Der zehnte Stock des 25 hours Hotels am Berliner Zoo ist ein toller Platz, um die Aussicht zu genießen. Foto: Hotel

Neue Galerien, Luxushotels und Restaurants haben die Berliner West-City aus dem Dornröschenschlaf geholt. Dazwischen hat auch manch alte, liebenswerte Institution die Zeiten des Stillstands überlebt.

Berlin - Berlin, Kurfürstendamm, Ecke Uhlandstraße: Da sitzen sie auf der Terrasse der Konditorei Möhring, lassen sich die Sonne ins Gesicht scheinen und schauen dem Treiben auf dem Ku’damm zu. Sehen und gesehen werden. Wie es hier einst gang und gäbe war. Doch damit ist es längst vorbei. Überlebt haben davon nur Fotos wie dieses, das bis vor kurzem in der Ausstellung „West: Berlin - eine Insel auf der Suche nach Festland“ im Stadtmuseum zu sehen war. Die Schau ließ die Zeit von den 1950er Jahren bis zur Wende Revue passieren, als die Gegend um den Kurfürstendamm das Schaufenster des Berliner Westens war. Als man sich im Café Kranzler, der Witwe Bolte oder dem Diener mit seinem legendären Tattersaal traf. Als die Filmfestspiele noch im Zoo-Palast eröffnet wurden, Stars wie Claudia Cardinale oder Gina Lollobrigida Glamour verbreiteten, David Bowie im Dschungel auftrat und die Kulturbeflissenen in Peter Steins Schaubühne oder die Deutsche Oper in der Bismarckstraße pilgerten.

Dann kam die Wende. Und alle blickten nach Osten. Galerien, Gastronomen, Hotelketten - alle wollten nach Mitte, Prenzlauer Berg oder Friedrichshain. Der verwaiste Westen galt als verstaubt. Angeranzt. Uncool. Die 1950er- und 1960er-Jahre-Bauten gammelten vor sich hin, rund um den Bahnhof Zoo sah es alles andere als appetitlich aus. „Deshalb hat sich damals die AG City gegründet“, erklärt deren Vorstandsvorsitzender Klaus-Jürgen Meier. Mal versuchte sie, die Gegend mit einer großen Modenschau, mal mit einer Oldtimer-Rallye zu beleben. Dabei erntete sie auch so manchen Spott. „Aber gucken Sie sich jetzt mal den Ku’damm an!“, meint der Manager, „wie es da vorangeht.“ Schon als der Boulevard 2011 seinen 125. Geburtstag feierte, war die Renaissance der West-City zu spüren.

Von Uniqlo über Mano Verde bis zum Apple Store

Rundum hatten das Swissôtel, das Sofitel und das Ellington, außerdem Designer-Herbergen wie das Ku’Damm 101 oder das Q! eröffnet. Gegenüber vom Bahnhof Zoo hatte das Museum für Fotografie mit der Helmut-Newton-Stiftung das neoklassizistische Offizierskasino bezogen, die Astor Filmlounge war zum neuen Mekka der Cineasten geworden. Seitdem schießt nun ein Trendlokal oder -laden nach dem anderen aus dem Boden. Vom Flagshipstore des japanischen Modelabels Uniqlo über Mano Verde, Berlins Vorreiter in Sachen veganer Küche, bis zum Apple Store, in dem nicht nur kultige Produkte präsentiert werden, sondern Iris Berben, Hannah Herzsprung und Palina Rojinski auch über ihre Rollen in Anika Deckers „Traumfrauen“ plaudern.

Das altehrwürdige Haus Cumberland ist mit einer Mischung von Läden, Wohnungen und einem eleganten Kaffeehaus Treffpunkt der Charlottenburger Society geworden, und auch das alte Bikini Berlin aus den 1950er Jahren hat seinen Grauschleier abgelegt. Anders als in sonstigen Einkaufszentren begegnet man in der Concept Mall wenig bekannten Labels, dafür temporären Pop-up-Stores und Berliner Designern wie Anna Kraft oder BAM Berlin. Gleich daneben setzt das 25 hours Hotel völlig neue Akzente in der Stadt. Wild wie ein Dschungel wollen die Zimmer sein, in denen die eine oder andere Hängematte baumelt. Im zehnten Stock des Hauses ist das Restaurant Neni mit der Monkey Bar zum neuen Hotspot geworden, wo man durch riesige Panoramafenster auf das Affengehege des Berliner Zoos hinunterblickt. Kein schlechter Platz, um bei einem Cocktail die Sonne über Berlin untergehen zu sehen! Apropos Zoo: Dessen Tiere zieren - in lederner Ausfertigung - auch das gleichnamige Hotel, das kürzlich sein glamouröses Comeback am Ku’damm gefeiert hat. Erst herrschaftliches Wohnhaus, später Hotel, waren hier in den 1950er bis 1970er Jahren Schauspielerinnen wie Romy Schneider, Sophia Loren und Elizabeth Taylor zu Gast.

Nun punktet es in der Szene mit der Bar Grace, die sich mit grünen Sesseln, einem Tresen aus Amethyst und viel Blattgold als Hommage an Grace Kelly versteht. Ein paar Schritte weiter wurde mit dem Hotel am Steinplatz ein weiterer architektonischer Schatz gehoben. Hinter der restaurierten Stuckfassade des Jugendstilbaus, in dem einst Stars wie Zarah Leander, Brigitte Bardot und Luciano Pavarotti logierten, ist wieder Fünf-Sterne-Komfort eingekehrt. Flaggschiff der Westberliner Hotellandschaft ist aber das Waldorf Astoria im 118 Meter hohen Zoofenster. General Manager Gregor Andreewitsch ist stolzer Herr über 232 Zimmern und Suiten, die einen atemberaubenden Blick über die Skyline der Metropole bieten. „Erst hieß es: tolles Produkt, aber schlechte Lage“, erinnert er sich.

