Max Braun Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Max Braun hat die Musik zum „Stuttgarter Hutzelmännlein“ am Schauspielhaus Stuttgart komponiert. Der Musiker steht darin – wie in vielen anderen Stücken – auch selbst auf der Bühne.

Stuttgart - Der Seppe zieht nach Ulm, und aus dem großen, verschachtelten Rund des Bühnenbildes, in dem das Hutzelmännlein umhergeistert, treten die Musiker hervor: Max Braun, Stefan Hiss und Daniel Kartmann begleiten die Reise mit ihrer fremd-vertrauten Musik. Max Braun hat die Musik zur Mörike-Interpretation des Stuttgarter Schauspiels komponiert und arrangiert. „Ich habe noch am Tag vor der Premiere daran geschrieben“, erzählt er, bevor er an einem dieser Abende hinaus auf die Bühne geht. Für das „Hutzelmännlein“ grub Braun sich tief in die Archive ein und lauschte den Traditionen nach. „Ich wollte sehen, was das schwäbische Volkslied kann. Ich habe in der großen Sammlung im Stuttgarter Fruchtkasten recherchiert, wo man viele alte Lieder findet.“ Aus diesem Fundus schuf er die Musik für das Hutzelmännlein und griff dabei auch auf den Mörike-Text selbst zurück: „Man liest das, denkt sich: Das klingt wie ein Lied – und stellt fest, dass es tatsächlich eines ist.“

Unkonventionell hat die Regisseurin Hanna Müller den Mörike-Stoff in Szene gesetzt; unkonventionell näherte sich auch Max Braun seiner Aufgabe. „Ich wollte die Assoziationen des Publikums nicht so sehr über das konkrete musikalische Material steuern“, sagt er, „sondern über die Klangwelt der Volkslieder. Wenn wir spielen, stellt sich der Bezug zur Volksmusik oft allein über die Instrumente her.“ Das Hackbrett gehört zu diesen Instrumenten, das Akkordeon. Braun war glücklich, den Akkordeonisten Stefan Hiss zu gewinnen: „Ich kenne ihn gut. Er ist ein toller Sänger und Performer, ein Wahnsinnsmusiker.“

Wurzeln in Country, Folk und Pop

Max Braun kam selbst früh zur Musik. Er wurde 1979 in Stuttgart geboren. Die Geige bereitete dem Siebenjährigen noch wenig Freude. Die Gitarre, Peter Burschs bekanntes Gitarrenbuch und die Schallplattensammlung des großen Bruders dann aber schon: Die Beatles, die Stones und die Grateful Dead waren sein Horizont, bis in den neunziger Jahren Kurt Cobain und der Alternative Rock auftauchten. Jazz und elektronische Musik kamen später auch noch hinzu. Seine Wurzeln blieben aber immer dort, beim Pop der sechziger und siebziger Jahre, bei der akustischen Musik, bei Country, Pop und Folk.

Das hörte man, als er im Februar mit der Schauspielerin und Sängerin Hanna Plaß und mit Andreas Vogel, dem Stuttgarter, der nicht nur über diese Musik so ziemlich alles weiß, im Nord den „Grundkurs Country“ auf die Bühne brachte. Man hört es auf den beiden Alben, die Max Braun mit seiner Schwester Laura veröffentlicht hat: Entspannte akustische Musik mit Gefühl und voller Melodien. Auch für „Chelsea Hotel“, die musikalische Revue, die er mit Hanna Plaß und dem Regisseur Sébastien Jacobi im Kammertheater spielt, durchstöberte Max Braun seine Plattenkisten. Das berühmte New Yorker Hotel war ein dankbares Thema: „Man kann da mit sehr viel toller Musik umgehen.“

Christian Brey holte den Freund 2008 erstmals ans Schauspiel

Die Musik des Chelsea Hotels wollte er ebenfalls verwandeln. Etwas eigenes sollte entstehen. Das brauchte Zeit. „Zuerst habe ich mit Hanna viel Musik gehört und eine Auswahl getroffen“, erzählt er. „Dann kam noch das Material dazu, das der Regisseur uns gegeben hat – Szenen, die so im Raum stehen sollten, wie die Texte eines Musikers, der einen Song spielt. Der Regisseur hat sich gewünscht, dass der ganze Abend zu einem Konzert werden sollte.“ Das Stück von Sam Shepard, das „Chelsea Hotel“ zugrunde liegt, verlor während dieser Arbeit immer mehr an Bedeutung und taucht in der Bühnenfassung zuletzt nur noch als kurzes Fragment auf.

Der Regisseur Christian Brey, ein Freund Max Brauns, war es, der ihn 2008 zum ersten Mal als Musiker ans Schauspiel holte, für Harald Schmidts Musical-Version des „Hamlet“. Unter der Intendanz von Hasko Weber gestaltete Braun die Musik zu Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ und einen ersten musikalischen Abend am Schauspiel. Er begann an anderen Theatern zu arbeiten, in Karlsruhe, Neuss, für die Stuttgarter Rampe. Dort veranstaltet er noch immer jeden Monat seinen „Singles-Club“, produziert mit Gästen an einem Abend eine Vinyl-Single. Am Samstag, 18. März, tut er das mit dem Stuttgarter Theatermusiker, mit Miles Perkin, der „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ am Schauspiel begleitet.

Austausch mit Regie und Schauspielern

Max Braun genießt den großen Gestaltungsspielraum, den das Theater ihm bietet. „Ich kann mir hier Dinge ausdenken, ich kann mich auf die Suche machen und einen bestimmten Sound für ein Stück entwickeln.“ Als Musiker ist er ganz in das Entstehen einer Inszenierung eingebunden; er besucht Proben, tauscht sich mit Regie und Schauspielern aus, macht Vorschläge zur Gestaltung einzelner Szenen. Beim Kinderstück „Pünktchen und Anton“ ist er musikalischer Leiter, steht auch dort mit dem Ensemble auf der Bühne; er coachte die Schauspieler, die bei „Kabale und Liebe“ Instrumente spielen. Und nebenbei bleibt ihm noch Zeit für andere Projekte: Er produziert Stuttgarter Bands wie Brthr und The Tremolettes und möchte auch wieder Songs mit seiner Schwester aufnehmen. Laura Braun lebte lange in London und ist gerade nach Berlin gezogen. Bald werden die Geschwister auch wieder auf Stuttgarter Bühnen stehen, ob im Schauspiel oder anderswo.