Torschützen unter sich: André Schürrle, Mario Gomez und Thomas Müller (von links) Foto: Bongarts

Das 4:1 der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in Aserbaidschan ist nicht mehr als ein Pflichtsieg gewesen. Daher richten die großen Zeitungen den Blick auch neben das Spielfeld – und finden Gründe für Kritik am Deutschen Fußball-Bund (DFB).

Stuttgart - Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft verließ Aserbaidschan so schnell wie möglich. Schon am nächsten Morgen um kurz nach fünf landete der DFB-Tross wieder in Frankfurt – an Bord übermüdete, aber insgesamt zufriedene Spieler. Beim 4:1-Sieg in Baku hatten sie am Sonntagabend ihre Pflicht souverän und seriös erfüllt. Die Qualifikation für die WM 2018 ist nach dem fünften Sieg im fünften Spiel nur noch Formsache – so jedenfalls wird es in den deutschen Zeitungen gesehen, in denen nicht allein über die 90 Spielminuten berichtet wird.

Plädoyer für die Meinungs- und Pressefreiheit

Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet vom Plädoyer, das Nationalmannschafts-Sprecher Jens Grittner („Es ist gut, wenn sich jeder eine Meinung bilden kann. Meinungs- und Pressefreiheit sind wichtig“) nach der offiziellen Pressekonferenz in Baku gehalten hat. Lob gab es von der SZ für diese Haltung – Kritik hingegen für die DFB-Führung um Präsident Reinhard Grindel: „Mit dem öffentlichen Eintreten für Meinungsfreiheit während eines Gastspiels in einem autokratisch regierten Land hat sich das Team um Löw einmal mehr weiter vorgewagt als der Führungsstab des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). DFB-Präsident Reinhard Grindel hatte während der Baku-Reise nach eigener Aussage ‚keine Zeit’ für ein Treffen mit Vertretern von gesellschaftlichen Gruppen gefunden.“

André Schürrle ist der Gewinner des Tages

Auch die „FAZ“ beschäftigt sich mit den Fragen der Menschenrechte in Aserbaidschan und resümiert ernüchtert: „Eine politische Dimension wollte man dieser Dienstreise ans Kaspische Meer beim Deutschen Fußball-Bund nicht zuschreiben, der Verband betrachtete sie als sportliches Pflichtprogramm.“ Auf dem Rasen erkannte das Blatt aufgrund der Tore von André Schürrle, Thomas Müller und Mario Götze „ein Spiel für geplagte Torjägerseelen“. Speziell Schürrle, bei Borussia Dortmund nur Reservist, habe mit seinem Doppelpack die Chance genutzt: Er durfte sich in Baku „als Gewinner das Tages fühlen“.

Die Rückreise gestaltet sich anstrengender als das Spiel

Das Fachmagazin „Kicker“ weist zwar darauf hin, dass das deutsche Spiel nicht frei von Schwächen gewesen sei, kommt ansonsten aber zu einem versöhnlichen Fazit: „Immerhin auf die Mentalität seines Teams konnte sich Joachim Löw am Sonntag verlassen.“ Freilich sei es auch nicht die schwierigste Aufgabe gewesen, das Team aus Aserbaidschan in die Schranken zu verweisen: „Anstrengender als die 90 Spielminuten gestaltete sich für die Nationalspieler die Rückreise aus Baku.“

Vorsicht! Als nächstes kommt San Marino

Dass die deutsche Abwehr erstmals seit fast 700 Minuten wieder ein Gegentor kassierte, lässt bei „Spiegel online“, nicht ganz ernst gemeint, die Alarmglocken klingeln: „Die weiße Weste ist befleckt. Es gibt ein Gegentor! Im fünften Qualifikationsspiel hat es die Löw-Elf nun doch erwischt. Damit dürfte das sicher geglaubte Ticket für die WM in Russland wieder in Gefahr geraten sein. Nächste Partie: Heimspiel gegen San Marino. Es bleibt spannend.“