Der Eurovision Song Contest findet direkt gegenüber der „Kleinen Meerjungfrau“ statt. Foto: dpa

Kopenhagen ist die Stadt der guten Laune. Zum Eurovision Song Contest präsentiert sich Dänemarks Hauptstadt besonders groß in Form.

Kopenhagen - Dort, wo in wenigen Tagen musikalische Eintagsfliegen und Europas künftige Stars über die Bühne wirbeln und auf die begehrten „zwölf Punkte“ hoffen, krachten bis vor 20 Jahren noch Maschinenhämmer auf eiserne Wände, Schweißbrenner fauchten, und Sirenen heulten. Alle paar Monate sahen die 6000 Arbeiter der B&W-Werft auf der Insel Refshaleöen dem Stapellauf eines neuen Schiffes zu, das sie gemeinsam auf den Weg gebracht hatten. Kim Bargsteen, der einmal hier gearbeitet hat und heute Touren über die Anlage anbietet, ist der Stolz darüber immer noch anzusehen.

„Die Fertigungshalle, in der der Song Contest stattfindet, war mit ihren 68 Meter Höhe lange Zeit Dänemarks höchstes Gebäude.“ Jetzt wurde der Gigant innerhalb eines Jahres im Inneren komplett umgestaltet. Und nun fiebern Innenarchitekten, Toningenieure und Bühnenarbeiter dem Tag entgegen, an dem sie der Welt zum ersten Mal „ihren Star“, die Bühne und die entsprechende Technik präsentieren dürfen. Ganz Kopenhagen vibriert derzeit in einer Mischung aus Stolz, Nervosität und freudiger Erwartung. Politiker und Wissenschaftler wollen die Tage des Eurovisionswettbewerbs nutzen, Dänemarks Hauptstadt als Labor zukunftsweisender Ideen vorzuführen. Zwar kann auch „Europas Grüne Hauptstadt 2014“ nicht zaubern, wenn es um Verkehr, nachhaltige Architektur, Abfallmanagement und Lebensqualität geht, aber sie wartet immer wieder mit blitzgescheiten Lösungen auf und könnte es durchaus schaffen, wie geplant bis 2025 die erste CO 2 -neutrale Metropole der Welt zu werden.

Eine Stadt, die Trends setzt

Wer nicht hauptberuflich damit befasst ist, Zukunftsvisionen zu entwickeln, freut sich auf kostenlose Partys, nimmt die längeren Wartezeiten aufgrund der Besuchermassen mit der gleichen Gelassen- oder Genervtheit hin wie schon jetzt die Staus, die der Bau der neuen Ring-Metro mit sich bringt - und hofft auf gute Geschäfte. Kopenhagen versteht es seit Jahrzehnten, sich als Stadt der guten Laune zu inszenieren und gleichzeitig Trends zu setzen. Vor kurzem wurde die neue Generation der City- Räder in Dienst gestellt, die Besucher wie Einwohner an mehreren Stellen ausleihen können. Die 250 weißen Fahrräder sind mit Elektromotor ausgestattet und haben ein fest eingebautes Tablet, auf dem der Fahrer in Dänisch oder Englisch per GPS navigieren und Informationen zu Sehenswürdigkeiten abfragen kann.

Aufgeladen werden sie an den Leihstellen, bezahlt wird per Kreditkarte, umgerechnet drei Euro pro Stunde. Auch in kulinarischer Hinsicht sieht sich Kopenhagen als Vorreiter. Vor etwa zehn Jahren begann der Siegeszug der neuen skandinavischen Küche mit dem Restaurant Noma. Mathew Orlando, der dort seinen letzten kulinarischen Schliff erhalten hat, hat im vergangenen Sommer auf der Eurovisionsinsel sein eigenes Restaurant Amass eröffnet. Vor der Glasfassade zieht er in Holzkästen Bronzefenchel und Kapuzinerkresse und hat mehrere Bienenvölker aufgestellt. Die Kräuter kommen in der offenen Küche zum Einsatz.

