Eine Reihe von Smaragd-Tujas steht im Garten von Familie Böhler auf der Insel Reichenau Spalier. Von weitem sehen sie aus wie Zypressen. Foto: Diemar

Es ist ein einziges Grünen und Blühen: Rund um den Bodensee laden Parks und Gärten vom Mittelalter bis zur Moderne zum Besuch ein.

Reichenau - Frau Böhler liebt Besuch. Heute hat sie sogar Zeit gefunden, Lavendelkekse zu backen und einen selbst gemachten Hugo anzusetzen. Falls wer reinschaut in ihren Garten auf der Reichenau. Es gibt keine Zäune rund um ihr kleines Paradies mit seinen drei Brunnen, 150 Rosenstöcken, Kakteen, Lavendelbeeten, Pinien und Palmen. „Gartenzäune passen einfach nicht zu unserer Reichenau“, meint Karin Böhler. Recht hat die Dame, denn die durch einen Damm mit dem Festland verbundene Bodensee-Insel ist ohnehin ein einziger Garten. Schließlich ist der Obst- und Gemüseanbau neben dem Tourismus der wichtigste Erwerbszweig.

„Auch wir waren früher ganz normale Reichenauer Gemüsegärtner“, erzählt die Gartenliebhaberin, während sie mit ihren Besuchern am runden Steintisch im Schatten einer Clematis sitzt. Erst im Ruhestand verwandelten die Böhlers den Wirtschaftsgarten in eine private grüne Oase. Das Grundstück grenzt direkt an den See. Am Ufer steht eine Reihe von Smaragd-Tujas Spalier. Aus der Ferne sehen sie aus wie Zypressen. Man könnte meinen, man sei am Mittelmeer. Freilich, die Palmen stehen in Kübeln, und auch die Kakteen werden den Winter über im geheizten Gewächshaus gehalten. Durch einen Artikel im Gemeindeblatt wurde Karin Böhler auf das seit 2008 bestehende „Garten-Rendezvous am Untersee“ aufmerksam. Mehr als 40 private Gärten in Deutschland und der Schweiz haben ihre Pforten für Besucher geöffnet.

„Kiss me quick and go“

Darunter ist längst auch der von Frau Böhler, wo man jederzeit spontan vorbeischauen kann. Bei Lisa und Hansfried Koch, die im Zentrum der Reichenau einen Bauerngarten mit Schildkrötengehege pflegen, ist dagegen telefonische Voranmeldung erwünscht. Jeder Garten hat seine eigenen Regeln. Unbedingt besuchen sollte man auf der Reichenau noch „Strabos Kräutergarten“, der frei zugänglich ist und zum Münster Sankt Maria und Markus gehört. Zwischen 830 und 840 schrieb der Reichenauer Mönch Wahlafrid Strabo seinen „Hortulus“, was so viel wie „das Gärtlein“ bedeutet. Das Lehrgedicht gilt als erster Gartenratgeber Europas.

In 444 Versen werden 24 Heilpflanzen und deren Wirkung beschrieben. In dem 1991 nach historischem Vorbild angelegten Gärtchen findet man die zwei Dutzend beschriebenen Pflanzen und Kräuter, darunter bekannte Gewächse wie Salbei, Liebstöckel, Kerbel und Rettich, aber auch exotisch anmutende Exemplare wie Ambrosia, Andorn und Heilziest. Der Schlafmohn, von „hoch zu preisender Wirkung“, wie der mittelalterliche Mönch schrieb, wurde allerdings durch einen Ziermohn ersetzt. Doch auch die Eberraute kann es in sich haben, heißt sie doch im englischen „Kiss me quick and go“. Angezogen fühlen sich jedenfalls die vielen Bienen und Hummeln sowie die blau-türkis schillernden Libellen, die zwischen den Stängeln surren.

Während der auf der „Klosterinsel“ genannten Reichenau gelegene Kräutergarten sich überschaubar gibt, prunkt - nomen est omen - die „Blumeninsel“ Mainau mit einer geradezu überwältigenden Flora. Natürlich ist die 45 Hektar große Mainau kein Geheimtipp mehr. Das ganze Jahr über ist die Insel von Sonnenaufgang bis zur Dämmerung für Besucher geöffnet. Wenn der sommerliche Rosenrausch vorbei ist, flammen die Blüten der Dahlien auf den zum See hin abgestuften Hängen. Das Einzige, was man in der warmen Jahreszeit auf der Mainau vermissen mag, ist ein Badeplatz am verführerisch türkis schimmernden See. Kinder können allerdings auf einem schönen Wasserspielplatz planschen. Für die Kleinen ist die Mainau ohnehin ein Paradies: Der Streichelzoo und die Pony-Reitbahn sind ebenso beliebt wie das Schmetterlingshaus.

