So sehen Sieger aus: Stefanie Knecht und ihr Parteifreund Marcel Distl aus dem Wahlkreis Neckar-Zaber feiern das starke Abschneiden der FDP. Weitere Eindrücke vom Wahlabend finden Sie in unserer Bildergalerie. Foto: factum/Weise

Steffen Bilger von der CDU gewinnt wie erwartet das Direktmandat, ist aber trotzdem kein strahlender Sieger. Auch der Polit-Neuling Martin Hess (AfD) darf nach Berlin. Die FDP-Kandidatin Stefanie Knecht muss noch zittern.

Ludwigsburg - Aus eins mach zwei – oder drei? Das war die entscheidende Frage vor dieser Bundestagswahl im Wahlkreis Ludwigsburg. Dass Steffen Bilger von der CDU erneut das Direktmandat gewinnen würde, galt als sicher. Dass der Wahlkreis künftig nicht mehr nur Bilger, sondern mindestens zwei Kandidaten nach Berlin entsenden wird, ebenfalls: Denn der AfD-Mann Martin Hess war über den siebten Platz auf der Landesliste seiner Partei abgesichert. Mit Spannung schauten daher vor allem die Liberalen um Stefanie Knecht auf die Hochrechnungen – und das bis tief in die Nacht. Bis spät in die Nacht war noch nicht klar, ob die FDP-Kandidatin tatsächlich den Sprung nach Berlin geschafft hat.

Wird der Wahlkreis Ludwigsburg von drei Abgeordneten vertreten?

Als bei der FDP-Wahlparty im Scala die ersten Hochrechnungen über den Bildschirm laufen, ist der Jubel gleichwohl groß. Sie sei „total happy“, sagt Knecht. Vor exakt vier Jahren, am Abend der herben Schlappe bei der vergangenen Wahl, hatte die 48-Jährige eine Mail an Christian Lindner geschrieben und war Mitglied bei den Liberalen geworden. Nun könnte die Immobilienverwalterin als Quereinsteigerin im neuen Bundestag sitzen. Am späten Sonntagabend jedenfalls deutete alles darauf hin, dass es für Knecht, die auf Listenplatz 14 stand, ganz knapp reichen könnte.

Freude bei der FDP, stumme Ratlosigkeit bei der CDU-Party im Gerlinger Hotel Bonjour, und auch Steffen Bilger ist sichtlich enttäuscht. „Das ist ein sehr schlechtes Ergebnis, damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt der 38-jährige Verkehrsexperte der Unionsfraktion. Er sieht den Grund in der fehlenden Zuspitzung im Wahlkampf – und darin, dass das Flüchtlingsthema zu dominant gewesen sei. „Seit dem TV-Duell Merkel gegen Schulz ging es wieder verstärkt darum.“ Die Absage der SPD an eine große Koalition findet Bilger „verantwortungslos“. Immerhin: persönlich musste er nie um seinen Sitz im Parlament nie zittern, obwohl er im Vergleich zur letzten Wahl um einige Prozentpunkte abgesackt ist. Aber es reicht für ihn locker für das Direktmandat. Für Bilger geht es am Montag mit Gremiensitzungen und am Dienstag mit einer Fraktionssitzung in Berlin weiter – und der Frage, mit wem die CDU koalieren wird.

Ebenfalls an diesem Montag reist Martin Hess nach Berlin, der von Platz sieben der AfD-Landesliste den Einzug in den Bundestag geschafft hat. Gefeiert wird im Ludwigsburger Hotel Krauthof – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. „Das war der Wunsch der Leute“, erklärt Hess, „wir wollten den Erfolg in Ruhe genießen.“ Diesen führt er vor allem auf das „Unverständnis der Altparteien“ für die Sorgen der Menschen zurück. Vor vier Jahren habe es nur das Thema Euro-Rettung gegeben, jetzt liege ein „extremes Staatsversagen“ vor, das habe die Wähler zur AfD getrieben. Hess ist Polizist gilt daher als Sicherheitsexperte der neuen Fraktion.

Enttäuschte Gesichter im Haus der SPD

Entsetzen herrscht im Haus der SPD in Ludwigsburg. Der Gerlinger Rechtsanwalt Macit Karaahmetoglu tritt im roten Pulli auf den Gehsteig. „Natürlich bin ich enttäuscht“, sagt er. Zum zweiten Mal in Folge verpasst er den Einzug in den Bundestag, diesmal wohl wegen des Desasters für die SPD sogar recht deutlich. „Für mich ist klar: Wir machen jetzt harte Oppositionsarbeit.“ Die SPD sei für die Erfolge der großen Koalition nicht belohnt worden und müsse sich nun wieder auf die Kernthemen besinnen: Arbeitnehmerrechte, bezahlbare Mieten. Persönlich will sich Karaahmetoglu als SPD-Kreisvorsitzender auf die Kommunalwahl 2019 konzentrieren. Ob er es in vier Jahren wieder versucht? „Das weiß ich noch nicht“, sagt er.

Keine Chance auf ein Mandat hatte Peter Schimke von den Linken, der von einem zu schlechten Listenplatz aus in die Wahl ging. Die Stimmung bei der Wahlparty im Ludwigsburger Ratskeller? Trotzdem blendend. „Ich hatte gehofft, dass wir im Land über fünf Prozent kommen“, sagt Schimke. „Das Ergebnis ist besser als erwartet. Wir sind in Baden-Württemberg angekommen.“ Entsetzt sei er aber über den Zuspruch für die AfD. „Wir müssen uns in der Politik stärker mit den Ängsten auseinandersetzten, die dazu geführt haben, dass so viele diese Partei gewählt haben“, sagt er. Das wolle er mit seiner Partei in den nächsten vier Jahren in der Oppostion tun.

Ebenfalls recht gelöst gingen die Grünen in den Wahlabend, die es sich im Irish Pub am Ludwigsburger Marktplatz gemütlich gemacht hatten – stilecht mit Sonnenblumen auf dem Tisch der Kandidatin Ingrid Hönlinger. Die Rechtsanwältin stand nur auf Platz 23 der Landesliste, und das hieß: keine Chance. „Bei jedem Ergebnis mit mehr als acht Prozent freue ich mich“, sagt Hönlinger kurz vor 18 Uhr. Was sie dann auch tut, als sich abzeichnet, dass die Grünen besser abschneiden als prognostiziert. Bei der Frage, ob sie sich ein Jamaika-Bündnis vorstellen könne, antwortet Hönlinger, wie Politiker eben manchmal antworten: nichtssagend. „Für mich stehen die Inhalte im Vordergrund“, sagt sie. „Und mit Ausnahme der AfD werden wir sicher mit allen Parteien Gespräche führen.“

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