Das Daimlerwerk in Untertürkheim soll das Leitwerk für Elektromobilität werden. Foto: Daimler

Nach der Vereinbarung über die Zukunft des Werkes können die Beschäftigten aufatmen. Für die Batterieproduktion gibt es 250 neue Stellen.

Stuttgart - Nach wochenlangen harten und zähen Verhandlungen macht sich im Daimler-Werk Untertürkheim Erleichterung breit. Werkleitung und Betriebsrat konnten den Beschäftigten am Donnerstag eine Vereinbarung von weitreichender Bedeutung verkünden: Künftig werden an dem traditionellen Standort für Verbrennungsmotoren auch Batterien und Komponenten für elektrische Antriebe gebaut. „Die Stimmung auf der gestrigen Betriebsversammlung war von einer hohen Zustimmung zu der Vereinbarung und von einer großen Zustimmung in der Belegschaft geprägt“, sagte der Untertürkheimer Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Nieke. Der Standortverantwortliche Frank Deiß nannte die Abmachung eine „hervorragende Nachricht“ für die Belegschaft.

Projekthaus für elektrische Antriebe

Untertürkheim soll künftig das Leitwerk für die Elektromobilität im Daimler-Konzern sein. Dazu gehören neben der Batterieproduktion auch ein Projekthaus für die Entwicklung der nächsten Generation elektrischer Antriebssysteme sowie der Ausbau des schon vorhandenen Technikums für Elektromobilität. In diesem sollen auch Prototypen von Komponenten für die Elektromobilität hergestellt werden. Gerade das Projekthaus sei für den Betriebsrat ein entscheidender Punkt in den Verhandlungen gewesen, sagte Nieke. Damit biete sich immerhin die Chance, künftig solche Systeme auch zu produzieren. Nach den Angaben eines Daimler-Sprechers heißt dies aber nicht, dass die Produktion tatsächlich aufgenommen wird. Die Entwicklung schaffe aber eine Grundlage, um mit anderen Anbietern in Wettbewerb treten zu können.

Aufbau der Batterieproduktion ab 2020

Während das Projekthaus rasch seine Arbeit aufnehmen soll, soll der Aufbau der Batterieproduktion im Jahr 2020 beginnen. Etwa anderthalb Jahre später könnten dann die ersten Batterien produziert werden. Für die Batterieproduktion würden 250 neue Stellen geschaffen, sagte der Daimler-Sprecher. Wahrscheinlich müssten dafür aber auch Spezialisten von außerhalb eingestellt werden. Die Zellen für die Batterien würden auf dem Weltmarkt gekauft. Daimler hat bereits eine Batteriefabrik im sächsischen Kamenz, in eine zweite am selben Standort sollen 500 Millionen Euro investiert werden. Zudem soll zusammen mit einem chinesischen Partner eine Batteriefabrik in Peking gebaut werden. In diese wird ein dreistelliger Millionenbetrag gesteckt. Zu der Höhe der Investitionen in die Batteriefabrik in Untertürkheim hielt sich Daimler bedeckt. Insgesamt will der Konzern im Rahmen seines weltweiten Produktionsverbunds für Batterien eine Milliarde Euro ausgeben. In diesem Betrag sei auch Untertürkheim enthalten. Die Fabrik dort werde kleiner sein als die in Kamenz oder in Peking, sagte der Sprecher. Brennstoffzellen werden von Daimler schon länger in Untertürkheim gebaut.

Arbeitsorganisation wird flexibilisiert

Im Gegenzug für den Ausbau der Elektromobilität haben die Beschäftigten Zugeständnisse bei der Flexibilisierung der Arbeitsorganisation gemacht. So werden etwa an großen Anlagen teilweise rollierende Pausen eingeführt. Dies bedeutet, dass nicht alle Beschäftigten an einer Anlage diese abschalten und gleichzeitig in die Pause gehen. Künftig soll stets ein Teil der Gruppe präsent bleiben, damit die Anlage weiterlaufen kann. Außerdem sollen speziell bei der Batterieproduktion Schichten schneller als bisher an- oder abgesagt werden können, um auf Nachfrageschwankungen zu reagieren. Vereinbart wurde in den Verhandlungen zudem, dass in Spitzenzeiten auch Mitarbeiter aus anderen Bereichen einspringen. Ihre ursprüngliche Forderung, drei Tage für die Weiterqualifizierung zu streichen, zog die Werkleitung dagegen zurück.

Bereits während der Verhandlungen hatte Daimler-Chef Dieter Zetsche auf Nachfrage erklärt, keiner der 19 000 Beschäftigten in Untertürkheim müsse sich Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen. Dies bedeute aber nicht, dass diese Zahl garantiert werde. Durch Fluktuation und den Eintritt von Beschäftigten in den Ruhestand könnte es auch zu einer Reduzierung der Mitarbeiterzahl kommen. Betriebsratschef Nieke meinte, für die kommenden zehn Jahre sehe er keine Gefahr für die Arbeitsplätze, da auch weiter Verbrennungsmotoren gebaut würden.