mit Jogi Löw, als der noch den VfB Stuttgart trainiert hat. Auch mit dessen früheren Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder und seinem Kickers-Pendant Axel Dünnwald-Metzler sei er dort ins Gespräch gekommen: „Die haben uns Sachen erzählt, wie’s läuft.“ So habe man damals Sportschuhe und ähnliches an die afrikanischen Verbände verschenkt, anstatt wie heute Schmiergeld in Millionenhöhe zu bezahlen.

Manchen Urlaub haben die Siegles auch etwas beschaulicher verbracht, beispielsweise die Schweiz mit dem Glacier- und mit dem Bernina-Express bereist. „Heute können wir nirgends mehr hin, außer ins Muckenstüble“, sagt Ernst Siegle. Dort wird mit einigen Gästen die Diamantene Hochzeit weitergefeiert.