Nicht nur fürs Auge ein Schmaus: Kässpätzle mit Beilagen, zubereitet von Hendrik Schallmeir vom Knausbira-Stüble in Hedelfingen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Rechtzeitig zur Fastenzeit kommt ein urschwäbisches Gericht auf den Tisch, das eigentlich fleischlos ist. Aber eben nur eigentlich. Stuttgarter Köche haben uns erzählt, auf was man bei der Zubereitung von Kässpätzle achten soll.

Stuttgart - Wenn man Auswärtige mit der schwäbischen Küche vertraut machen will, kann man es mit reden versuchen. Man kann es sich aber auch einfacher machen und sie vor einen Teller Kässpätzle setzen. Der Plan ist gut, in der Praxis kann es Probleme geben, denn leider ist das, was einem in vielen Lokalen heutzutage als Kässpätzle vorgesetzt wird, alles andere als ein Aushängeschild für hiesige Hausmannskost.

Die Teigwaren stammen aus der Packung, und der Käse hat mit Käse so viel zu tun wie die Ammer mit einem reißenden Gebirgsbach. Das Ergebnis schmeckt entsprechend: Man stochert in einer Teigmasse herum, die in einer Art Käse-Sahne-Pampe schwimmt – und man schämt sich, dass jemand die Frechheit besitzt, das als eine Leibspeise der Ureinwohner zu verkaufen. So ein Fiasko kann einem nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land passieren, in Lokalen, die sich als bodenständig ausgeben.

Man möchte sich am liebsten reinlegen

Richtige Kässpätzle erwecken bei Feinschmeckern das Gefühl, dass man sich am liebsten hineinlegen möchte. Solche Kässpätzle bekommt man im Knausbira-Stüble in Hedelfingen serviert. Ob man die Spätzle schabt oder mir der Presse ins siedende Wasser befördert, sei nicht so entscheidend, sagt Hendrik Schallmeir, der Chef hinterm Herd. Aber selbst gemacht sollten sie sein.

Wenn man nett fragt, darf man Schallmeir, der gleich hinter dem Tresen kocht, bei der Zubereitung vielleicht sogar über die Schulter schauen. Erst werden die Spatzen in einer Gusspfanne angeröstet, dann kommt geriebener Hartkäse dazu, in diesem Fall Emmentaler. Ob er denn keine Sahne nehme, damit das Ganze nicht so trocken werde. Nein, sagt der Koch, er lösche sie mit Fleischbrühe ab, so werden die Kässpätzle „schön schlonzig“. Wenn es fleischlos sein soll, ginge auch Gemüsebrühe, „aber mit Fleischbrühe schmeckt’s herzhafter“.

Vegetarier sollten fragen, ob sie auch wirklich fleischlos sind

Für Vegetarier gilt also die Faustregel: Auch wenn das Gericht im Namen kein Fleisch angesetzt hat, stets nach der Zubereitung fragen. Manche Kollegen tun auch Schinken dazu, sagt Schallmeir. Erlaubt sei, was schmeckt. Hendrik Schallmeir verfeinert die Kässpätzle im Sommer auch mal mit Pfifferlingen.

Die Kässpätzle kommen im Knausbira-Stüble in einer Gusspfanne auf den Tisch – so bleiben sie schön heiß, und man kann sich kleine Portionen auf den Teller schöpfen. Dazu gibt’s einen Salatteller, oben drauf ein wunderbarer Kartoffelsalat, wegen dem allein sich schon die Anreise nach Hedelfingen gelohnt hätte. Garniert werden die Spätzle mit geschmelzten Zwiebeln und Peterling. Ein erstklassiger Schmaus – nicht nur fürs Auge.

Plötzlich sitzt Frank Oehlers Oma mit am Tisch

Für den TV-bekannten Sternekoch Frank Oehler („Die Kochprofis – Einsatz am Herd“, RTL II) von der Speisemeisterei in Hohenheim besitzt das Teiggericht eine geradezu magische Dimension. Wenn es dampfend auf den Tisch kommt, fühlt er sich in seine Kindheit zurückversetzt – und plötzlich sitzt auch wieder die Oma mit am Tisch. Oehler stammt aus dem Allgäu – und deshalb macht er keine Spatzen sondern Knöpfle. In der Speisemeisterei sucht man des Gericht auf der Karte vergebens, „das ist den Leuten viel zu schwer“, sagt Oehler. Wenn der Küchenchef sich für Käsknöpfle an den Herd stellt, dann nur, um die Belegschaft zu bekochen – „und die kommen dann alle“.

Zweidrittel Wasser, Eindrittel Weizenbier

Schon das Kochwasser, in das die Knöpfle kommen, zeigt, wohin der Hase läuft: Es besteht zu einem Drittel aus Weizenbier, zu Zweidritteln aus Wasser – und nicht vergessen: einen Schuss Essig. Bei Oehler kommen die Knöpfle nicht in eine Pfanne, sondern direkt aus der Brühe auf den Teller. Dann wird der Käse druntergezogen, zwei, drei Sorten dürfen es gern sein: Bergkäse, Emmentaler, Edamer. Dazu isst man Endiviensalat. Und was trinkt man dazu? Blöde Frage. Natürlich Weizenbier.

Gute Kässpätzle müssen Fäden ziehen

Es gibt einen Gradmesser, der einen Hinweis darauf liefern kann, ob die Kässpätzle etwas taugen: Nimmt man sie auf die Gabel, muss der Käse Fäden ziehen. Das tun die Kässpätzle auch in der Weinstube Kachelofen am Hans-im-Glück-Brunnen in Herzen Stuttgarts, einer grundsolide Adresse. Fragt man Oliver Bank, einen der Köche, was man für die Zubereitung guter Kässpätzle brauche, sagt er: „Eine erstklassige Pfanne.“ Die Teigwaren müssen darin gut, aber nicht zu stark angebraten werden. Bevor sie in die Pfanne kommen, werden die Spätzle kurz im Wasser geschwenkt. Koch Oliver Bank nimmt Emmentaler oder Gouda, außer mit Salz und Pfeffer würzt er mit Muskat, „aber ganz vorsichtig damit umgehen“. Und dann gibt er, anders als seine beiden Kollegen Schallmeir und Oehler, einen Schuss Sahne dazu, natürlich nicht zu viel.

Aber so lange die Kässpätzle lange Fäden ziehen, ist alles gut.