Für Gartenfreaks mehr als nur bunte Beete

Auch die Mainau diente früher der regionalen Versorgung mit Obst und Gemüse. Doch 1825 wurde die Insel von Fürst Esterhazy gekauft und in einen Landschaftspark umgewandelt. Kein Wunder daher, dass das Eiland über einen beeindruckenden Bestand an uralten Baumriesen verfügt, darunter Himalaja- und Weihrauchzedern, Tulpen- und Trompetenbäume sowie kalifornische Nusseiben. Um die wertvollen Veteranen zu schützen, tragen die höchsten Zedern und ein Urweltmammutbaum sogar Blitzableiter. Es war Großherzog Friedrich I. von Baden, der dieses Arboretum einst anlegte, nachdem er die Mainau 1853 als Sommerresidenz erwarb. Dessen Urenkel Lennart Graf Bernadotte machte die Insel zum beliebtesten Ausflugsziel am Bodensee. Heute stehen Bettina Gräfin Bernadotte und ihr Bruder Björn an der Spitze des Familienunternehmens.

Für echte Gartenfreaks hat die Mainau mehr als nur die Bewunderung bunter Beete zu bieten. Die „Mainau Akademie Seminare“ bieten verschiedene Kurse an, etwa das „Orchideenpraktikum“. Oder man lernt unter der charmanten Anleitung von Gärtnermeister Peter Schober die richtige Zusammenstellung von Balkonpflanzen. Die Schiffspassage von der Mainau hinüber nach Meersburg dauert gerade einmal eine Viertelstunde. Vom Anleger führt ein kurzer Spaziergang durch malerische Gassen mit Fachwerkhäusern zu einem wahren Barockjuwel. Anfang des 16. Jahrhundert verlegten die Fürstbischöfe ihre Residenz aus dem protestantisch gewordenen Konstanz nach Meersburg.

Die alte Schlossburg war ihnen bald nicht mehr bequem genug. 1710 wurde daher ein prächtiges neues Schloss gebaut. Zu einem so prunkvollen Anwesen hatte auch eine grüne Oase zu gehören. Doch der Platz war knapp, denn das Gelände vor dem Schloss fiel steil Richtung See ab. Also schuf man hier mittels Aufschüttung von Erdreich einen „hängenden Garten“ mit Brunnen, Buchs und Beeten. Eine Etage tiefer findet sich neben dem „Lusthäusle“ mit seinem herrlichen Deckenfresko eine weitere Gartenterrasse. Der Panoramablick von beiden Ebenen über den Bodensee, bei gutem Wetter bis zu den Gipfeln der Alpenkette, begeistert die Besucher damals wie heute. Der Beiname „Schwäbisches Meer“ wird am Bodensee übrigens nicht überall goutiert. Nur 25 km Ufer liegen nämlich in Schwaben. Der See mit seinen drei Ländern als Anrainer ist eben ein echter Mitteleuropäer. Und wie heißt es doch auf einer Tafel in Frau Böhlers Garten: „Wenn ich den See seh’, brauch’ ich kein Meer mehr“. Genau!

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Infos zum Bodensee

Unterkunft
Hotel Mein Inselglück, Abt-Benno-Str. 3, Reichenau: engagierter Familienbetrieb in zeitgenössisch-modernem Haus, gute Küche, DZ mit Frühstück und Nachmittagskaffee ab 130 Euro, Telefon 0 75 34 / 9 95 59 60, www.meininselglück.de

Ganter Hotel Mohren, Pirminstr. 141, Reichenau: charmant geführt, gute Bodenseeküche, DZ ab 120 Euro, Telefon 0 75 34 / 9 94 46 10, www.mohren-bodensee.de

Romantik
Hotel Residenz am See, Uferpromenade 11, Meersburg: Traditionsadresse bei der Meersburger Therme, Gourmet-Küche mit Michelin-Stern, DZ ab 100 Euro, Telefon 0 75 32 / 80 04 - 0, www.hotel-residenz-meersburg.com

Hotel Riva, Seestraße 25, Konstanz: Elegantes Privathotel in traumhafter Lage am See, über dem Restaurant Ophelia leuchten sogar zwei Michelin-Sterne, Telefon: 0 75 31 / 3 63 09 - 0, DZ ab 200 Euro, www.hotel-riva.de

Essen & Trinken
Bei Riebels, Seestr. 13, Reichenau: Beliebte Imbissstube direkt am See mit Fischspezialitäten, gut und günstig, www.reichenauer-fischhandlung.de

Schwedenschenke, Insel Mainau, badische und internationale Küche mit frischen Regionalprodukten, Telefon 0 75 31 / 30 31 56, www.mainau.de

Winzerstube zum Becher, Höllgasse 4, Meersburg, badische Spezialitäten auf höchstem Niveau zu fairen Preisen, gute Weinauswahl, Telefon 0 75 32 / 90 09, www.winzerstube-zum-becher.de

Die Gärten
Hortulus Kräutergarten, Münster St. Maria und Markus, Mittelzell/Reichenau, Eintritt frei, www.reichenau.de

Privatgarten Karin Böhler, Im Hörnle 4, Reichenau, Besuch ohne Voranmeldung möglich, Einritt frei, www.tourismus-untersee.eu

Insel Mainau, Eintritt: Erwachsene 18 Euro, Familien-Tagesticket (gültig für Eltern und Kinder bis 15 Jahre) 37 Euro, Kinder bis 12 Jahre gratis, Sonnenuntergangsticket ab 17 Uhr zum halben Preis auf alle Tickets, www.mainau.de

Neues Schloss Meersburg, Schlossplatz 12, Meersburg, Eintritt frei, www.neues-schloss-meersburg.de

Allgemeine Informationen
www.bodenseegaerten.eu, www.garten-rendezvous-bodensee.de