Im Tal bei Rudersberg-Oberndorf sollen Dämme gebaut werden. Foto: Gottfried Stoppel

Gefährdet ein geplanter Rückhalteraum einen Stall im Wieslauftal? Mit dieser Streitfrage setzt sich das Verwaltungsgericht Stuttgart auseinander.

Rudersberg - Erneut schlagen die Wellen um den Hochwasserschutz im Wieslauftal hoch. Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ist es am Donnerstag um den geplanten Rückhalteraum nahe Rudersberg-Oberdorf gegangen, der im Falle einer Überflutung 300 000 Kubikmeter Wasser zurückhalten soll. Ein Nebenerwerbslandwirt und seine Familie haben gegen den Planfesstellungsbeschluss geklagt. Nach Berechnungen von Gutachtern liegt ihr Stall, in dem sie sechs Rinder halten, im Überflutungsbereich. Bei einem statistisch alle 100 Jahre vorkommenden Hochwasser würde der Stall überflutet. Es habe ihn auf Nachfrage niemand erklären können, wie er im Hochwasserfall rechtzeitig gewarnt werden könne, sagte der Landwirt bei der Anhörung vor der Neunten Kammer des Verwaltungsgerichts Stuttgart.

Streit um die Dammform

Im Hintergrund des Prozesses schwelt jedoch noch ein anderer Streit. Etliche Bewohner des Teilorts Oberdorf sind unzufrieden mit der Dammform, wie sie im Planfeststellungsbeschluss fixiert ist. Nach einen mehrheitlichen Beschluss des Rudersberger Gemeinderats hat das Landratsamt sich auf einen sogenannten L-Damm festgelegt. Er lässt einige Felder frei, hat jedoch den Nachteil, dass sich die Staufläche weiter flussaufwärts verschiebt – bis zum Stall der Kläger. Das wäre bei einem sogenannten Querdamm nicht der Fall. Im Herbst 2014 argumentierten daher viele Oberndorfer bei einer Informationsveranstaltung für einen Querdamm. Dieser sei kein optischer Riegel im Wieslauftal, nehme viel weniger Fläche in Anspruch und erhalte daher die landwirtschaftlichen Grundstücke.

Der Anwalt des Nebenerwerbslandwirts greift nun die Abwägung an, wegen welcher der L-Damm gewählt wurde. Es sei seinerzeit nicht mit den richtigen Zahlen gearbeitet worden, vor allem bei der Berechnung der Versieglung durch die asphaltierten Wege, so der Vorwurf der Kläger. Andreas Mania, der Chef des Amts für Umweltschutz, gestand bei der Anhörung den Fehler der Planer ein. Er betonte jedoch, man habe bei der Bewertung des Naturschutzausgleichs die richtigen Zahlen verwendet.

Der Vorsitzende Richter Karl Böhm stellte indes in der Verhandlung klar, dass das Verwaltungsgericht nicht über die Dammvarianten entscheiden könne. Es gebe nur die Möglichkeit, dass es wegen der Fehler den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamtes entweder aufhebe oder für rechtswidrig erkläre.

„Für zukünftige Generationen“

Sollte das Gericht den Klägern recht geben, werde es zu keinem schnellen Hochwasserschutz im Wieslauftal kommen, sagte der Rudersberger Bürgermeister Martin Kaufmann. Das Verfahren müsse dann von vorne beginnen. Der Schultes argumentierte in der Verhandlung, er habe sich für die Prüfung viel Zeit genommen. Die Fläche, die man durch den L-Damm ausspare, wolle man „für zukünftige Generationen“ offen halten. In der Talgemeinde Rudersberg seien bebaubare Flächen sehr begrenzt. Kritiker monieren, die Sache sei nicht mit Nachdruck verfolgt worden. Bereits 2005 sei ein knapper Beschluss in der Sache gefallen, doch erst im Jahr 2014 habe nach einem erneuten Beschluss das Planfeststellungsverfahren begonnen.

Vor dem Verwaltungsgericht wurde am Donnerstag kein Beschluss verkündet. Dieser soll erst in einigen Wochen fallen.