In höchster Konzentration entstehen hier Köstlichkeiten wie geräucherter Seehase, Rinderfilet mit Giersch oder Rhabarbersorbet in Rosmarinöl - köstliche Kompositionen aus überwiegend skandinavischen Zutaten. In den ehemaligen Fahrradkellern der angesagten Jaegerborggade mischt die Karamalleriet Karamellbonbons mit Salz oder Lakritze, im Coffee Collective tüftelt Röstmeister Peter Dupont an neuen Mischungen für Feinschmecker und fairen Handelsbeziehungen zu Produzenten, und bei Groed sitzen junge Männer mit Basecap und Vollbärten und löffeln mit Begeisterung Vierkornmüsli, italienischen Risotto und Apfelgrütze: Brei als Modesnack - darauf muss man erst mal kommen. Das alternative Kulturzentrum Huset, das sich im Mai in das Eurovision Fan Café verwandelt, beherbergt seit kurzem das Restaurant Rub & Stub.

„Mal ist es fantastisch, mal so lala“

In der Küche werden Lebensmittel aus Überproduktionen oder mit kleinen Schönheitsfehlern verwendet - Ware, die das Haltbarkeitsdatum überschritten, aber nichts an Qualität eingebüßt hat. Zwei Köche und ein Manager sind fest angestellt, ansonsten kochen und servieren Freiwillige aus aller Welt. An diesem Abend steht ein Vorspeisenteller auf der Tafel, und als Hauptgericht ein Eintopf aus Kartoffeln, Lauch und Mohrrüben. „Mal ist es fantastisch, mal so lala“, gibt Evija zu, als sie sieht, dass der Teller nur zur Hälfte geleert ist. Die 31-jährige Studentin arbeitet als eine von 110 Freiwilligen dreimal im Monat eine Sechs-Stunden-Schicht.

„Man muss ein Zeichen gegen die Verschwendung setzen“, sagt sie lachend. „Dazu ist die Atmosphäre unter den Leuten toll.“ Kein Zweifel, Kopenhagen wird auch diesmal seine Besucher wieder überraschen: Ob Muschelzucht im Stadthafen, ein Imbissmarkt in der Industriehalle, neue Geschäfte für Superheldenmasken oder feinste Papierwaren aus San Francisco - aus dieser Wundertüte purzelt immer wieder etwas Neues. Und scheint dazu noch die Sonne, zaubert sie ein Lächeln auf jedes Gesicht.

So wird das Wetter in Kopenhagen

Infos zu Kopenhagen

Anreise
Flüge ab Stuttgart mit SAS, www.flysas.com , ab Frankfurt mit SAS oder Lufthansa, www.lufthansa.com . Mit der Copenhagen Card, www.copenhagencard.com , kann man Bus, Metro und Hafentaxis nutzen und erhält freien Eintritt in vielen Museen.

Unterkunft
Zentral: Das Hotel Wake up Copenhagen liegt 700 Meter vom Hauptbahnhof entfernt. DZ ohne Frühstück ab 120 Euro, www.wakeupcopenhagen.com .

Einfach, aber billig lautet das Konzept der Kette Cabinn, die in Kopenhagen vier Häuser betreibt. DZ ohne Frühstück ab 67 Euro, www.cabinn.com .

Essen und Trinken
Im Rub & Stub wechselt die Qualität des Essens, dafür ist das Lokal auch preiswerter als andere, www.spisrubogstub.dk .

Im Groed gibt es ökologisches Essen für Hipster, www.groed.com .

Neuer Stern am Gourmethimmel: das hervorragende Restaurant Amass, 6-Gänge-Menü ab 77 Euro, Weinbegleitung dazu 50 Euro, www.amassrestaurant.com .

Allgemeine Informationen
www.visitcopenhagen.com , Programm zum Song Contest: www.joinusincopenhagen.com .