Regieurngspräsident Wolfgang Reimer (links) und Minister Winfried Hermann haben den Entwurf des Luftreinhalteplans vorgestellt. Foto: dpa

Die für Stuttgart geplanten Fahrverbote sind unsicher, sie hängen an einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Die Richter sollten rasch urteilen, meint Redakteur Konstantin Schwarz.

Stuttgart. - Kommt das Fahrverbot für ältere Diesel oder kommt es nicht? Auf diese Frage wird der neue Luftreinhalteplan, dessen Entwurf Verkehrsminister Winfried Hermann und Regierungspräsident Wolfgang Reimer (beide Grüne) am Freitag vorgelegt haben, oft verkürzt. Das ist bitter für alle, die detaillierte Untersuchungen und Ursachenanalyse betrieben und viele neue Vorhaben zur Reduzierung von Feinstaub und Stickoxiden und damit zum Gesundheitsschutz entwickelt haben.

Der Plan soll in den nächsten sechs Wochen diskutiert und Ende August verabschiedet werden. Er beschreibt zum Beispiel den dringend nötigen Ausbau des Stadtbahn- und S-Bahn-Verkehrs, neue Expressbuslinien und deutlich mehr Zugverbindungen von und nach Stuttgart, die Umstellung von Fuhrparks auf E-Fahrzeuge und Zuschüsse für Pflege- und Lieferdienste. Er beschreibt aber auch niedrigere Tempolimits auf Außerortsstraßen und höhere Parkgebühren im Stadtgebiet.

Dennoch bleibt die Frage: Kommt das – übrigens mit vielen Ausnahmen versehene und ja nur zeitweise gültige – Verbot? Ministerpräsident Winfried Kretschmann und sein Stellvertreter Thomas Strobl haben der Autoindustrie aufgezeigt, dass sie es mit wirksamen Nachrüstlösungen für Euro-5-Diesel abwenden könnte. Ob die Konzerne darauf einsteigen, ist offen. Autokäufer haben begonnen, sich vom Diesel abzuwenden. Diese Reaktion haben sich Hersteller und Zulieferer angesichts falscher Versprechungen und teils schmutziger Tricks (VW) selbst zuzuschreiben. Wenn sie die Akzeptanz dieser Technik retten und Glaubwürdigkeit erlangen wollen, sollten sie in die Nachrüstung einsteigen. Staatliche Stütze braucht eine der wirtschaftlich stärksten Branchen dazu nicht.

Der neue Luftreinhalteplan kann die Unsicherheit der Autokäufer im Hinblick auf den Diesel nicht auflösen. Die geplanten Fahrverbote für diese Antriebsart sind eine Reaktion auf die tatsächlichen Schadstoffwerte, die bei funktionierender Abgasreinigung deutlich niedriger liegen könnten, auf die Klageandrohung der EU und auf die sehr beschränkten Handlungsmöglichkeiten.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat sich über Jahre intensiv um eine letztlich verkorkste Ausländermaut gekümmert, aber keinen Finger gerührt, um die seit 2008 bestehende und lange funktionierende Systematik der Umweltplaketten weiterzuentwickeln. Die Umwelttechnik hat Fortschritte gemacht, mit dem fast zehn Jahre alten Plakettensystem kann dieser aber nicht erfasst werden. Für neue Euronormen müssen zwingend neue Farben her, die eine Lenkungswirkung entwickeln und Autofahrern Planungssicherheit geben. Das hat außer Dobrindt fast jeder begriffen.

Ob der von Dobrindt empfohlene Schilderwald und damit Fahrverbote in dieser Form überhaupt zulässig sind, wird das Bundesverwaltungsgericht klären. Es sollte vor Ende August entscheiden und bei einer Ablehnung der Regierung klare Handlungsempfehlungen aufschreiben. Hielten die Richter das Verbot für zulässig, bleibt noch die CDU im Land als unkalkulierbarer Faktor. Sie will möglichst nur ein eng begrenztes Fahrverbot an der Feinstaub-Messstelle am Neckartor. Das wäre zu wenig. Auch die CDU muss dem Gesundheitsschutz Priorität geben.

konstantin.schwarz@stzn.de