Steht vor seinem Bundesligadebüt für den VfB: Daniel Ginczek Foto: Baumann

Neun Monate nach seinem Kreuzbandriss steht Daniel Ginczek (23) vor seinem Bundesligadebüt beim VfB Stuttgart. „Ich werde mich voll reinhauen, weil es ja um viel geht“, verspricht er.

Stuttgart - Herr Ginczek, können Sie eigentlich übers Wasser laufen?
(Grinst) Das schaffe ich vermutlich nicht, dafür bin ich noch zu langsam.
Beim VfB wird Ihre Rückkehr auf den Platz allerdings so sehnsüchtig erwartet, als könnten Sie wahre Wunder vollbringen.
Es ist doch klar, dass gerade jetzt, wo es sportlich nicht ganz so läuft, die Leute schneller Wunderdinge erwarten. Aber ich will mir da keinen Druck machen und werde erst mal die einfachen Dinge versuchen. Der Rest kommt dann von ganz allein.
Diese Hoffnungen sind keine Last für Sie?
Nein, überhaupt nicht, dafür ist meine Vorfreude auf die Rückkehr in die Bundesliga viel zu groß. Es ist ähnlich wie vor meinem ersten Bundesligaspiel vor über einem Jahr mit dem 1. FC Nürnberg in Hoffenheim: Da war ich aufgeregt wie ein kleiner Junge.
Damals haben Sie gleich zum 2:2-Endstand getroffen. Im VfB-Trikot gab’s zuletzt fünf Tore im Testspiel gegen Landesligist SV Ebersbach. Wie wichtig war dieses Spiel für Sie?
Nach so einer langen Verletzungspause bin ich froh über jedes Spiel. Und auch wenn es gegen einen unterklassigen Gegner ging – mir war einfach wichtig, dass ich jede Tormöglichkeit nutze, um mir Selbstvertrauen zu holen. Dass ich die Abläufe wieder reinbringe, die ich dann auch einige Klassen höher wieder zeigen will. Ich bin Stürmer geworden, um Tore zu schießen – das will ich auch beim VfB.
Eigentlich wollten Sie das schon am fünften Spieltag beim Spiel in Dortmund.
Ja, denn ich bin beim BVB groß geworden und wollte endlich mal im Signal-Iduna-Park auflaufen. Dieses Ziel war im Nachhinein aber vielleicht etwas zu ambitioniert, da war meine Verletzung ja gerade sieben Monate her.
Nach der letzten Länderspielpause war ein Comeback schon einmal ein Thema, dann wurden Ihnen noch mal drei Wochen Aufbautraining verordnet .  . .
. . . und das war gar nicht so einfach zu akzeptieren. Ich dachte damals, ich sei schon näher an der Mannschaft dran.
Aber?
Die Trainer hatten Videos von mir vor der Verletzung mit aktuellen Aufzeichnungen verglichen und gesehen: Der läuft nicht rund. Immer, wenn die Muskulatur müde wurde, habe ich angefangen zu humpeln, weil die Kraft im rechten Bein noch nicht ausreichend war. Das haben wir nun aufgeholt – und wer weiß, wofür diese Wochen gut waren. Das zusätzliche Aufbautraining soll langfristig kein Schaden sein.
Sie spüren jetzt also wieder die hundertprozentige Sicherheit?
Ja. Einige Bewegungsabläufe sind zwar noch ein bisschen langsamer als früher, aber das gibt sich mit der Spielpraxis. Ich denke, dass ich im Wettkampf auch nicht mehr nachdenken werde, ich werde mich da voll reinhauen, weil es ja um viel geht – gerade in unserer Situation.
Der VfB braucht dringend Siege.
Klar, wir haben nun Big-Point-Spiele gegen den FC Augsburg und den SC Freiburg, zwei direkte Konkurrenten . . .
. . . im Kampf gegen den Abstieg. Nach dem Jahr in Nürnberg, haben Sie da zuletzt nicht oft gedacht: Wo bin ich denn jetzt schon wieder gelandet?
Ich wusste ja, dass auch der VfB in der vergangenen Saison viele Probleme hatte und sich nur relativ knapp gerettet hat. Aber ich habe schon bei den ersten Gesprächen viel Vertrauen gespürt, der Verein hat mich dann trotz der Verletzung verpflichtet, dafür bin ich nach wie vor sehr dankbar. Ich will dieses Vertrauen zurückzahlen und zeigen, was ich kann. Und: Ich will natürlich auf keinen Fall noch einmal absteigen. Daher werden wir jetzt alle zusammen Gas geben, um da unten rauszukommen.
Was machbar ist?
Ich habe schon zu Saisonbeginn gesagt: Im Vergleich zum 1. FC Nürnberg in der vergangenen Saison verfügt der VfB über viel mehr Qualität. Die müssen wir nun zeigen, dann sehe ich überhaupt nicht schwarz. Ich denke nicht, dass ich mich jemals fragen muss: Wo bin ich denn hier gelandet?
Wie sollte die Mannschaft denn spielen, damit Sie Ihre Qualitäten bestmöglich einbringen können? Beim FC St. Pauli haben Sie in einem 4-2-3-1-System 18 Tore in 31 Spielen erzielt.
Dieses System spielen wir hier beim VfB auch häufig. Aber es ist derzeit gar nicht entscheidend, was für mich wichtig ist. Entscheidend ist, dass wir als Mannschaft ein System finden und funktionieren. Wenn sich in einem System jeder wohlfühlt, dann ist jeder Einzelne auch besser.
Das haben viele große VfB-Stürmer schon bewiesen. Fritz Walter, Fredi Bobic, Giovane Elber, Mario Gomez . . .
. . . Kevin Kuranyi nicht zu vergessen . . .
. . . würden Sie gerne auch mal in dieser Reihe genannt werden?
Natürlich wünsche ich mir das. Es ist ja schon eine große Ehre, mit solchen Stürmern überhaupt verglichen zu werden. Denn sie haben alle viele Tore für den VfB geschossen, was ich auch machen möchte. Zunächst geht es ja aber mal darum, dass wir gemeinsam da unten rauskommen – dazu würde ich liebend gerne beitragen.
Und die Nummer 33 in Ehren halten. Die Nummer, die einst Mario Gomez getragen hat.
Dass ich diese Nummer habe, ist eher Zufall, da die 11 und die 22 schon belegt waren. Aber klar: Ich werde mein Bestes geben.
Kennen Sie Mario Gomez persönlich?
Wir haben uns während meiner Reha ein-, zweimal in Donaustauf gesehen.
Und?
Er hat schon eine sehr gute Ausstrahlung, der ist ein ganz schönes Kraftpaket.
Mit Verlaub, da müssen Sie noch auftrainieren.
(Grinst) Ich könnte deswegen öfter in den Kraftraum gehen, aber ich will mir ja auch meine Schnelligkeit bewahren. Außerdem bin ich eh kein Typ, der schnell in die Breite geht.
Haben Sie schon die Ausdauer für 90 Minuten Bundesliga? Oder ist das noch ausgeschlossen?
Ausgeschlossen würde ich nie sagen. Realistisch gesehen, würden aktuell 90 Minuten doch eher schwer werden. Schließlich ist die Bundesliga noch mal ein anderes Niveau als die dritte Liga – und da hab’ ich zuletzt zweimal 75 Minuten gespielt.
Nach zwei oder drei Toren darf man sich ja auch nach 60 oder 70 Minuten auswechseln lassen.
Schon, aber ich wäre ja auch dann noch nicht zufrieden. Ich will immer noch mehr.