Auf zu kulinarischen Höhenflügen!

„Aber das hat sich total geändert. Wobei wir auch dazu beigetragen haben, die Gegend zu beleben.“ Mit dem Romanischen Café zum Beispiel, mit dem man an die 1920er Jahre anknüpfen will, als in einem Etablissement gleichen Namens Literaten wie Else Lasker-Schüler, Erich Kästner oder Joachim Ringelnatz verkehrten. Oder mit dem Gourmet-Restaurant Les Solistes in der ersten Etage, in dem Roel Lintermans unter der Ägide des französischen Starkochs Pierre Gagnaire einen Michelin-Stern geholt hat. Einen Stern hat sich auch Paco Pérez, der katalanische Küchenchef des Cinco, im Boutique-Hotel Das Stue erkocht. Ansonsten kann man im Glass Berlin in der Uhlandstraße mit einem „Wald im Glass“ in Form von Pilzen, Rauch und Wildkräutern zu kulinarischen Höhenflügen starten. Doch lädt Westberlin auch zu kulturellen Höhenflügen ein. Neuer Publikumsmagnet ist die renommierte c/o Galerie, die 2014 im Amerika Haus Berlin, einem Kleinod der 1950er-Jahre-Architektur, untergekommen ist.

Nicht weit davon entfernt haben sich neue Galerien angesiedelt: der Kölner Galerist Daniel Buchholz in der Fasanenstraße, die Mathew Gallery in der Schaperstraße. Sogar der Zoopalast, das Premierenkino von 1957, erstrahlt in neuem Glanz. Natürlich gibt es bei der Entwicklung nicht nur Gewinner. Viele Traditionsläden oder -lokale können die steigenden Mieten nicht mehr zahlen und geben auf. Umso mehr freut man sich über jede Institution, die überlebt. Wie der Zwiebelfisch am Savignyplatz, wo unzählige Plakate und Bilder von den illustren Gästen der Künstlerkneipe erzählen. „Für uns war das Hörsaal 13“, meint Karl Oppermann, der früher als Professor an der Hochschule der Künste lehrte und sich hier oft mit Kollegen und Studenten traf.

War mal kein Platz, ging man in die Dicke Wirtin gegenüber, die nach wie vor mit frisch gezapftem Bier und deftigen Eintöpfen lockt. Oder in die Paris Bar, die damals eher Künstler- als Promitreff war. Für die besondere Würze sorgen die Anekdoten aus der jahrzehntelangen Geschichte. Zum Beispiel die vom einstigen Senatsbaudirektor Düttmann, der dort gern seinen Mittagstisch einnahm. Als der Wirt einmal fragte, ob es geschmeckt habe, erwiderte der Stammkunde: „Ja, schon. Aber die Leber war nicht so gut.“ Daraufhin der Wirt: „Immer noch besser als ihre.“

Infos zu Berlin

Anreise
Bequem mit der Deutschen Bahn, www.bahn.de , Fahrtzeit zum Beispiel von Stuttgart aus fünf Stunden (ICE, ohne Umsteigen).

Unterkunft
Im Waldorf Astoria, Hardenbergstr. 28, Tel. 030 / 8 14 00 00, www.waldorfastoriaberlin.com , ist das DZ ab 200 Euro zu haben, im Hotel Zoo, Kurfürstendamm 24, Tel. 030 / 88 43 70, www.hotelzoo.de , ab 134 Euro.

Im 25 hours Hotel Bikini Berlin, Budapester Str. 40, Tel. 030 / 1 20 22 10, www.25hours-hotels.com , zahlt man ab 160 Euro für ein DZ, im Hotel am Steinplatz, Steinplatz 4, Tel. 030 / 5 54 44 40, www.marriot.com , ab 131 Euro.

Essen und Trinken
Das Restaurant Neni mit mediterran-orientalischer Küche im 25 hours Hotel Bikini ist von 12.30 bis 23 Uhr geöffnet, www.25hours-hotels.com/de/bikini/home/home.html , die Monkey Bar bis 1 Uhr bzw. Do.-So. bis 2 Uhr, die Bar Grace im Hotel Zoo von 10 bis 3 Uhr.

Tief in die Tasche greifen muss man auch für die kreative Gourmetküche des Glass Berlin, Uhlandstr. 195, Tel. 030 / 54 71 08 61, www.glassberlin.de , Di.-Sa. 18-23 Uhr, sowie für die Sterneküche der Restaurants

Les Solistes im Waldorf Astoria, Mo.-Sa. 19-22.30 Uhr, oder Cinco im Hotel Das Stue, Di.-Sa. 19-22.30 Uhr. Wer feine vegane Küche bevorzugt, wird im Mano Verde, Uhlandstr. 181, Tel. 030 / 82 70 31 20, www.lamanoverdeberlin.com , Mo.-Sa. 17-23 Uhr, fündig.

Wesentlich preiswerter kann man im Zwiebelfisch essen, Savignyplatz 9, Tel. 030 / 3 12 73 63, www.zwiebelfisch-berlin.de , täglich 12-6 Uhr.