iPod-geführter Wanderweg mit Hörstationen: Die Hörcollagen machen selbst bewegungsfaulen Kindern Beine. Foto: Cyris

In der Eifel gibt es einen Waldweg, der sich hören lassen kann: Wanderer lauschen per iPod.

Es geht bergauf. Links und rechts ein bisschen Gestrüpp. Im Rücken der Wanderer das Örtchen Bollendorf, ein paar Felder und Wiesen. Keine Menschenseele zu sehen. Es riecht nach feuchter Erde. Nun ja, eine Wald-und-Wiesen-Kulisse in jeglicher Hinsicht. Ein Weg, der Kinder schon nach wenigen Gehminuten fragen lässt, wie lange denn die Wanderung noch dauern möge.

Links und rechts im Wald Buchen, Fichten, Eichen. Was soll man von einem deutschen Wald auch anderes erwarten? Sonnenstrahlen blinzeln durch das Blätterdach. Es riecht nach Laub. Eine Szenerie wie hunderttausend andere. Scheinbar.

Denn im Wald über Bollendorf muss man einfach nur den Schalter umlegen. Genauer gesagt, seinen iPod einschalten, samt Lautsprecher. Und schon wird aus der Wanderung ein Event. Affengeschrei inklusive. Auf die tierischen Geräusche folgt eine Stimme: „Schauen Sie nach rechts oben. Da sehen Sie einen Felsen. Menschen, die Fantasie haben, entdecken in diesem Felsen ein Affengesicht.“

Nebenbei bekommen die Zuhörer viel Spannendes und Wissenswertes serviert. Etwa, dass der Sandstein aus der Bollendorfer Gegend ein wertvolles Baumaterial war, und dass der steinerne Sockel, auf dem die berühmte Brunnenfigur Manneken Pis in Brüssel steht und pinkelt, aus dem kleinen Örtchen in der Südeifel stammt.

Wir befinden uns auf dem Wanderweg Grüne Hölle, direkt an der Grenze zu Luxemburg, im deutsch-luxemburgischen Naturpark. Hier wurde eine der allerersten iPod-Wanderungen Deutschlands eingerichtet, auch Audiotour, Lauschtour oder Hörwanderung genannt. Wer dabei an Audioguides denkt, wie sie etwa in Museen zum Einsatz kommen, mit knochentrockenem Lexikon-Sprech in oberlehrerhaftem Tonfall, der ist auf dem Holzweg.

„Wir haben die Sache möglichst lebhaft und authentisch gestaltet“, sagt Marco Neises, „so, als sei man mit einem Wanderführer unterwegs.“ Gleichzeitig sollen die Hörfetzen nicht zu lang geraten, um das Naturerlebnis nicht zu beeinträchtigen. „Unsere Audiotour ist keine lärmende Dauerbeschallung, sondern einfach ein kleiner, aber vielleicht entscheidender Mehrwert.“ Neises ist Initiator der Bollendorfer Audiotour. Er selbst ist ein Bollendorfer Jung und saß als Radiomoderator vorm Mikrofon. Er spricht die meisten Texte selbst, lässt aber auch Dorfbewohner zu Wort kommen.

Marco Neises rannte mit seiner Idee einer Hörwanderung beim örtlichen Verkehrsverein offene Türen ein. „Unser Wald ist ein Outdoor-Museum“, sagt er, „und wir liefern dazu hörbare Informationen.“ Auch die Altgedienten und Konservativen unter den Touristikern erkannten das Potenzial der Idee, mit den iPods verstärkt jüngere Gäste in den Luftkurort zu locken. Obwohl sich einige Entscheider erst einmal erklären lassen mussten, was überhaupt ein iPod ist.

„Kommste klar damit, Opa?“ Kurt Allar grinst wie ein Laus(ch)bub, als er sich an den Kommentar seiner Enkel erinnert, die nicht glauben konnten, was ihr Großvater da in der Hand hielt: einen nigelnagelneuen iPod.

Der 70-Jährige ist Vorsitzender des Verkehrsvereins. Die iPods sind für ihn das Ei des Kolumbus. Aus touristischer Sicht. Denn auch in Bollendorf gilt: Die Zahl der Stammgäste dünnt altersbedingt aus, und junge Urlauber wollen heutzutage bespaßt werden, um überhaupt auf Trab zu kommen.

