Der Untertürkheimer Werkleiter Frank Deiß sieht die Ansiedlung einer Batteriemontage in Untertürkheim als große Chance. Foto: Daimler

Daimler kann am Samstag keine Wagen der E-Klasse produzieren, weil der Untertürkheimer Betriebsrat Überstunden verweigert. Auch die Montage-Werke Rastatt und Bremen könnten bald betroffen sein.

Stuttgart - Der Streit zwischen Betriebsrat und Werkleitung über den Einstieg des Werks Untertürkheim in die Elektromobilität schlägt unmittelbar auf die Montagewerke durch. Weil der Untertürkheimer Betriebsrat aus Protest gegen die harte Haltung des Managements in diesen Gesprächen vom 1. Juli an keine Überstunden mehr genehmigt, hat das Unternehmen beschlossen, am Samstag die Frühschicht in der Sindelfinger Produktion der E-Klasse abzusagen.

In Untertürkheim werden Motoren, Getriebe und Achsen produziert. „Wir brauchen momentan diese Mehrarbeitszeiten in Untertürkheim“, sagte Werkleiter Frank Deiß mit Blick auf die hohe Nachfrage. In fast allen Bereichen des Zulieferwerks werde auch am Wochenende gearbeitet. Untertürkheim liefere taktgenau direkt an die Bänder der Montagewerke, Bestände als Puffer gebe es nicht.

Auch die Montagewerke Rastatt und Bremen könnten bald betroffen sein

Deiß wollte nicht darüber spekulieren, welche Werke wie stark vom Ausfall weiterer Sonderschichten in Untertürkheim betroffen sein könnten. „Es ist aber klar, dass es Auswirkungen haben würde“. Er könne nicht ausschließen, dass auch die Montagewerke in Rastatt und Bremen betroffen sein könnten, falls der Betriebsrat auch nach den Verhandlungen am Montag keine Überstunden mehr genehmige. „Eine weitere Eskalation halten wir angesichts unseres Angebots nicht für angemessen“, sagte Deiß.

Der Werkleiter bekräftigte, dass er das Angebot des Managements für fair und ausgewogen halte. Deiß hob dabei insbesondere hervor, dass das Werk Untertürkheim die Chance habe, in die Batteriemontage einzusteigen, obwohl der Standort im Neckartal aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht optimal sei. „Die Batterie ist das Herz des Elektroautos“, sagte der Werkleiter. Untertürkheim könne zum Leitwerk des Konzerns für Elektrokomponenten und auch für die Batteriemontage werden. Bisher ist der Standort das Leitwerk für den Antriebsstrang, also Motoren, Getriebe und Achsen. Dies bedeutet, dass neue Produkte hier entwickelt werden und sämtliche zentralen Funktionen wie etwa die Planung oder die Qualitätskontrolle hier angesiedelt sind.

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Der Betriebsrat hält den Preis für zu hoch

Der Betriebsrat hält den Preis, den die Beschäftigten für 100 neue Stellen in der Batteriemontage zahlen sollen, für zu hoch. Mit der Batteriemontage könnten rund 100 Stellen entstehen. Sämtlichen 19 000 Mitarbeiter sollen dafür jedes Jahr pauschal drei Qualifizierungstage von ihrem Zeitkonto abgezogen werden. Zudem hatte das Unternehmen aus Sicht des Betriebsrats im Frühjahr zugesagt, dass der Antrieb auf der Vorderachse in Untertürkheim produziert werde und in Aussicht gestellt, dass das Werk in der nun laufenden zweiten Stufe der Verhandlungen auch den Zuschlag für das Modul der Hinterachse erhalten könnte. Werkleiter Deiß wies nun jedoch darauf hin, dass die Batteriemontage im Frühjahr noch nicht angeboten wurde und stellte klar, dass sämtliche Antriebsmodule vorne und hinten von einem externen Zulieferer kommen werden.