Manfred Rudolph kennt die beiden Tiefgaragen unter dem SI-Centrum wie seine Westentasche. Foto: Sandra Hintermayr

Wenn jede Stunde eine Geschichte erzählt, hat der Tag 24 Geschichten. Eben diese erzählen wir in einer Serie. Von 9 bis 10 Uhr sind wir mit Manfred Rudolph im Parkhaus unterwegs. Er ist der Mann, der putzt, nachdem die anderen im SI-Centrum gefeiert haben.

Möhringen - Während die Gäste im Hotel das Frühstücksbuffet plündern und im Musical die Kostüme für die Vorstellungen am Abend aufbereitet werden, dreht Manfred Rudolph mit Handschuhen und leuchtend gelber Sicherheitsweste ausgestattet seine Runden. Den Besen hat er dabei stets fest im Griff. Mit Bedacht fegt er die Bordsteine der Ein- und Ausfahrten zur Tiefgarage unter dem SI-Centrum. „Die Autos tragen viel Dreck mit rein“, sagt Rudolph. Laub, Staub, Reifenabrieb und Kleinstmüll schiebt er mit dem Besen vor sich her. Jeden Tag ist er, zumeist mit einem Kollegen, im Labyrinth unter Musical, Kino und Co. unterwegs. Vier Stunden brauchen sie in der Regel zu zweit für die 2442 Parkplätze in den Parkhäusern P1 und P 2 sowie deren Zu- und Abfahrten. Nach dem Wochenende dauert es etwas länger. Etwa 20 000 Quadratmeter laufen die Reinigungskräfte jeden Morgen ab. Heute ist Rudolph alleine, die anderen Kollegen sind im Urlaub oder krank. Ihn stört das nicht. Es gibt schlechtere Arbeiten, sagt er. „Hier unten ist es angenehm kühl, nicht so heiß wie draußen“, sagt Rudolph. Kein schlechter Arbeitsplatz bei 35 Grad Außentemperatur.

Bevor er zum Besen greift, sammelt er den groben Müll in den beiden Tiefgaragen unter dem SI-Centrum ein. Leere Sekt- und Champagnerflaschen und Kleinmüll wie Papier gehören zum Tagesgeschäft. Aber er hat auch schon einen Staubsauger gefunden, erzählt der Mann, der für den Gebäudedienstleister Cowa die Parkhäuser unter dem Zentrum reinigt. Manche Leute würden einfach ihren Hausmüll mitbringen und im Parkhaus abladen. Darüber kann Rudolph nur den Kopf schüttern. Seit über 40 Jahren arbeitet er bei der Firma, war schon in Kauf- und Krankenhäusern in der ganzen Region tätig. „Man kommt viel rum“, sagt Rudolph und zählt die Uniklinik Tübingen, Kaufhof, Hertie und Breuninger als seine Stationen auf.

Sonntags und montags sieht es am schlimmsten aus

Die Reinigung der Parkhäuser ist eine unendliche Geschichte, sagt Chollatis Chantrarod, der Objektleiter SI-Centrum bei Apcoa Parking, dem Betreiber der Tiefgaragen. Montags bis freitags sind die Mitarbeiter von Cowa mit Besen und Mülltüten unterwegs, am Wochenende die Mitarbeiter von Apcoa selbst. Samstag-, Sonntag- und Montagmorgen sehen die Parkhäuser am schlimmsten aus, erzählt Chantrarod. Die vielen Besucher am Wochenende bringen auch viel Dreck mit sich. „Es ist ein ganz schöner Aufwand, alles sauber zu halten“, sagt er. Vor allem der Ruß der Dieselfahrzeuge setze sich überall fest. Zudem muss der Parkhausbetreiber schauen, dass die Tiefgaragen technisch einwandfrei funktionieren. Schranken, Ampeln, Kassenautomaten, Beleuchtung – die Liste der Dinge, die ausfallen oder kaputt gehen können, ist lang. „Es kommt selten vor, dass gar nichts zu tun ist“, sagt der Objektleiter, der in dem Kabuff an der Einfahrt im ersten Untergeschoss von P 1 sein Büro hat. Auf mehreren Bildschirmen zeigen Aufnahmen von Überwachungskameras unter anderem die beschrankten Zufahrten zu den Parkebenen.

Viele suchen ihr Auto

Das Parkplatzlabyrinth kennt Manfred Rudolph inzwischen wie seine Westentasche. Immer wieder begegne er Menschen, die auf der Suche nach ihrem Auto durch die Gänge und Zufahrten irren, weil sie ihr Auto nicht mehr finden, erzählt er. „Mein Auto ist weg“, sprach ihn einmal ein verzweifelter älterer Herr an. Rudolph nahm sich des armen Mannes an. „So schnell verschwindet hier kein Auto“, habe er gesagt und nach dem Parkticket des Mannes gefragt. Denn da steht der Bereich, in dem das Fahrzeug abgestellt wurde, drauf. Rudolph zeigte dem dankbaren Mann daraufhin, wo er sein Auto wiederfinden konnte.

„Hier sind oft auswärtige Besucher, die sich nicht auskennen. Sie suchen die Shuttlebusse, Hotelaufgänge oder die Schwabenquellen. Ich weise ihnen gerne den Weg“, sagt Manfred Rudolph. Sowieso kommt er gerne mit den Besuchern des SI-Centrums ins Gespräch, grüßt freundlich im Vorbeigehen. Und dann greift er wieder zu seinem Besen und widmet sich den staubigen Bordsteinen.

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