Bett ist Bett und Schnaps ist Schnaps: In der Brennerei seines Bauernhofs in Wildberg kann der Unternehmer Sven Maier „komplett abschalten“. Foto: Andreas Pflüger

Im Alltag sorgt Sven Maier mit der „Schwäbischen Traumfabrik“ dafür, dass seine Kunden möglichst gut und bequem schlafen können. In seiner Freizeit hat es der Bad Boller gerne mal mit Hochprozentigem zu tun.

Bad Boll/Wildberg - Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick: ein landwirtschaftliches Anwesen, idyllisch gelegen, rund 100 Hektar groß, ziemlich genau dort, wo das Strohgäu endet und der Schwarzwald anfängt. Sven Maier hat vor gut vier Jahren den Unteren Berghof bei Wildberg gekauft. Ein Bekannter, wissend um die bäuerlichen Leidenschaften des Unternehmers aus Bad Boll, hat ihn „draufgelupft“, wie Maier erklärt. Hingefahren, angeschaut, das Gelände inspiziert – und ganz schnell war er sich mit dem Vorbesitzer einig.

Der 47-Jährige, der gemeinsam mit seiner Frau Eva die Bettwarenfirma „Schwäbische Traumfabrik“ samt dreier Einzelhandelsgeschäfte in Bad Boll, Stuttgart und Leinfelden-Echterdingen mit insgesamt 70 Beschäftigten umtreibt, erfüllte sich einen lange gehegten Traum. „Eigentlich wollte ich im Kreis Göppingen irgendwo etwas pachten und dort Alpakas züchten, um deren Wolle verarbeiten zu können, aber das war praktisch unmöglich“, sagt Maier. So sei es halt das 80 Kilometer entfernte Wildberg geworden, ergänzt er.

Fest stand mit der Entscheidung, dass ein Hof dieser Größe keine reine Freizeitbeschäftigung sein würde – und so ist es schließlich gekommen. Zu den 17 Alpakas gesellen sich mittlerweile 70 Rinder, deren Fleisch über die Bioland-Schiene vermarktet wird. Ein Betriebsleiter wurde gesucht und in der Person von Hinrich Rathje gefunden. Mindestens einmal pro Woche schaut aber auch der Hofbesitzer selbst, der in einer zweijährigen Abendschule in Nürtingen den Landwirt gemacht hat, in Wildberg nach dem Rechten. „Der Betrieb muss eine echte Existenz ermöglichen können“, betont Maier, der sich aber dennoch einen „Hobbykeller“ eingerichtet hat.

Die Erntezeiten bestimmen die anderen Freizeitaktivitäten

In diesem werden Destillate erzeugt, auf gut deutsch: dort wird Schnaps gebrannt. Denn neben den Tieren und den Feldern gehören zum Unteren Berghof 300 Streuobstbäume der unterschiedlichsten Arten und Sorten: Kirschen und Zwetschgen, Äpfel und Birnen, Quitten sowie Schlehen- und Hagebuttenbüsche. So bestimmen inzwischen auch die jeweiligen Erntezeiten die anderen Freizeitaktivitäten

„So viel Saft kannst du gar nicht trinken“, sagt Sven Maier lachend und begann sich – durchaus lustvoll und gewollt – mit der Schapserei zu beschäftigen. Die dafür notwendige Lizenz zu bekommen sei nicht so ganz einfach gewesen, doch seit zwei Jahren habe er ein 300-Liter-Brennrecht, fügt er stolz hinzu. Was sonst zu beachten ist, hat sich der Hochprozent-Novize direkt vom zuständigen Steuerexperten aus Karlsruhe erläutern lassen. Wie’s mit dem Destillieren gemacht wird, eignete er sich zunächst autodidaktisch an, ehe er einen Brenner-Lehrgang an der Universität Hohenheim absolvierte. „Das hilft vor allem was die Qualität angeht“, stellt er klar.

Komplexe Zusammenhänge – in der Landwirtschaft und beim Brennen

Spricht Maier über seine Destillate, ist die Euphorie in seiner Stimme unüberhörbar: Was ist an technischem Wissen erforderlich? – Wie trennt man den Vorlauf und den Nachlauf ab? – Welche Temperaturen sind wann einzuhalten? – „Wie in der gesamten Landwirtschaft sind die Zusammenhänge auch hier ausgesprochen komplex. Das fasziniert mich und nötigt mir zugleich einen Heidenrespekt vor den Leuten ab, die sich damit wirklich auskennen“, erklärt der 47-Jährige. Für ihn, davon ist er überzeugt, werde die Brennerei daher ein Hobby bleiben: „Ich kann von der eigentlichen Arbeit komplett abschalten, weil ich mich hierbei voll auf mein Tun konzentrieren muss, das Technik, Kunst und Genuss perfekt vereinbart.“

Woher seine Faszination für das bäuerliche Schaffen rührt, vermag Maier indes gar nicht genau zu sagen: „Meine Mutter kommt zwar aus der Landwirtschaft. Wir selbst hatten aber nie eine.“ In ihm sei der Wunsch jedoch immer präsent gewesen. „Und da die ganze Familie mitzieht, wenn ich mir immer wieder mal einen dreiviertel Tag frei schaufle und auf dem Hof auch sonst mit anpackt, ließ sich dieses Projekt realisieren“, fährt er fort.

Nicht missen möchte Sven Maier obendrein die Lektion in Demut, die er zwischenzeitlich gelernt hat: „Die Natur, das weiß ich jetzt aus erster Hand, sitzt immer am längeren Hebel. Wenn ich in der Firma mal eine Matratze zerschneide, dann ist sie halt kaputt. Hier allerdings hat ein Fehler fatale Folgen: beim Ackerbau, in der Viehzucht – oder eben beim Schnapsbrennen.“