Der iPod macht selbst bewegungsfaulen Kids Beine: An den zehn Hörstationen warten Infos in Form von kurzweiligen Hörcollagen. Etwa über den Namensgeber des Wanderwegs, die Grüne Hölle im Wald von Bollendorf. Eine weibliche Stimme erzählt: „Die Hölle ist so grün, weil hier ganz bestimmte Pflanzen wachsen, Moose, Algen, Flechten. Die Felswände sind sehr feucht, an manchen Stellen sogar ganz nass. Das liegt daran, dass der Sandstein Wasser aufsaugt wie ein Schwamm.“ Das Ganze ist unterlegt mit diabolischen Höllengeräuschen und gespenstisch knarzenden Baumstämmen.

Das kleine Bollendorf verfügt über beachtliche 120 Kilometer Wanderwege. Doch die Grüne Hölle ist laut Kurt Allar das Sahnestück der Region. Je weiter man in den Wald eintaucht, desto deutlicher wird, warum. Etwa wegen der Aussichtspunkte mit Panoramablick Richtung Luxemburg. Aber vor allem wegen der vielen mächtigen, bizarren Sandsteinblöcke. An ihnen sind 1-a-Motive für Caspar David Friedrich verloren gegangen. Vermutlich hat der Maler die Eifel aber nicht einmal gekannt – zu dessen Lebzeiten galt sie als vergessener Landstrich.

Nach den Anstrengungen haben sich die Wanderer einen Schnaps verdient – einen Bolli. Auch hierzu weiß der iPod etwas zu sagen: „Ich habe eine Flasche mitgebracht. Einen Bollendorfer Apfelschnaps. Damit der nicht in die Beine geht, sollte das Gläschen nicht zu groß sein. Zum Wohl!“

Bollendorf

Anreise
Von Stuttgart A81 Richtung Heilbronn, A6 Richtung Mannheim, A1 Richtung Trier. Am Dreieck Moseltal in Richtung Luxemburg einfädeln. An der zweiten Ausfahrt auf B51/A64 wechseln bis Ausfahrt Ralingen. Richtung Ralingen, Echternacherbrück, Bollendorf.

Audiotour Grüne Hölle
Die Tour beginnt oberhalb des Waldhotels Sonnenberg, Wanderparkplatz vorhanden. Die Strecke ist gut ausgeschildert und circa zehn Kilometer lang. Inklusive Hörpausen sollten rund vier Stunden einkalkuliert werden. Festes Schuhwerk erforderlich. iPods können beim Verkehrsverein ausgeliehen werden (4,50 Euro), außerdem in Hotels und Pensionen.

Übernachten
Einen herrlichen Blick auf Luxemburg und das Grenzflüsschen Sauer bieten die alterwürdigen Gemächer im Hotel Burg Bollendorf. Pro Person im DZ ab 41 Euro inkl. Frühstück, www.burg-bollendorf.de

Wohnen beim Vizebürgermeister von Bollendorf:
Im Ferienhaus von Kurt Allar herrscht eine gesellige Atmosphäre, hier können auch iPods für die Hörwanderung ausgeliehen werden. Pro Person im DZ ab 22,50 Euro inkl. Frühstück.
Ein Tipp für Familien ist das Jugendgästehaus, in dem auch kleine Kinder willkommen sind. GPS- und iPod-Verleih im Haus. Pro Person im Mehrbettzimmer ab 18,90 Euro, www.diejugendherbergen.de

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall lohnt sich ein Abstecher nach Luxemburg für preisbewusste Autofahrer. Ein Liter Superbenzin kostet dort derzeit circa 20 Cent weniger als in Deutschland.

Die Südeifel ist Heimat eines der berühmtesten sogenannten Fernsehbiere – es ist allgegenwärtig. Bierliebhaber sollten ihren Hang zur Vielfalt im Glas deshalb besser für ein paar Tage auf Eis legen.

Allgemeine Informationen
Offizielle Seite des Verkehrsvereins von Bollendorf: www.bollendorf.de.
Offizielle Seite der Naturparkverwaltungen www.deutsch-luxemburgischer-naturpark.info und www.naturpark-suedeifel.de