Tritt auf den Messen CES und NAIAS in den USA zum ersten Mal als Entwicklungschef in Erscheinung. Ola Källenius. Foto: dpa

Der neue Daimler-Entwicklungschef Ola Källenius sieht den Stuttgarter Autobauer Daimler beim autonomen Fahren auf der Zielgeraden. Im Interview sagt er, welche Entwicklungsschritte bis zur Marktreife noch nötig sind und wie sich die Digitalisierung und die E-Mobilität auf die Beschäftigten auswirken.

Herr Källenius, Sie treten auf den Messen in Las Vegas und Detroit zum ersten Mal als Daimler-Entwicklungschef auf. Was sind Ihre größten Herausforderungen in der neuen Position?
Die Branche befindet sich im Wandel. Es gibt vier Megatrends, welche die Industrie in den nächsten fünf bis zehn Jahren nachhaltig verändern werden. Die Mobilität wird vernetzt, autonom, mit flexiblen Nutzungsmodellen und elektrischen Antrieben. Diese Trends in der richtigen Geschwindigkeit umzusetzen und gleichzeitig die Welt des traditionellen Autobaus weiterzuentwickeln, sehe ich als meine größte Herausforderung an.
Wenn wir von Geschwindigkeit sprechen: Wie schnell werden Sie Fahrzeuge auf die Straße bringen können, die vollautomatisiert fahren?
Autos, die so autonom sind, dass man sie etwa als Robotaxi einsetzen kann, werden wir anbieten, sobald die erforderlichen Rahmenbedingungen erfüllt sind. Für die Marktreife solcher Fahrzeuge bedarf es noch einiger Entwicklungsschritte bei der Sensorik, dem Kartenmaterial und der künstlichen Intelligenz. Zwischen 2020 und 2025 wird das richtig losgehen.
Können Sie die Entwicklungsschritte konkretisieren?
Die Sensorik, die ab 2020 auf den Markt kommt, kann die Umgebung wesentlich schneller und präziser erfassen, um so die Reaktionszeiten des Autos zu verkürzen. Es geht hier ja um nichts Geringeres, als die Augen und Ohren des Menschen zu ersetzen. Beim Kartenmaterial sind wir mit HERE gerade dabei, dreidimensionale Karten zu erstellen, weil diese fast auf den Zentimeter genau präzise sind. Dafür müssen wir die Welt gewissermaßen abfotografieren. Das dauert seine Zeit. Bis 2020 werden wir allerdings sehr wahrscheinlich über eine relevante Datenmenge verfügen. Der dritte Entwicklungsschritt ist schließlich die künstliche Intelligenz, die wir benötigen, um die Sensorinformationen zu erfassen, auszuwerten und mit dem Datenmaterial zu kombinieren.
In welchen dieser Bereiche ist es Ihnen wichtig, die Kompetenz im eigenen Haus zu haben und wo setzen Sie auf Technologiezulieferer und Partnerschaften?
Beim Kartenmaterial machen Partnerschaften auf jeden Fall Sinn. Man braucht nicht fünf verschiedene Kartensysteme. Bei Sensoren haben wir uns nicht auf einen Partner festgelegt. Dort findet gerade ein intelligenter Technologiewettbewerb zwischen etablierten Zulieferern und aggressiven, ambitionierten Start-ups statt, und wir werden immer das beste Angebot wählen, das es im Markt derzeit gibt. Nur die Intelligenz – also das Gehirn der autonomen Fahrzeuge – wollen wir selbst beherrschen. Da investieren wir mit eigenen Ingenieuren und mit eigenen Programmierern. Das Gehirn programmieren wir selbst.
Haben wir in Deutschland überhaupt die technische Kompetenz für künstliche Intelligenz?
Ja, denn in dem Bereich hat es in den vergangenen Jahren es einen großen Durchbruch gegeben. Es gibt Software, die selbst Software schreiben kann und die in der Lage ist zu lernen. Die Software wird zu einem lernenden Organismus. Die Softwarekomponenten sind dabei wie Werkzeuge – wie ein Hammer oder ein Nagel. Und die Frage, die sich jetzt stellt ist: Haben wir die Leute, die diese Werkzeuge nehmen können, um daraus ein Haus zu bauen? Und ja, diese Menschen haben wir. Wir haben insgesamt Hundertschaften, die bei Mercedes an dem Thema autonomes Fahren arbeiten.