Jubeltraube: Die VfB-Profis Christian Gentner, Antonio Rüdiger, Ibrahima Traoré, Vedad Ibisevic (oben, v. li.), Arthur Boka, Gotoku Sakai, Martin Harnik und Alexandru Maxim Foto: Pressefoto Baumann

Was für eine Stimmung, was für eine Spannung – und was für ein Jubel. Der VfB Stuttgart steht nach dem 2:1-Sieg über den SC Freiburg im Endspiel um den DFB-Pokal. Dort stehen die Chancen gegen den FC Bayern eher schlecht – doch das interessierte am Mittwochabend nicht einmal am Rande.

Stuttgart - Es gibt Menschen, die sagen, dass sie den Fußball genau wegen solcher Minuten lieben. Aber: Es sind auch Minuten des Leidens. Die VfB-Spieler kämpften, sie opferten sich auf, die Kräfte schwanden – und wer mit den Profis in Weiß und Rot litt, der befürchtete das Schlimmste. Nämlich dass dem SC Freiburg doch noch der Ausgleich gelingt. Noch 15 Minuten, noch zehn, dann waren die 90 Minuten rum, es gab drei obendrauf, doch dann war es so weit – und all die Kraft schien plötzlich wieder zurück.

Die Jungs des VfB, ihr Trainer und alle Betreuer stürmten auf den Rasen, sie fielen übereinander her, bildeten Knäuel des Jubels – weil sie wussten: Es hat tatsächlich gereicht. 2:1 gegen den SC Freiburg, den knappen Vorsprung über die Zeit gerettet, sich für einen großen Kampf belohnt – und: gleich zwei Ziele erreicht. Der VfB steht nach dem Sieg über die Freiburger zum ersten Mal seit 2007 und zum sechsten Mal insgesamt im Endspiel um den DFB-Pokal, das am 1. Juni im Berliner Olympiastadion stattfindet. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“, schrie VfB-Torhüter Sven Ulreich in das Stadionmikrofon. Und Sportvorstand Fredi Bobic sagte mit strahlenden Augen: „Das bedeutet unheimlich viel für uns.“

5,5 Millionen Euro ist der Siegeszug im DFB-Pokal wert

Quasi als Zugabe zur Finalteilnahme gibt es die erneute Qualifikation für das internationale Geschäft, da der Endspielgegner, der FC Bayern München, bereits für die Champions League qualifiziert ist. Und ein paar zusätzliche Einnahmen hat die Mannschaft durch diesen Sieg über den badischen Rivalen auch generiert. 5,5 Millionen Euro ist der Siegeszug im DFB-Pokal mittlerweile wert, was Fredi Bobic am Mittwochabend allerdings nur mit einem lässigen Lächeln registrierte. „Das“, sagte er, „interessiert mich heute überhaupt nicht.“ Im Vordergrund stand etwas anderes: „Die Jungs sollen einen draufmachen, das haben sie sich verdient.“ Und zwar vom Anpfiff weg.

In einer richtig starken Anfangsphase überraschte der VfB den sonst so gut organisierten SC Freiburg mit viel Druck und guten Kombinationen. Der Lohn für Mut und Konsequenz: das 1:0 durch Arthur Boka in der 9. Minute. Dumm nur, dass die Freude zunächst nur kurz hielt. Bereits vier Minuten später nutzte Jan Rosenthal eine Lücke in der Stuttgarter Abwehr, schüttelte Boka ab und dämpfte die aufgeheizte Stimmung jäh mit dem 1:1. Allerdings nur kurz. „Die Atmosphäre war ein Traum“, schwärmte Bobic. Und sie motivierte sein Team, eine kleine Schwächephase unbeschadet zu überstehen, wieder Druck aufzubauen und vor der Pause noch einmal zuzuschlagen. Eine Flanke von Christian Gentner drückte Martin Harnik per Kopf unter die Latte. „Wir haben vieles richtig gemacht“, freute sich VfB-Trainer Bruno Labbadia. Auch nach der Pause.

„Wir können alles. Auch Berlin“

Da kontrollierte der VfB zunächst das Geschehen, bevor dann die knisternde Schlussphase mit zahlreichen Freiburger Angriffen begann – die wenig später mit einer wahren Explosion der Gefühle endete. „Wir haben ein Riesenspiel gemacht“, jubelte Ulreich. „Stuttgart war klar besser heute“, lobte SC-Trainer Christian Streich. „Es war ein packender Fight“, sagte Labbadia und ergänzte: „Diese Mannschaft geht immer wieder an Grenzen.“ Und auch darüber hinaus.

So wie im Anschluss an die Partie gegen Freiburg, als in der ausverkauften Mercedes-Benz-Arena eine freudentrunkene Feier begann. Die Mannschaft streifte sich die Final-T-Shirts mit der Aufschrift „Wir können alles. Auch Berlin“ über, tanzte ausgelassen vor der Cannstatter Kurve – und wusste doch: Womöglich steigt die ganz große Party ja erst in ein paar Wochen in Berlin.